Bibliomanie
Bibliomanie (v. griech.: biblion Buch; mania Wahn ) bezeichnet das Verfallensein an Bücher. Bibliomanen sind notorische Büchersammler.Bibliomanie nennt man im allgemeinen die Sucht, Bücher zu sammeln, ohne sie gehörig zu gebrauchen; dann insbesondere die Sucht, alte und seltene Bücher zusammenzubringen, um sie zu benutzen, wobei aber ein zu großer Wert auf Nebendinge gelegt wird.
Der echte Bibliomane im jetzt üblichen Sinn des Worts kauft sonach nicht ohne Auswahl alles zusammen, was ihm vorkommt, sondern sammelt als Kenner nach gewissen Rücksichten, läßt sich aber bei dem Ankauf mehr durch außerwesentliche und zufällige Umstände und Beschaffenheiten der Bücher als durch den wissenschaftlichen Wert derselben bestimmen.
Man sieht dabei teils auf sogenannten Kollektionen, teils auf Schicksale und Alter der Bücher, teils auf das Material derselben. Den meisten wissenschaftlichen Wert haben noch die Kollektion oder Sammlungen von Büchern, die einen gewissen Gegenstand betreffen oder in einer gewissen Manier gearbeitet oder in einer berühmten Offizin gedruckt worden sind.
Hierher gehören Sammlungen von Ausgaben der
- Bibel (die vollständigste in der Stuttgarter und Wernigeroder Bibliothek) oder
- einzelner Klassiker (z. B. des Horaz und Cicero
- der bei Elzevir, Aldus, Giunta, Stephanus, Bodoni gedruckten Bücher, der bei Maittaire, Brindley, Baskerville und zu Zweibrücken erschienenen Ausgaben der Klassiker) sowie
- Sammlungen von Schriften über Begebenheiten und Ereignisse, z. B.
- über den Dreißigjährigen Krieg (zu Dresden und Berlin),
- über die Feier des Reformationsjubelfestes (zu Berlin),
- auch von Schriften über ganz spezielle Gegenstände, wie
- über das Schachspiel (Bledowsche Sammlung auf der königlichen Bibliothek zu Berlin),
- über bestimmte Persönlichkeiten (Luther, Goethe, Shakespeare),
- einzelne Orte,
- bestimmte Fächer der Literatur.
Ehemals erstreckte sich die Bibliomanie am meisten auf Sammlung von Büchern, welche durch ihre Schicksale merkwürdig sind; dahin gehören seltene, verbotene (insbesondere in der römischen Kirche auf den Index gesetzte), kastrierte Bücher. Noch immer allgemein gesucht sind die in den frühsten Zeiten der Buchdruckerkunst erschienenen Bücher (Inkunabeln), insbesondere die ersten Ausgaben (editiones principes) klassischer Schriftsteller.
In neuerer Zeit erstreckt sich die Neigung der Sammler besonders auf das Material der Bücher. In dieser Beziehung werden oft unerhörte Preise gezahlt für Pracht- und illustrierte Ausgaben, unbeschnittene Exemplare älterer seltener Werke, solche mit breitem Rand (Großpapier), für Bücher, die mit Miniaturen und schön gemalten Anfangsbuchstaben (Initialen) verziert sind, für Drucke auf Pergament, Velin, Papier von ungebräuchlichen Stoffen, farbigem Papier, Seide, ferner für Drucke in Gold, Silber und andern Farben sowie für Bücher, deren Text ganz in Kupfer gestochen ist, endlich für Bücher mit dem eingeschriebenen Namen des frühern Besitzers oder solche, die einst berühmten Personen angehörten."