Wissensallmende
- »Allmende ist ein alter Begriff für ein Kollektiveigentum an natürlichen Ressourcen (Felder, Weiden, Fischteiche). Die GNU GPL schafft ein ähnliches Eigentum an Wissen. GPL'te Software ist nicht frei von Rechten (public domain). Sie gehört den AllmendgenossInnen, d.h. allen, die die Auflagen der GPL respektieren. Läßt sich die Wissens-Allmende als Gegenbegriff gegen das vorherrschende Privateigentum an Wissen generalisieren?« (von Volker Grassmuck als Einleitung zu seinem Vortrag am 17. Chaos Communication Congress (2000) des Chaos Computer Club.
- »Grassmucks zentraler Begriff ist die Wissens-Allmende. Allmende war im Mittelalter und darüber hinaus der allen Mitgliedern einer Dorfgemeinschaft gemeinsam gehörende Grund und Boden, der gemeinsam bewirtschaftet wurde. Der Autor überträgt den Gedanken einer der Gemeinschaft gehörenden und gleichberechtigt genutzten Ressource auf das Wissen im Allgemeinen und Software im Speziellen. Nutzer freier Software sind demnach Allmendgenossen.« (Ulrich Wolf, Linux-Magazin 09/2002)
Wissensallmende ist auch der Name einer Arbeitsgemeinschaft der Organisation ATTAC, die unter anderem das Recht auf freien Zugang zu Wissen propagiert.
Die Wissensallmende bildet auch den geistigen Bezugsrahmen für Freie Software und die Open Source-Bewegung. Der für die freie Software wesentliche Punkt ist die Abkopplung der Ideenwirtschaft von der normalen Güterwirtschaft (Spinner 1994), die in Beziehung gesetzt werden kann mit dem so genannten Wissenskommunismus der Wissenschaft (vgl. Robert Merton): Mit seiner Veröffentlichung wird das Wissen zum Gemeingut der Forschungsgemeinschaft. Es kann von Kollegen frei nachvollzogen, überprüft und weiterentwickelt werden und in der Lehre frei der Reproduktion der Wissensträger in der nächsten Generation dienen. Durch diese fruchtbaren Bedingungen im »Sondermilieu« der Wissenschaften können die parallelen, kollektiven Bemühungen Ergebnisse hervorbringen, die kein Einzelner und kein einzelnes Team produzieren könnten. Die einzelne Wissenschaftlerin erhält im Wissenskommunismus als Anerkennung für die von ihr erarbeiteten Erkenntnisse keine Geldzahlungen – um von dieser Notwendigkeit freigestellt zu sein, alimentiert sie der Staat –, sondern ein symbolisches Entgelt in Form von fachlicher Reputation, wie sie sich z. B. an der Zahl der Einträge im Citation Index ablesen lässt. Statt eines Monopolverwertungsrechts, wie es das Patentsystem für Erfindungen von industriellem Wert gewährt, steht hier das Recht auf Namensnennung im Vordergrund.
Auch die Ideologie von Richard Stallman beruft sich auf diese jahrhundertealte Tradition der Wissenschaft:
- "Der fundamentale Akt von Freundschaft unter denkenden Wesen besteht darin, einander etwas beizubringen und Wissen gemeinsam zu nutzen. Dieser gute Wille, die Bereitschaft, unserem Nächsten zu helfen, ist genau das, was die Gesellschaft zusammenhält und was sie lebenswert macht". --Richard Stallman
Siehe auch: Gemeineigentum, Software-Patent, Immaterielle Monopolrechte, Geistiges Eigentum, Klubgut
Literatur
Weblinks