Webmaschine
Eine Webmaschine ist eine Weiterentwicklung des Webstuhls und dient der industriellen Produktion von Geweben.Auf Webmaschinen werden Kettfäden von der Hinterseite der Maschine nach vorne geführt. Dabei werden Schussfäden jeweils von einer Seite zur anderen zwischen den Kettfäden durchgeschossen, so dass die Kettfäden beim fertigen Gewebe durch den Schussfaden zusammengehalten werden. Um dieses Durchschiessen zu ermöglichen wird ein Teil der Kettfäden gehoben und der andere Teil abgesenkt. Dadurch entsteht eine keilförmige Öffnung, wo der Schussfaden durchgezogen werden kann. Diese Öffnung nennt man das Fach. Der Faden kann dabei auf verschiedene Art durchgeführt werden. Die älteste Form ist dabei der Schütze, der eine Garnspule trägt und durch das Fach durchgeschleudert wird. Es gibt auch Webmaschinen, wo der Schussfaden mit einem feinen Luftstrahl oder Wasserstrahl von einer Seite durchgeblasen wird und am anderen Ende eingehängt wird. Bei schmalen Bändern kann der Faden mit einer Nadel durchgefädelt werden und auf der anderen Seite verhäkelt werden.
Das verwendete Verfahren hängt von der Breite der produzierten Gewebe ab. Möglich sind schmale Bandwebmaschinen bis Breitgewebe bis zehn Meter und mehr.
Durch das verschiedene Heben und Senken der Fäden entsteht die Musterung des Gewebes. Bei einfachen Geweben sind auf der Rückseite Rahmen, so genannte Schäfte, wo jeweils ein Teil der Fäden durch Litzen auf und abbewegt werden. Diese Schäfte werden durch Exzenter auf und ab bewegt. Bei komplizierteren Geweben wird die Jacquardmaschine verwendet, wo jeder Faden einzeln gehoben werden kann. Heute erfolgen die Steuerungen der Jaquardmaschinen natürlich vollelektronisch.
Damit das Gewebe nicht zu locker wird, schlägt jedesmal, wenn kein Schussfaden im Fach ist, ein Webkamm oder Riet das Gewebe zusammen.
Geschichte
Webstühle sind bereits aus dem Neolithikum bekannt und gehören damit zu den ältesten Maschinen der Menschheit.
Die ersten Webmaschinen waren die so genannten Bandmühlen, mit deren Hilfe im 16. Jahrhundert Bänder hergestellt wurden.
Der älteste Entwurf eines mechanischen Webstuhls stammt von 1678, kam aber nie zur Ausführung.
1728 verwendete ein Seidenweber aus Lyon gelochte Holzbrettchen zu Steuerung seiner Webstühle. Jacques de Vaucanson aus Grenoble entwickelte diesen einfachen Webstuhl zu einem mechanisch durch eine hölzerne Lochkarte gesteuerten Modell weiter (1745). Mit diesem Automaten war es erstmals möglich, gemusterte Stoffe herzustellen. Leider aber kam das Gerät nie über den Status eines Prototypen hinaus und wurde nie industriell eingesetzt. Fast zeitgleich, nämlich 1733 erfand John Kay den Schnellschützen, der die Webgeschwindigkeit verdoppelte.
Waren diese Webstühle noch immer handbetrieben, so fand Vaucanson eine Möglichkeit, dass man sie mit einem Göpel durch ein Pferd oder durch einen Esel betreiben konnte. Das Muster wurde durch eine Nockenwalze erzeugt.
1785 erfand Edmond Cartwright den vollmechanisierten Webstuhl. Durch diese Technik wurden sehr viele Arbeitsplätze vernichtet. Als Folge kam es zur Maschinenstürmerei und viele Webstühle wurden zerstört.
Joseph-Marie Jacquard aus Lyon verbesserte die Maschine 1805 entscheidend, indem er Vaucansons Steuerungstechnik in Cartwrights Maschinen einbaute. Von jetzt an spielte die Webmaschine eine entscheidende Rolle in der Textilindustrie und der industriellen Revolution. Die erste dampfbetriebene Webmaschine wurde im mittelenglischen Bradford gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingesetzt.
Diese Lochkartenwebstühle waren nicht nur einer der wichtigsten Beiträge zur Industrialisierung, sondern auch der Grundstein zur Entwicklung der Steuerungstechnik.
Neben der Spinnmaschine war die Erfindung der Webmaschine einer der wichtigsten Meilensteine der industriellen Revolution. Durch sie veränderten sich die Produktionsbedingungen entscheidend und ehemalige Heimarbeiterinnen mussten sich fortan als Fabrikarbeiterinnen ein Auskommen schaffen.
Webmaschinen veränderten jedoch nicht nur die soziale Realität der Menschen, sondern auch die Produkte selber: Die kunsthandwerkliche Gestaltung wurde durch technisch perfekte Muster ersetzt. Exklusive Luxusartikel wurden zu bürgerlichen Konsumgütern und Massenwaren.
Siehe auch: Textilindustrie, Industriegeschichte, Industrialisierung, Maschinenstürmer
Weblinks