Wilhelm Adolf Scribonius
Wilhelm Adolf Scribonius (* 1550 in Marburg; † 1600 in Korbach) war ein Philosoph, Mediziner und Lehrer. Er trat auch als Hexentheoretiker in Erscheinung.
Leben
Ungefähr im Jahre 1550 soll Wilhelm Adolf Scribonius (= latinisierte Form von 'Schreiber') in Marburg geboren worden sein. Leider ist dies nicht ganz sicher, denn generell sind wenig Daten seines Lebens überliefert. Sicher ist, dass er an der Philipps-Universität Marburg promovierte. Danach lehrte er noch einige Zeit in Marburg Philosophie, speziell die Logik, bevor er im Jahre 1581 nach Korbach ging. Hier übernahm er die Aufgabe, die dritte Klasse des vor kurzem gegründeten Gymnasiums in Korbach zu leiten und vor allem Logik zu unterrichten.
Der Wunsch Scribonius' nach Korbach zu gehen, scheint eng damit zusammenzuhängen, dass er ein Anhänger von Petrus Ramus war. Auch das neu gegründete Gymnasium in Korbach scheint diese Richtung vertreten zu haben. Kurz vor der Berufung von Scribonius nach Korbach hatten diese sich schon darum bemüht Rudolf Goclenius d. Ä. an ihr Gymnasium zu holen, da er den Ansichten des Petrus Ramus zumindest nicht abgeneigt gegenüberstand. Scribonius' konnte sich also sicher sein, dass er ramistische Thesen, auch wenn diese in Korbach nicht unumstritten waren, im schulischen Unterricht vertreten durfte. Vielleicht hat Rudolf Goclenius der Schule sogar Wilhelm Adolf Scribonius empfohlen, denn es wird vermutet, dass beide befreundet waren; sicher ist jedenfalls, dass sie sich kannten.
Neben der Logik unterrichtete Scribonius auch noch zeitweise die Fächer Physik und Ethik am Korbacher Gymnasium.
Da damals das Gehalt eines Lehrers nicht oder nur kaum ausreichte, sich einen gewissen Lebensstandard zu leisten, arbeitete Scribonius als studierter Mediziner auch als praktischer Arzt in Korbach.
Wilhelm Adolf Scribonius scheint in Korbach eine Heimat gefunden zu haben, denn obwohl er niemals verheiratet war, ist er bis zu seinem Tod, im Dezember des Jahres 1600, hier geblieben.
Werk und Bedeutung
Das Werk von Wilhelm Adolf Scribonius ist relativ umfangreich. Er schrieb medizinische, philosophische, naturwissenschaftliche und theologische Schriften. In den meisten seiner Schriften versuchte er jedoch - unabhängig vom Themenkomplex - die Lehren des Petrus Ramus entweder zu erläutern bzw. fortzuführen oder sie anzuwenden. Er kann also als ein überzeugter Anhänger des Ramismus gelten.
Im Folgenden sollen einige Beispiele für seine schriftstellerische Tätigkeit aufgeführt werden:
Sein wichtigstes Werk im Bereich der Philosophie:
Beispiele für Schriften für den Schulunterricht:
Beispiele für naturwissenschaftliche Schriften:
Medizinische Werke:
Der Hexentheoretiker Scribonius:
Auch wenn die bisherige Beschreibung von Wilhelm Adolf Scribonius einen recht positiven Eindruck beim Leser hinterlassen haben mag und auch wenn er bzw. seine Schriften z.T. recht wichtig klingen, so muss man doch betonen, dass Wilhelm Adolf Scribonius wahrscheinlich schon längst vergessen wäre, wenn er nicht seit dem Jahre 1583 angefangen hätte, sich als Hexentheoretiker hervorzutun. Dabei errang er besondere Bedeutung auf diesem Gebiet, obwohl - oder gerade vielleicht auch weil - er sich eigentlich fast ausschließlich mit der Behauptung und dem Nachweise befasste, dass die Durchführung des alten Gottesurteils der Wasserprobe, die im Zusammenhang mit der Hexenverfolgung gerne auch als Hexenbad bezeichnet wurde, rechtmäßig und vor allem wirksam sei. Bis heute gilt er als der vehementeste Verteidiger dieser Hexenprobe, die insgesamt mehr Ablehnung von offizieller Seite erfuhr als jedes andere Element der Hexenprozesse. Fast alle Anhänger der Hexenlehre, zu denen Scribonius auch zu rechnen ist, lehnen die Rechtmäßigkeit der Wasserprobe ab! Allerdings erfreute sie sich bei den unteren Gerichtsinstanzen und im Volke großer Beliebtheit. Scribonius wollte nun der ganzen Sache ein gelehrtes Fundament geben, was ihm durchaus gelungen sein muss, wenn man sich betrachtet, wie viele Gelehrte gegen ihn argumentierten. So trat als einer der ersten sein Marburger Kollege - und möglicherweise auch Freund - Rudolf Goclenius in einer Schrift gegen ihn an. Später folgten dann weitere Autoren, wie z.B. Hermann Neuwald oder Johannes Ewich. Kaum ein Autor, der auch nur am Rande das Thema des [[Hexenbad]es streift, versäumt es, auf Wilhelm Adolf Scribonius zu verweisen - das ist bis heute - also auch im Rahmen der Aufarbeitung der Geschichte der Hexenverfolgung - so geblieben.
Wie Scribonius gerade auf das Thema Hexenbad gekommen ist, beschreibt er in seiner ersten, noch recht kleinen Schrift zu diesem Problem, nämlich in dem Sendbrieff / Wilhelm Adoph Scribonij von Marpurg / Von erkundigung und Prob der Zauberinnen durchs kalte Wasser.: "Wolweise unnd hochgelahrte Herrn Burgermeister / Als ich den fünff und zwanzigsten tag deß Herbstmonats / bey euch zu Lemgow ankame / sind zwen tag hernach / gerade an Michaelis abendt / auff erkandtnuß des Raths / drey Zäuberinnen wegen ihre vielfaltigen unnd greuwlichen mißhandlung mit Feuwer von leben zum todte gebracht. Desselbigen abends auch sind wiederumb drey / so von den obgemelten als jr mitgenossen und rottgesellen angegeben / von den Stadtdienern aufgegriffen / und ins Gefengniß gelegt / folgendes tages aber / fast umb zwey uhr nach mittag / sind sie vor dem Stadtthor / zu mehrer erforschung der warheit / auff das Wasser gebunden / die kleider abgezogen / auff folgende weise aber war das binden also angeschlagen: Die rechte handt war an den lincken grossen Zehen / und wiederumb die lincke hand an den rechten grossen zehen verknüpffet / daß sie sich mit dem gantzen leibe gar nicht regen kondten / Darauff in beywesen etlicher tausend Menschen / sind sie in das Wasser geworffen / und ein jede zu drey malen / aber gleich wie ein holtz oder block oben geschümmet / unnd keine undergegangen."
Er selbst habe sich zunächst "auffs hefftigste ob diesem neuwen gebrauch verwundert", der hier in Lemgo zur Anwendung kam, zumal er "an anderen orthen Teutschelandes unerhört" sei. Er bemühte sich vor Ort Gründe und Ursachen für diesen Brauch zu erfahren, "aber ich habe nichts gewisses erlehrnen können / sondern hab verstanden / die sage mehr gehe / es sey dieser gebrauch auß etlicher Völcker erfahrung und warnemmen / vorschienen Sommer eingerissen / daß alle die so Hexen und Zauberinnen / seyn / oder etlicher anzeigung halben / in verdacht stehen / als wüsten sie umb dieselben Kunst / unnd werren mit in dem Rotte / auff diese weise examiniert werden / unnd die oben schwimmen / achtet man für schuldig / die aber undersincken / seyn frey unschuldig und ohne fehl." Doch dann war sein Interesse geweckt, wohl auch durch die Bitte des "Wolweisen unnd hochgelahrten Herrn Burgermeister / im beywesen anderer Herren des alten Raths", ob nicht Scribonius ihnen etwas über die Ursache dieses Phänomen sagen könne.
Auch nachdem er sich nun intensiv mit der Sache befasst hat, muss er zugeben, dass "die Sache zumal wunderbar unnd seltsam ist". Dennoch glaubt er keineswegs, "daß sie so geschaffen sey / daß wir sie mit unserer vernunnfft nicht ergreiffen könen."
Zunächst einmal führt er an, wer sich nach seinen Recherchen schon alles mit diesem Phänomen beschäftigt hat.
- Aus der Gruppe der Hexentheoretiker kann er auf Johann Weyer verweisen, der die Wasserprobe ablehnt. Allerdings sieht Scribonius "keinen gewissen beweiß / damit er seinen meinung verthedigen und schirmen wil."
- Im Bereich der juristischen Schriften ist er offensichtlich bei seiner Suche sehr erfolgreich gewesen. Er scheint vor allem mittelalterliche und spätmittelalterliche Texte gefunden zu haben, die ihm die Verbindung von Hexenbad und dem Gottesurteil der Wasserprobe aufzeigen.
- Sogar den antiken Schriftsteller Plutarch kan er als Gewährsmann anführen: "Ferner meldet Plutarchus / daß in der Insula Ponto etliche Leuthe wohnen / welche die verbottene unnd ubernatürliche zauberkunst ganz und gar wissen / werden aber darbey erkandt /dz sie in einem Auge ein gestalt eines Pferdes / in dem anderen zwey Augapffel haben / welche auch keines weges können unter das Wasser gesenckt werden / ob sie wohl mit einer Rüstung verschweret unnd belegt werden."
- "Schliesse ich derhalben / daß von stand an wenn die Zauberinnen mit dem Teuffel kundschafft und gesellschafft machen / ire vorige eigenschafft / stand und wesen verlieren / belangend auch die innerliche form / sind sie gar ander Leuthe als sie vorhin waren / bekommen eine newe gestalt. Also zwar können die Hexen beschrieben werden / daß sie Leuth seyn / welche von dem Teuffel / der sie besessen hat / ihren theil haben. Denn der böse Engel / der ein Geist unnd herrscher in der Lufft / [...] / hat der Weiber ihr hertz unnd andere Gliedmasen also eingenommen / daß er durch die gantze Substantz und deren aller theile wesentlich außgespreyet ist [...]."
"Nach fleissiger erwegung dieser Sachen allzumal", kommt Scribonius zu folgendem Ergebnisse: "Wolweise und hochgelahrte Herrn Bürgermeister / es sey unfüglich / daß man diesen eweren gebrauch zu Lemgow / mit der erkundigung der Zauberinnen durchs kalte Waser verachten unnd für nichtig halten wolte."
(Zitate stammen aus einem Exemplar der Universitätsbibliothek Marburg: Sendbrieff / Wilhelm Adoph Scribonij von Marpurg / Von erkundigung und Prob der Zauberinnen durchs kalte Wasser (1583), in: Hermann Neuwald, Bericht von erforschung / Prob und erkänntniß der Zauberinnen durchs kalte Wasser / in welchem Wilhelm Adolph Scribonij meynung wiederleget / unnd von ursprung / Natur und Warheit dieser [...] Purgation gehandelt wirdt. [...], in: Abraham Sauer (Hrsg.), Theatrum de veneficis. Das ist: Von Teuffelsgespenst, Zauberern und Exempel / bewärten / glaubwürdigen / Alten und Newen Scribenten / was von solcher jeder zeit disputiert und gehalten worden / mit sonderem fleiß [...] an Tag geben. [...], Frankfurt a. M. 1586, S. 230 - 235.)
Quellenangaben
Seine Thesen vertrat Scribonius in mehreren Schriften:
Literaturangaben:
Weblinks