Wirtschaftswachstum
Unter Wirtschaftswachstum versteht man die relative Änderung der Wirtschaftskraft einer Volkswirtschaft von einer Periode zur nächsten. Als Maßstab dient in Deutschland normalerweise das Bruttoinlandsprodukt (BIP) oder das Bruttosozialprodukt (BSP), in den USA das Gross National Product (GNP).
Man unterscheidet zwischen realem und nominalem Wirtschaftswachstum. Im nominalen Wirtschaftswachstum ist die im betrachteten Zeitraum vorherrschende Preissteigerung, sowie die eigentliche Produktivitätssteigerung und Wertschöpfung enthalten. Das reale Wirtschaftswachstum stellt das inflationsbereinigte Wirtschaftswachstum dar. Die reale Herangehensweise ist aussagekräftiger, da sie die Preissteigerungen vernachlässigt, die beim nominalen Wirtschaftswachstum ebenso als Wachstum erscheint.
Es gibt Unterschiede in der Berechnung des Wirtschaftswachstums im europäischen und US-amerikanischen Raum, weshalb die Werte nicht ohne Probleme miteinander verglichen werden können.
Das Wirtschaftswachstum ist aufgrund seiner angenommenen Wichtigkeit als eine Grundbedingung im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz (StWG) rechtlich verankert.
Nach Marx unterliegt der Kapitalismus einem Wirtschaftswachstumszwang. Ohne ständiges Wirtschaftswachstum kommt es seiner Meinung nach zu Wirtschaftskrisen. Diese Behauptung kann allerdings insofern mit Skepsis betrachtet werden, als dass kapitalistische Länder schon Jahrzehnte ohne oder mit geringem Wirtschaftswachstum ohne nennenswerte Krisen überstanden haben, und nicht-kapitalistische Systeme normalerweise mit oder ohne Wachstum viel intensivere Krisen durchmachen. Die logischen Fehler, die Marx in seinen Behauptungen unterlaufen, wurden auch schon von Karl Popper belegt.
Der Möglichkeit eines ewigen Wachstums widersprach auch der Club of Rome in seiner Analyse der "Grenzen des Wachstums". Allerdings sind von den in den 70er Jahren prophezeiten Katastrophen fast keine bis heute eingetroffen. Stattdessen hat der Kapitalismus sich in immer mehr Ländern durchgesetzt und eine hohe Anpassungsfähigkeit an Probleme aller Art bewiesen.
Ein bis heute maßgebliches Wachstumsmodell wurde 1956 von Solow entwickelt. Die zentrale Aussage des Solow-Modells ist, dass für dauerhaftes Wirtschaftswachstum das Wachstum der Arbeitsproduktivität von zentraler Bedeutung ist, das langfristig allein durch das Tempo des technischen Fortschritts bestimmt wird. Wachstumspolitik kann folglich auf lange Sicht nur erfolgreich sein, wenn sie den technischen Fortschritt beschleunigt.
Kritiker des unbedingten Wirtschaftswachstums verweisen auf den zerstörerischen Einfluss der Wirtschaft auf die Umwelt. Befürworter verweisen auf den noch zerstörerischen Einfluss von Menschen, die mangels Kapitalismus nicht die Möglichkeit haben, sich auch nur geringe Standards in Bereichen wie Umweltschutz, Naturschutz usw. zu leisten, und die mangelhaften Möglichkeiten von Ländern mit weniger leistungsfähigen Wirtschaftssystemen, auf natürliche Katstrophen (Überschwemmungen, Dürren, natürliche Klimaänderungen usw.) zu reagieren.
Ein Eckpunkt des "magischen Vierecks" ist "angemessenes und stetiges Wirtschaftswachstum". Von diesem erhofft man sich, dass es zu einer gleichmäßigen Auslastung des Produktionspotenzials in der Nähe der Kapazitätsgrenze beiträgt.
Welche Wachstumsrate "angemessen" ist, lässt sich nicht pauschal festsetzen, denn das kommt immer auf die Lage an, in der sich ein Staat wirtschaftlich befindet. Für die BRD z. B. bezeichnen einige ein Wachstum von 2-3% als angemessen. Andere wünschen sich deutlich höhere Wachstumsraten, z. B. weil nur dadurch die Arbeitslosigkeit reduziert oder die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten werden kann.
Wenn man ein "stetiges" Wirtschaftswachstum fordert, so meint man damit, dass Wachstumsschwankungen vermieden werden sollen. Berge sollen in der Konjunkturkurve möglichst abgetragen, Täler dagegen ausgefüllt werden.
Festzustellen ist auf jeden Fall, dass die BRD im Gegensatz zu vielen vergleichbaren Ländern nicht über ein stetiges Wachstum verfügt, und auch das bescheidene Ziel von zwei bis drei Prozent Wachstum oft nicht erreicht wird.
Stetiges und angemessenes Wachstum