Wilhelm I. (Oranien-Nassau)
Wilhelm von Oranien (nl: Willem van Oranje) (* 24. April 1533 in Dillenburg; † 10. Juli 1584 in Delft), auch bekannt als Wilhelm der Schweiger (nl: Willem de Zwijger), war Führer im niederländischen Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien, auch bekannt als Achtzigjähriger Krieg (1568-1648).
Wilhelm wurde in Dillenburg als Sohn von Wilhelm von Nassau und Juliane von Stolberg geboren und genoss eine protestantische Erziehung. 1544 wurde Wilhelm im Alter von elf Jahren Oberhaupt des Hauses von Oranien-Nassau und Nachfolger seines Neffen René, der ohne Erben gestorben war. Wegen seines noch jungen Alters wurde ein Regent gesucht. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und Oberhaupt der Habsburger, Karl V, der auch Herrscher über die Niederlande war, die zu diesem Zeitpunkt auch noch den nördlichen Teil von Belgien umfassten, entschied, dass er sich selber um diese Angelegenheit kümmern würde. Um mögliche anti-katholischen Gefühle im Keim zu ersticken, wurde Wilhelm an den kaiserlichen Hof in Brüssel gebracht. 1551 heiratete Wilhelm Anna von Egmond, Gräfin von Buren († 1558), die ihm drei Kinder gebar.
Unter Karls Sohn Philipp II. von Spanien wurde Wilhelm 1559 Statthalter des Königs in den Grafschaften von Holland, Zeeland und Utrecht. 1561 schloss er mit Anna von Sachsen († 1577), die aus einer protestantischen und habsburgfeindlichen Familie stammte, den Ehebund und hatte mit ihr fünf Kinder. 1566 fand der Beeldenstorm (wörtlich: Bildersturm) statt, bei dem in den nördlichen Provinzen der Niederlande Kirchen von Protestanten gestürmt wurden und alle Heiligenfiguren, die sie fanden und als Gotteslästerung empfanden, zerstört wurden. Diese Aktion ging auf ein Gebot Moses zurück: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis von Gott machen, um ihn damit zu verehren“, und war der Auslöser des Achtzigjährigen Krieges mit Spanien.
Philipp II. entsandte 1567 eine Armee in die Niederlande, die die Rebellion niederschlagen sollte und vom Herzog von Alba geführt wurde, der eine rücksichtslose und unbarmherzige Regierung errichtete. Wilhelm entschied sich auf die Ginsburg in Hilchenbach zu flüchten, während seine Freunde und treuen Führer der Opposition, die Grafen von Egmont und Hoorn im Land blieben. Beide wurden von Alba zu Gesprächen geladen, nur um nach ihrer Ankunft heimtückisch enthauptet zu werden. Dies alles verstärkte den revolutionären Geist der Niederlande nur noch mehr.
1568 starben zwei Brüder Wilhelms bei dem Versuch einer Invasion im äußersten Norden des Landes, der Schlacht von Heiligerlee. Wilhelm, der nun zahlungsunfähig war, suchte vergeblich Hilfe bei den deutschen Lutheranern. Elisabeth I. von England verweigerte ihm ebenfalls jedwede Hilfe. Die französischen Hugenotten versprachen zwar Unterstützung, aber die auf Veranlassung des französischen Königs durchgeführte Ermordung von 8.000 von ihnen in der Bartholomäusnacht (1572) kam dazwischen.
Am 1. April 1572 übernahmen eine Gruppe von 'Rebellen', genannt die Geuzen (Bettler) die Stadt Den Briel, heute Brielle, und erklärten sich selbst zu 'Prinzen'. Geuzen sollte damals abfällig wirken, wurde jedoch schon bald von den Aufständischen zu ihrem Propagandawerkzeug gemacht. Schon bald breitete sich der Aufstand über große Teile von Holland und Zeeland aus. Im selben Jahr verlegte Wilhelm seine Residenz in die befestigte Stadt Delft.
Viele Jahre blutiger Kämpfe zwischen Alba und Wilhelm folgten. Stadt um Stadt wurde von Alba belagert und eingenommen. Nach längerer Bedenkzeit trat Wilhelm 1573 zum calvinistischen Glauben über, der Rückgrat des Aufstandes geworden war. Aus der 1575 geschlossenen Ehe mit Charlotte von Bourbon-Monpensier († 1582) stammten sechs Kinder. Nachdem Philipp 1576 seine Söldner nicht länger bezahlen konnte, fanden überall Meutereien und Plünderungen statt. Am 8. November kam es schließlich zur „Genter Pazifikation“, dem Zusammenschluss aller niederländischen Provinzen gegen die Spanier. Obwohl dies ein Akt des Widerstandes aller siebzehn Provinzen war, hielt die Einheit nicht lange. 1579 zerfiel die Union in eine nördliche, protestantische, genannt die „Sieben Provinzen“, und eine südliche, hauptsächlich katholische Utrechter Union.
1581 erklärten die nördlichen Sieben Provinzen ihre formelle Unabhängigkeit von Spanien und wurden zur Republik, der Posten des Statthalters wurde Wilhelm angetragen (nl: Akte van Verlatinge). Philipp II. setzte daraufhin ein hohes Kopfgeld auf Wilhelm aus. Nach einem missglückten Attentatsversuch auf Wilhelm (1582) kümmerte sich Charlotte tage- und nächtelang ohne Schlaf um ihren verwundeten Mann. Am Ende starb sie an Erschöpfung. Nur ein Jahr später, 1583 heiratete er seine vierte Frau, Louise von Coligny, die hugenottischen Glaubens war und ihn überlebte. Louise bekam ein Kind, Friedrich Heinrich von Oranien-Nassau, der später selber Statthalter werden sollte. Am 10. Juli 1584 wurde Wilhelm in Delft von Balthasar Gerards erschossen. Wilhelm liegt, wie alle weiteren Mitglieder des Hauses von Oranien-Nassau danach auch, in Delft begraben.
In den Niederlanden ist Wilhelm als Vater des Vaterlandes bekannt. Sein Name wurde später in einem Lied, dem Wilhelmus, verewigt, das am 10. Mai 1932 zur niederländischen Nationalhymne erklärt wurde.
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