Zentralabitur
Die Neutralität dieses Artikels ist umstritten. Siehe Wikipedia:Neutraler Standpunkt.Als Zentralabitur wird die Abiturprüfung bezeichnet, wenn die schriftlichen Prüfungsaufgaben von einer zentralen Behörde, in Deutschland in der Regel dem Kultusministerium eines Bundeslandes, gestellt werden.
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2 Organisation 3 Pädagogische Wertung 4 Weiterführende Informationen |
In Deutschland ist das Zentralabitur 1946 in Bayern, den drei Vorgängerstaaten des heutigen Baden-Württemberg, in Rheinland-Pfalz und im Saarland eingeführt worden, teilweise unter dem Einfluss der französischen Besatzung. Nach dem Ende der Besatzungszeit wurde das Zentralabitur in Rheinland-Pfalz wieder abgeschafft.
Heute (2004) ist ein bundesweiter Trend zum Zentralabitur zu verzeichnen. Das Zentralabitur gibt es bereits in
Beim Zentralabitur werden landesweit ausgewählte Lehrer (die zum betreffenden Termin keinen eigenen Kurs aufs Abitur vorbereiten), aufgefordert, Abituraufgaben vorzuschlagen. Aus diesen Vorschlägen wählt eine Kommission aus; in einem mehrstufigen Verfahren werden die Aufgaben überprüft und nötigenfalls umformuliert.
Die Prüfungsaufgaben des Zentralabiturs kommen somit unter Mitwirkung einer beträchtlichen Anzahl erfahrener Pädagogen zustande, wobei das entscheidende Personal im Laufe der Jahre nur langsam erneuert wird. Diese personelle Kontinuität garantiert weitgehende Kontinuität in Art und Schwierigkeit der Aufgaben. Andererseits kann die Kultusbürokratie durch überraschende Teilaufgaben durchaus auch einmal Impulse für die Neuausrichtung des Unterrichts setzen - wesentlich effizienter als durch Lehrplanänderungen [Stumpf 1993].
Wo kein Zentralabitur durchgeführt wird, muss jeder Lehrer, der einen Kurs auf das Abitur vorbereitet hat, mehrere Abiturvorschläge ausarbeiten, die von der Schulaufsichtsbehörde kontrolliert werden.
Pädagogisch ist das Zentralabitur heftig umstritten, wobei die allermeisten Lehrer für diejenige Variante eintreten, die sie aus ihrem Land gewohnt sind [Stumpf 1993]; wahrscheinlich gilt dasselbe für die Absolventen [eigene Beobachtungen].
Auf den ersten Blick hat das Zentralabitur den Anschein größerer Gerechtigkeit für sich. Dagegen lässt sich einwenden, dass beim Zentralabitur zwar die Prüfungsaufgaben, nicht aber die Vorbereitung für alle Schüler gleich sind, und dass es auch bei nichtzentralem Abitur Kontrollmechanismen gibt (schulaufsichtliche Kontrolle und Auswahl der Aufgaben, Zweitkorrektur, mündliche Prüfung bei signifikant von der Vornote abweichenden schriftlichen Ergebnissen). Nichtsdestoweniger kommt es bei nichtzentralem Abitur in Einzelfällen vor, dass Lehrer ihre Schüler unter Missbrauch ihres Ermessensspielraums überaus gezielt auf einzelne Prüfungsaufgaben vorbereiten (literarisch verarbeitet in "Der Schüler Gerber" von Friedrich Torberg).
Die Heftigkeit, mit der in Deutschland über die Organisationsform des Abiturs gestritten wurde (und wird; aber mit den inzwischen gefallenen politischen Entscheidungen dürfte der jahrzehntelange Streit allmählich zu Ende gehen), ist wahrscheinlich nur mit dem in kultureller Tradition begründeten Symbolwert dieser Prüfung zu erklären: denn die tatsächliche Bedeutung der schriftlichen Arbeiten ist durch die Ausgestaltung des Abiturs als ausbildungsbegleitende Prüfung seit 1972 stark reduziert. Nach derzeit (2004) bundesweit geltender Regelung gehen die Noten aus sämtlichen schriftlichen Prüfungen zusammengenommen mit einem Gewicht zwischen nur 10.7% (6/56) und 21.4% (12/56) in die Abiturnote ein (das genaue Gewicht hängt davon ab, wieviele Abiturfächer es gibt, wieweit mündliche Prüfungen stattfinden und ob eine besondere Lernleistung eingebracht wird).
Während die Auswirkung des Zentralabiturs auf die Abiturnote also zumeist überschätzt wird, hat es unstreitig siginifikanten Einfluss auf den vorhergehenden Unterricht und die individuelle Prüfungsvorbereitung.
Die zentrale Organisation und die personelle Kontinuität der Hauptverantwortlichen garantieren eine häufig hohe Kontinuität in der Aufgabenstellung; meistens ist ein dezentrales Abitur für die Schüler schlechter kalkulierbar. Dadurch begünstigt das Zentralabitur eine Prüfungsvorbereitungsstrategie, die sich zu einem entscheidenden Anteil auf käuflich erhältliche Prüfungsaufgaben der letzten Jahre oder Jahrzehnte stützt. Zumeist werden aber die wesentlichen Lerninhalte in den Prüfungen abgefragt und repräsentieren somit im Schnitt über die Jahre jeden Aspekt des Lehrplans.
Da andere Vorbereitungsstrategien für viele Schüler eine Überforderung darstellt, sind diese Aufgabensammlungen aber auch in Ländern mit nicht-zentralem Abitur weit verbreitet. Da sich überdies auch Lehrer an diesen Sammlungen orientieren, ist die inhaltliche Angleichung der übrigen Bundesländer an das süddeutsche Zentralabitur teilweise seit langem im Gange.
Die Rückwirkung des Zentralabiturs auf den Unterricht in der Oberstufe ist wahrscheinlich der problematischste und jedenfalls diskussionswürdige Aspekt des Themas; diese Rückwirkung wird verstärkt, wenn schon die Klausuren der Qualifizierungsphase "im Abiturstil" konzipiert sind. Die Abituraufgabensammlungen lenken den Unterricht stärker, als jeder Lehrplan es könnte. Zu Beachten ist aber, das das Auswahlgremium sich eben meist an den wesentlichen Punkten im Lehrplan orientiert. Die Sinnfrage wird externalisiert: man muss sich nicht daran aufreiben, den Lernstoff zu begründen oder in Frage zu stellen, da er ja unbeeinflussbar von außen vorgegeben ist. Fraglich ist auch, ob angesichts der zunehmenden Überfrachtung des Lehrplans, der Überbelastung der Lehrer und anderer wiedriger Bedingungen im Lehrumfeld die Sinnfrage überhaupt gestellt wird. Natürlich hängt es von der Persönlichkeit des einzelnen Lehrers und auch vom Interesse der Schüler ab, wieweit Unterricht zur reinen Prüfungsvorbereitung degeneriert.
Zentralabitur in Deutschland: Geschichte und Gegenwart
Seine Einführung ist beschlossen in
Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Bremen scheinen derzeit bei dezentralem Abitur zu bleiben.Organisation
Pädagogische Wertung
Weiterführende Informationen
Literatur
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