Wirtschaftliche Faktoren vom Mittelalter bis zur europäischen Neuzeit
Von Stadtherren über die Hanse zur Entdeckung AmerikasDer Beginn städtischer Autonomie:
Jede Stadt im Mittelalter und auch danach unterstand einem gegenüber der Reichsregierung eigenständigem Stadtherren, der die komplette Verwaltung in der Stadt übernahm. Die Einwohner einer Stadt waren seine Untertanen, ähnlich wie die Bauern auf dem Land. Stadtherr wurden oftmals Bischöfe, die im Rahmen des bedeutenden ottonisch-salischen Reichskirchensystems königliche Hoheitsrechte zugesprochen bekamen. Stadtherr konnte allerdings auch der König selbst oder ein weltlicher Großer sein. Territorialfürsten erlangten durch die Gründung vieler neuer Städte ebenfalls oft die Stadtherrschaft. Das enge Zusammenleben vieler Menschen in der Stadt erforderte neue Rechte wie zum Beispiel den Marktfrieden, durch den sich Einwohner auf dem Weg zum bzw. auf dem Markt als sicher vor Gewalttaten oder gar der Blutrache eines Feindes betrachten konnten. Somit wichen auch ursprüngliche Rechtsfindungen wie das Gottesurteil oder der Zweikampf rationaleren Mitteln, beispielsweise bei Streitigkeiten zwischen Kaufleuten. All diese neuen Rechte für die Einwohner einer Stadt hatten neben der Zufriedenstellung der Bürger hauptsächlich den Zweck bei neu gegründeten Städten möglichst viele Kauf- und Handelsleute in die Stadt zu locken. Da ein Stadtherr selbstverständlich viele Einwohner seiner Stadt aufgrund von Steuereinnahmen und der Gewinnung von Prestige benötigte, musste er seinen Bürgern ein komfortables Leben durch Sonderrechte bieten. Dadurch entstand aber der Teufelskreis, dass das Bürgertum zunehmend Macht erlangte, was durch die Herausbildung des wichtigen politischen Faktors der Stadtgemeinde, großen Druck auf den Stadtherren ausüben konnte. Führungsorgan dieser Stadtgemeinde bei der Kooperation oder bei Auseinandersetzungen mit dem Stadtherren war der Rat. Er bestand zumeist aus mächtigen Kaufleuten oder ehemaligen Ministerialen. Somit war es keine Seltenheit wenn ein Stadtherr aus seiner eigenen Stadt aufgrund von Streitigkeiten mit der Stadtgemeinde vertrieben wurde.
Die Stadt als Rettung der Bauern?
Es wurde zwischen drei verschiedenen Typen einer Stadt unterschieden: Zunächst gab es Reichsstädte, die dem König bzw. Kaiser direkt unterstellt waren. Meist waren dies Städte von enormer wirtschaftlicher und handelsstrategischer Bedeutung wie zum Beispiel Nürnberg, Ulm oder Frankfurt, auf deren Steuerabgaben der König ebenfalls angewiesen war. Der zweite Typus bezeichnet die freien Städte, die ihren meist bischöflichen Stadtherren vertrieben hatten. Zuletzt gab es die so genannten Landesstädte, unter denen sich die Masse der Kleinstädte befanden. Sie waren nicht abhängig vom Staat, hatten aber Abgaben an einen Landesherrn zu leisten. Die Stadt repräsentierte außerdem die neu gewonnene „Freiheit“ der Menschen und somit versuchten sehr viele Bauern sich von ihrem Land und Grundherrn zu trennen, um in der Stadt die wesentlich höheren ökonomischen Chancen zu nutzen. Sobald ein Bauer in die Stadt gezogen war, konnte der Grundherr innerhalb einer bestimmten Zeitspanne seinen Leibeigenen zurückfordern, danach allerdings wurde der Bauer von seiner Stadt geschützt und niemand konnte ihn zwingen zurück aufs Land zu ziehen. Auch für Frauen bot die Stadt Vorteile: Sie war nun nämlich rechtlich gleichgestellt mit dem Mann, war allerdings weiterhin für den Haushalt zuständig, da dies als natürliche Ordnung angesehen wurde. All diese zusätzlichen Freiheiten in der Stadt (z.B. auch freier Besitz) führten zu einer differenzierten gesellschaftlichen Entwicklung der städtischen Bewohner (gegenüber Bauern auf dem Land).
Die Städtehanse als politischer und wirtschaftlicher Verteiler:
Zur Zeit des späten Mittelalters bildeten sich Städtebünde, die vor allem die Funktion der Machtbündelung des Bürgertums vieler verschiedener Städte besaß. So waren sie zum Beispiel zuständig für die Wahrung des Friedens und der städtischen Unabhängigkeit sowie für die Durchsetzung städtischer Interessen gegenüber dem Adel. Während die Städtebünde im oberdeutschen Raum (z.B. Rheinischer, Schwäbischer Städtebund) durch die Überlegenheit der territorialen Gewalten versagten, gelang es im niederdeutschen Raum dem Städtebund der Hanse über eine lange Zeit hinweg erfolgreiche Wirtschafts- und Außenpolitik zu betreiben. An der Spitze dieses dennoch relativ locker organisierten Bundes stand die bedeutende Handelsstadt Lübeck, in der auch die so genannten Hansetage stattfanden, auf denen wichtige interne Entscheidungen getroffen wurden. Der Bund zeichnete sich u. a. durch sein besonderes Interesse am Fernhandel aus: Er trieb regen Handel mit bedeutenden Wirtschaftszentren wie London, Brügge oder Bergen, in denen er auch eigene Kontore errichtete um den Handel abzusichern. Seine große Leistung bestand außerdem in der Schaffung eines geschlossenen Wirtschaftsraumes um die Nord- und Ostsee herum und im Warenaustausch von Massengütern wie Getreide, Holz oder Fisch. Allerdings fand sich die wirtschaftliche Macht der Hanse nicht nur im Export diverser Güter wider, vielmehr war die Quelle des Ruhmes hauptsächlich der Transithandel, durch den sie die Rolle eines handelstrategischen Verteilers zugesprochen bekam. Nachdem die Städtehanse auch einen militärischen Sieg über Dänemark erzielte sah sie sich auf dem Höhepunkt ihrer wirtschaftlichen und politischen Macht. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts jedoch verlor die Hanse mehr und mehr an Macht. Dies begründete sich hauptsächlich durch die inneren Bürgerkämpfe und durch religiöse Auseinandersetzungen. Durch diese Schwächung ergriffen die dort ansässigen Territorialfürsten ihre sich bietende Chance und übten stetig anwachsenden Druck auf die Führung der Städtehanse aus. Nachdem einige Städte daraufhin ihre Unabhängigkeit verloren und dadurch die Vormachtstellung im Handel erheblich geschwächt wurde, war der Niedergang der Hanse schon so gut wie besiegelt. Der Wirtschaftsraum der Hanse verlor durch die Entdeckung Amerikas schließlich ebenfalls an Bedeutung und somit bestand keine Chance mehr die ursprüngliche Macht zurückzugewinnen.
Der Transithandel in Europa:
Seit Beginn des 14. Jahrhunderts machten sich grundlegende Änderungen im europäischen Handelssystem bemerkbar: Die erste Veränderung war, dass die Landverbindung zwischen Italien und den Niederlanden nicht mehr durch Ostfrankreich ging, sondern nun entweder der direkte Seeweg zwischen den Ländern, oder auch immer mehr der Weg durch das Rheinland bevorzugt wurde. Durch die sehr günstige territoriale Position Deutschlands bekam es nun die Rolle der „zentralen Handelsverwaltung“ zugesprochen. Wichtige Handelsrouten führten nun über Städte wie Nürnberg, Frankfurt oder über das Rheinland. Trotz hoher Zölle, die passierende Händler bezahlen mussten, galt das Gebiet als unverzichtbar für den Handel. Die zweite Veränderung, die zu dieser Zeit vonstatten ging, war, dass einige osteuropäische Länder, wie zum Beispiel Böhmen oder Ungarn, ihre Silberförderung weiterentwickelten, sodass sie nun einen Strom europäischer Luxuswaren auf sich zogen. Die Handelsrouten, die die Verbindung zu diesen Ländern herstellten, gingen hauptsächlich durch Deutschland (vornehmlich Nürnberg oder Regensburg).
Geographische Entdeckungen der Iberer:
Die meisten geographischen Entdeckungen, die im 15. Jahrhundert vollzogen wurden, beruhten auf hauptsächlich wirtschaftlichen Motiven: Durch den Vorstoß der osmanischen Türken nach Konstantinopel waren die Handelsrouten zum Orient größtenteils blockiert, und somit war es für die Europäer unumgänglich neue Routen zu finden. Die Spanier und die Portugiesen waren führende Seemächte und finanzierten Suchen nach neuen Routen bzw. gar neuen Gebieten mit reichhaltigem Rohstoffvorkommen. Auch neue Goldquellen waren für sie dringend vonnöten, da orientalische Waren wie zum Beispiel Gewürze ausschließlich gegen Geld eingetauscht werden konnten. Neben diesen wirtschaftlichen Motiven gab es allerdings auch noch den Grund des Kreuzzugsgedanken, der bei den Iberern immer noch in Erwägung gezogen wurde, weil die muslimische Besatzung in dem Gebiet im Laufe der „Reconquista“ (Wiedereroberung) immer noch nicht komplett in iberischer Hand war. Unter dem Königssohn Heinrich dem Seefahrer begannen die Portugiesen mit der Suche nach einem Seeweg nach Indien und fuhren mit ihren Schiffen am Rande Afrikas entlang, um in den Indischen Ozean zu gelangen. Vasco da Gama gelang es erstmals in Indien anzukommen, womit die Suche danach beendet war. Die Portugiesen legten diverse Stützpunkte an dieser Seeroute an und schalteten schließlich gewaltsam den arabischen Handel in diesem Gebiet aus. Dadurch konnte Portugal ein Handelsimperium aufbauen, welches bis zum 17. Jahrhundert konkurrenzlos blieb. Die Spanier beschäftigten sich zur gleichen Zeit hauptsächlich mit der Reconquista, welche sie auch 1492 abschlossen. Nun konnten sie sich ebenfalls geographischen Expeditionen widmen. Christoph Kolumbus, Tuchmachersohn aus Genua, wollte nach Indien gelangen indem er gen Westen um die Erdkugel, deren Existenz zu dieser Zeit noch oftmals in Frage gestellt wurde, herum fährt. Schließlich entdeckte er Amerika, einen neuen Kontinent, der nach Bemerken des Trugschlusses, dass dies Indien sei, die „neue Welt“ getauft wurde. Amerigo Vespucci, der als erster bemerkte, dass es sich nicht um Indien handelte, wurde später dann als Namensvetter der neuen Welt auserkoren, und somit hieß der Kontinent Amerika. Die rivalisierenden Parteien der Portugiesen und der Spanier stritten nun um Besitzansprüche in Amerika. Schließlich wurden im Vertrag von Tordesillas Grenzen festgelegt, die spanische und portugiesische Territorien trennten.
Ausbeutung des vermeintlichen El Dorados:
Da die Spanier ihr Reich festigen wollten, wurden nach den Entdeckungen der Süd- und Mittelamerikanischen Länder, spanische Siedler, Soldaten und Missionare nach Amerika gebracht. Viele abenteuerlustige Spanier kamen freiwillig nach Südamerika in der Hoffnung Goldschätze zu finden. Da die Hochkulturen der Azteken oder der Inkas große Goldschätze verwahrten, vermuteten die Spanier dort das El Dorado, das Goldland, gefunden zu haben. Nach der blutigen Unterwerfung dieser Kulturen erbeuteten die Spanier diese Goldschätze, und teilten das bisherige neue Gesamtreich Spanien in die Teilreiche Neu-Spanien und Peru ein, die neben dem Hauptkönigreich Spanien als Vizekönigreiche parallel ohne brutale Unterwerfung existieren sollten. Als den Spaniern jedoch bewusst wurde, dass die Goldschätze der neuen Länder weitaus geringer waren als erhofft, wurden Plantagenwirtschaften errichtet, auf denen die Indios zwangsweise zu arbeiten hatten. Die Bevölkerung der Indios sank aber aufgrund von dieser harten Zwangsarbeit und den eingeschleppten Krankheiten der Spanier, auf die das Immunsystem der Indios nicht vorbereitet war, rapide, was dazu führte, dass die Spanier afrikanische Sklaven einschifften, die nun anstelle der Indios dort zu arbeiten hatten. Diese Verschonung von Zwangsarbeit währte allerdings nicht lange, da sie nun, als freie Untertanen des Königreichs Spanien jetzt auch Steuern zu zahlen hatten, die sie bei einem spanischen Konquistador (Eroberer) abzuarbeiten hatten.
Der globale Dreieckshandel:
Schließlich entstand ein großer, globaler Dreieckshandel zwischen Amerika, Europa und Afrika. Amerika lieferte Baumwolle, Tabak, Gold und Silber nach Europa, die wiederum billigen Tand an Afrika als Tausch gegen Sklaven abtraten, welche direkt nach Amerika geschifft wurden. Der wirtschaftliche Niedergang dieses Superreiches Spanien wurde aber bereits mit der Inflation aufgrund von zu viel Gold und Silber angekündigt.
-- 17:34, 15. Mai 2004 (CEST)