Fahrrad
Ein Fahrrad (schweizerisch Velo) ist ein in der Regel zweirädriges, einspuriges Fahrzeug, das mit Muskelkraft, meist durch das Treten von Pedalen, angetrieben wird. Es wird durch Gewichtsverlagerung des Fahrers und Lenkbewegungen, unterstützt von stabilisierenden Kreiselkräften der Räder, im Gleichgewicht gehalten. (Warum kann man eigentlich mit einem Fahrrad fahren.)
Der Begriff "Fahrrad" wurde durch Übereinkunft deutscher Radfahrervereine 1885 für "Bicycle" eingeführt, ebenso "Radfahrer" für "Bicyclist" und "radfahren" (neue Rechtschreibung: "Rad fahren") für "bicyceln".
Bilder zur Geschichte des Fahrrads
Behauptungen, das Fahrrad sei schon in der Antike oder im Mittelalter erfunden worden, sind nicht überzeugend belegt. Das "Fahrrad" auf einem Kirchenfenster in Stoke Poges hat nur auf einer Abzeichnung, die von E. O. Duncan in seinem Privatdruck verbreitet wurde, zwei Räder und Fahrer in Cromwellscher Tracht, auf dem Original sieht man einen einrädrigen Wegmesser. Auch das so genannte Leonardo-Fahrrad gilt als Fälschung – die Zeichnung wurde offenbar nach 1961 Leonardo da Vincis Codex Atlanticus hinzugefügt. Bei dem angeblich vom Comte de Sivrac 1791 erfundenen Velocifère oder Célèrifère, einem starren Zweirad, handelt es sich ebenfalls um eine Falschmeldung, die hundert Jahre später von Baudry de Saunier in Umlauf gebracht wurde.
Im 17. Jahrhundert scheint es erste, von Menschen betriebene Fuhrwerke gegeben zu haben, die aber nur für Repräsentationszwecke (Triumphwagen) benutzt wurden. Der querschittsgelähmte Uhrmacher Stephan Farfler hat sich zu dieser Zeit ein dreirädriges Gefährt mit Handkurbelantrieb und Zahnradübersetzung gebaut.
Im 18. Jahrhundert fanden vierrädrige, durch Muskelkraft betrieben Wagen in herrschaftlichen Parks Verwendung – sie wurden über Fußtrommeln oder Pedale vom Personal angetrieben.
Tatsächlich erfunden hat das einspurige Zweirad Karl von Drais 1817 in Mannheim. Man saß zwischen den Rädern und stieß sich mit den Füßen am Boden ab. Diese hölzerne, von ihm selbst so genannte "Laufmaschine" hieß nach ihm bald "Draisine". Häufig wird unter diesem Begriff auch die 1837 in Wien als Zweirad erfundene Eisenbahn-Draisine verstanden. Drais selbst erprobte dann 1843 eine vierrädrige Eisenbahn-Draisine mit Fußtrommel-Antrieb.
Die Drais'sche Laufmaschine war von vornherein mit dem Vorderrad lenkbar, was ermöglichte, das fahrende Zweirad auch ohne Kontakt der Füße zum Boden im Gleichgewicht zu halten. Damit war die grundlegende Erfindung gemacht, die durch Reduzierung der Räderzahl den Fahrwiderstand minimierte, aber eben balanciert werden mußte.
Schon kurz darauf wurden in England die ersten, teils eisernen Laufmaschinen oder Velozipede gebaut, die sich den Spitznamen "Hobby-Horse" (Steckenpferd) erwarben.
Eine Weiterentwicklung stellte 1861 das von Pierre Michaux gebaute Velociped, auch "Michauline" genannt, dar, bei dem der Antrieb durch starr an der Vorderradachse angebrachte Pedale erfolgte. Dabei war konstruktionsbedingt die Entfaltung (die zurückgelegte Strecke pro Kurbelumdrehung) gleich dem Umfang des Vorderrads. Um höhere Geschwindigkeiten fahren zu können, mußte daher das Vorderrad vergrößert werden, was nach 1870 zur Entwicklung des Hochrads führte.
Eine wichtige Voraussetzung dafür war die Erfindung gespannter, also nur zugbelasteter Stahlspeichen durch William Strout (1870).
Das Hochradfahren verlangte deutlich mehr Geschick, besonders beim Auf- und Absteigen. In dieser Zeit wurden die ersten Radrennen gefahren – dabei waren Geschwindigkeiten von deutlich mehr als 40 km/h üblich. Durch den hohen Schwerpunkt (der Sattel befand sich rund 1,5 m über dem Boden nur wenig hinter der Vorderachse) drohte Hochradfahrern bei Bremsmanövern oder Straßenunebenheiten immer die Gefahr, sich zu überschlagen.
Die Anwendung des Kettenantriebs im Fahrradbau, der durch verschieden große Zahnräder an den Kurbeln und der Radachse eine Übersetzung ermöglicht (eine Kurbelumdrehung dreht das Rad mehr als einmal), führte zum "Känguruh", einem gemäßigten Hochrad mit beidseitigem Kettenantrieb am Vorderrad. Doch erst der 1878 eingeführte einseitige Kettenantrieb des Hinterrads konnte sich wirklich durchsetzen – die Konstruktion war einfacher und stabiler, das Rad wegen der Entkoppelung von Antrieb und Lenkung leichter zu fahren und die Sitzposition zwischen Vorder- und Hinterrad gewährleistete ein wesentlich sichereres Fahrverhalten. Bekanntester Vertreter dieser Bauform war das von John Kemp Starley seit 1884 angebotene "Rover Safety Bicycle".
Seit 1884 waren auch die ersten brauchbaren Kugellager der von Friedrich Fischer gegründeten "Velociped-Gußstahlkugelfabrik" verfügbar, die den Reibungswiderstand von Naben und Tretlager drastisch verringerten.
Um 1880 kam der Diamantrahmen auf, eine Fachwerkkonstruktion aus einem einfachen Dreieck (genauer: Viereck; bei modernen Alu- und Carbonrahmen verschmelzen jedoch Ober- und Unterrohr manchmal zu einem Dreieck am Steuerkopf) für den Hauptrahmen und einem doppelten für den Hinterbau (Diamant ist eine falsche Übersetzung von "Diamond", was auch Raute bedeutet und die Rahmenform beschreibt).
Bis dahin waren bei Niederrädern so genannte Kreuzrahmen üblich, die im wesentlichen aus einer Strebe von der Vordergabel zur Hinterachse und einer zweiten, sie kreuzenden, vom Sattel zum Tretlager bestanden. Beim Diamantrahmen werden die Streben fast nur durch Zug und Druck belastet und kaum noch durch Verwindung oder Verbiegung – deshalb ist er wesentlich stabiler als ein Kreuzrahmen.
Die Rahmen früher Fahrräder waren aus massivem Eisen oder Hohlstahl gefertigt und entsprechen schwer. 1885 ließen sich die Brüder Mannesmann ein Verfahren zur Erzeugung nahtloser Stahlrohre patentieren. Mit diesem seit 1890 verfügbaren Stahlrohr war schließlich das Rahmenmaterial gefunden, das bis vor kurzem im Fahrradbau dominierte und inzwischen durch Aluminium und im Radrennsport auch immer mehr durch Carbon verdrängt wird.
Das aus Stahlrohr gefertigte "Rover" mit Diamantrahmen wurde zum Prototyp des modernen Fahrrads.
1888 erfand der irische Tierarzt John Boyd Dunlop den Luftreifen, der erstmals eine praktikable Dämpfung und zuverlässigere Bodenhaftung ermöglichte. Bis dahin waren Fahrräder mit Eisen- oder seit 1865 mit Vollgummireifen ausgestattet. Den ersten abnehmbaren Luftreifen erfanden die Brüder Michelin 1890 in Frankreich.
Der von A. P. Morrow 1889 in den USA patentierte Freilauf war unter Radfahrern zunächst sehr umstritten. Die Freilaufgegner hatten ebenso gewichtige Argumente gegen seine Anerkennung im Rennsport wie die Befürworter dafür. Der in den USA schon früher entschiedene Streit wurde in Deutschland erst nach 1900 durch die erfolgreiche Markteinführung der Torpedo-Freilaufnabe von Fichtel & Sachs; mit integrierter Rücktrittbremse beendet.
1907 wurde die erste 2-Gang-Nabenschaltung nach einem Patent der Wanderer-Werke von Fichtel & Sachs auf den deutschen Markt gebracht. Sie besaß ein Planetengetriebe und ebenfalls eine Rücktrittbremse.
Die weitere Entwicklung des Fahrrads orientierte sich am Konzept des Niederrads – lediglich mit Varianten bei Konstruktion und Materialien. Größere Fortschritte wurden nur noch bei Gangschaltung und Bremsen gemacht. Seit den 1990er Jahren werden Fahrräder zunehmend mit Federung ausgestattet.
Heute werden Fahrradrahmen zum Großteil aus Aluminium hergestellt. Im Radsport finden Rahmen aus Carbon ihren Einsatz, damit kann das Gewicht noch weiter reduziert werden.
Besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde viel mit alternativen Bauformen experimentiert, die sich aber nicht durchgesetzt haben. Mit der Umweltbewegung sind seit den 1980er Jahren Sonderformen wie Dreiräder und Liegeräder wiederentdeckt und weiterentwickelt worden, bleiben aber auch heute Randerscheinungen.
Die im Zusammenhang mit dem Fahrrad gemachten Erfindungen waren wegbereitend für die Entwicklung des Motorrads und des Automobils um 1900.
Organisationen, die sich mit der Erforschung der Geschichte des Fahrrads sowie mit der sachgerechten Erhaltung aller damit in Verbindung stehenden Artefakte beschäftigen, sind der britische Veteran-Cycle Club, der deutsche Historische Fahrräder e.V., die US-amerikanischen Wheelmen sowie kleinere, die alle über Internet-Suchmaschinen erreichbar sind. Dort auch Information über Foren und mailing lists.
Periodisch erscheinende Publikationen stehen im Zusammenhang mit den Vereinen, außer dem in den U.S.A. erscheinenden "Vintage Bicycle Quarterly", das über [1] kontaktiert werden kann.
Die Standardmonographie zur Sozialgeschichte des Fahrrads ist Rüdiger Rabenstein, "Radsport und Gesellschaft". Hier auch ein riesiger bibliographischer Anhang. Der Band ist im Handel erhältlich.
Technikbefasste Monographien sind zuallermeist mit Vorsicht zu genießen, da stark fehlerbehaftet. Der V-CC bringt gar eine Reihe "Correction Sheets" heraus. Es empfiehlt sich die längerfristige Lektüre der Periodika; der Forschungsstand entwickelt sich stürmisch. Auch führt der Historische Fahrräder e.V. eine eigene Monographienreihe.
Schlussendlich der Hinweis auf die Markenreferenten (Histofa e.V.) oder Marque Enthusiasts (V-CC), die zu ihren Spezialgebieten viele Fragen beantworten können.
Viele Fahrräder verfügen über eine Gangschaltung zur Veränderung der Antriebsübersetzung. Die wichtigsten Typen sind Kettenschaltung und Nabenschaltung (auch kombiniert).
Aktuelle Fahrradmodelle erreichen mit einer Kettenschaltung bis zu 30 Gänge. Wegen konstruktionsbedingter Überschneidungen ergeben sich daraus aber nur ca. 15 echte Übersetzungen von denen wiederum nur 12-13 nutzbar sind. Die Schaltabstufungen sind niemals linear. Kettenschaltungen unterliegen einem sehr hohen Verschleiß, normale Materialien halten selten länger als 1.500 km (Kette) bzw. 3.000 km (Kranz). Erst im Hochpreisbereich erreicht man Laufleistungen von über 10.000 km.
Nabenschaltungen werden heute mit 3 bis 14 Gängen angeboten. Bei den deutschen und taiwanesischen Modellen sind diese annähernd linear, die japanischen Naben sind es im oberen Gangbereich nicht. Gesamtgewichtsvergleiche (incl. Speichen- und Felgengewicht) ergeben mittlerweile einen Gleichstand mit herkömmlichen Kettenschaltungen. Eine insgesamt breitere Gesamtübersetzung (bis 526%), Wartungsfreundlichkeit, Verschleißarmut und weniger rotierende Masse stehen den Nachteilen des schlechten Images und hohen Preises entgegen.
Bei Fahrradbremsen gibt es verschiedene Bauformen wie Felgenbremse, Scheibenbremse, Trommelbremse, Rücktrittbremse und Rollenbremse.
Bei den Felgenbremsen unterscheidet man zentral angebrachte, einteilige Felgenbremsen wie sie z.B. an Rennrädern angebracht sind und zweiteilige Cantileverbremsen. Extrem kurz gebaute Rennbremsen erreichen hohe Bremsleistungen, die einige Jahre gebräuchlichen 'Delta- Bremsen' waren zu schwer und wiesen zu hohe Reibungswerte auf. Die weitaus höchsten Bremsleistungen an Fahrrädern erreicht man mit der Schneckenbremse (auch 'Pedderson' genannt). Ein auf dem Cantilever- Sockel angebrachtes Schneckengetriebe erhöht die Bremswirkung stufenlos bei Auftreffen des Bremsschuhs auf der Felge.
Weder eine Scheibenbremse noch die Verwendung von Hydraulik als Kraftübertragungsmedium sind ein Garant für gute Bremswirkung. Die gesamte Bremsanlage muß korrekt montiert und richtig eingestellt sein. Dies ist bei minderwertigem Material mitunter bauartbedingt unmöglich.
Zur Kraftübertragung bei Felgen- und Scheibenbremsen (die sich im Prinzip nicht unterscheiden) setzen sich neben dem Bowdenzug zunehmend hydraulische Systeme durch. Gestängegetriebene Gummiklotzbremsen findet man nur noch an alten Tourenrädern.
Es gibt unterschiedliche Arten von Dynamos für Fahrräder, die den Strom für die Lampen erzeugen. Am häufigsten wird der Seitenläufer-Dynamo benutzt. Daneben gibt es Speichendynamos und Nabendynamos. Durch während der Fahrt aufgeladene Kondensatoren im Stillstand nachleuchtende Rück- und Vorderlampen erhöhen die Sicherheit. In Deutschland gibt es deshalb derzeit einen Entwurf, dies in die StVZO verpflichtend aufzunehmen. Daneben werden bei sportlichen Rädern zunehmend Batterie- bzw. Akkubetriebene Lampen eingesetzt, deren Einsatz im öffentlichen Straßenverkehr aber laut StVZO außer bei Rennrädern unter 11 kg trotzdem eine vorhandene Dynamobeleuchtung voraussetzt. Die Definition eines 'Rennrades unter 11kg' ist allerdings sehr verschwommen, da auch Mountainbikes diese Gewichtsgrenze weit unterschreiten können. Bei Kontrollen hat die Polizei wenn überhaupt nur selten eine Waage dabei, so dass diese Forderung praktisch nicht durchsetzbar ist. Hinzu kommen Dynamolampen, die bei Halt mehrere Minuten nachleuchten (wie oben beschrieben), die Kontrolle wird dadurch weiter erschwert.
Die passive Beleuchtung durch diverse (retro)reflektierende Materialien ergänzt die aktive Beleuchtung.
Die Unterscheidungen sind nicht standardisiert, die Bezeichnungen unterliegen Moden und sind nicht immer scharf zu trennen. Hier der Versuch, sie dennoch zu ordnen:
Das Fahrrad ist das erste und bis heute preiswerteste Individualverkehrsmittel. In Europa erlangte es seine größte Verbreitung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, denn es war auch für Arbeiter erschwinglich, die infolge der Industrialisierung immer längere Wege zurücklegen mußten.
Durch den wachsenden Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg und das zunehmende Angebot an vergleichsweise preiswerten motorisierten Fahrzeugen wurde das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel durch Motorräder und schließlich Autos zurückgedrängt. Erst mit dem wachsenden ökologischen Bewusstsein seit den 1970er Jahren erlangte das Fahrrad in wohlhabenden Nationen wieder eine etwas größere Bedeutung im städtischen Nahverkehr.
In den ärmeren Regionen der Welt spielt das Fahrrad noch immer eine ähnlich bedeutende Rolle wie in Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es wird aber auch dort, soweit es die wirtschaftliche Entwicklung erlaubt, immer mehr durch das Auto ersetzt. Da Autos zu den Hauptverursachern von Umweltverschmutzung und Klimaveränderung gezählt werden, handelt es sich dabei um eine besorgniserregende Entwicklung.
Die in einer Stadt zurückgelegten Wege sind zu 50% 3–5 km lang, also mit einem Fahrrad gut zu bewältigen. Als umweltfreundliches und Energie sparendes Fortbewegungsmittel kann auch das Fahrrad dazu beitragen, die vom Kyoto-Protokoll vorgeschriebene CO2-Reduktion zu erreichen.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Bücher über Radreisen veröffentlicht. Spielten in den darauf folgenden Jahrzehnten Radreisen aber eine eher geringe Rolle beim sich entwickelnden Tourismus, wächst besonders in Europa in den letzten Jahren die Bedeutung des Radtourismus. Durch die Anlage von Radfernwegen und regionaler Radroutennetze gelingt es in vielen Regionen, Touristen für diese ökologische Variante des Urlaubs zu gewinnen.
Einige Organisationen, die sich für das Fahrrad als Verkehrsmittel engagieren, sind:
Geschichte
Legenden
Muskelkraft
Zweiradprinzip
Pedalantrieb
Kettenantrieb
Diamantrahmen und Stahlrohr
Luftreifen
Freilauf und Schaltung
Weitere Entwicklung
Radgeschichtliche Organisationen und Literatur
Technik
Schaltung
Bremsen
Beleuchtung
Fahrradtypen
Allgemein
Radsport
mit Hilfsmotor
Sonstige
Bedeutung als Verkehrsmittel
Weblinks