Watten
Watten ist ein Kartenspiel, das hauptsächlich in Bayern, Österreich, der Schweiz und Südtirol gespielt wird.Vier Spieler(innen) nehmen daran teil, wobei zwei sich diagonal Gegenübersitzende ein Spielteam bilden. Es wird mit einem Bildblatt aus 32 oder 36 Karten gespielt, von denen jeder Spielteilnehmer fünf - einzeln gegeben - erhält. Ziel jedes Teams ist, pro Spiel damit drei Stiche zu erzielen (best of fife) und somit zu gewinnen.
Die drei höchsten Karten sind die "Kritischen": der "Max" (Herz-König), der "Belli" (Schell-7) und der "Spitz" (Eichel-7). Danach folgen die "Schläge", die vom ersten Spieler nach dem Geber angesagt werden. Es sind die Zahlen bzw. Höhen der Karten. Der Geber selbst sagt die stichwertig darunter liegende Farbe (die "Trümpfe") an, deren höchste das "As" vor den anderen Bildkarten und den noch darunter liegenden Zahlenkarten ist.
Jeder "Schlag" kann "Trumpf" stechen, ein ausgespielter "Schlag" kann nur vom "Hauptschlag" oder einem "Kritischen" gestochen werden. Hat ein Spieler alle drei "Kritischen" (so genannte Maschine) in seiner Hand, kann er aufdecken und automatisch 3 Punkte schreiben - er muss es aber nicht, wenn er hofft, durch Bluff-Technik 4 Punkte zu erreichen.
Vor dem Austeilen der Karten werden diese gemischt und vom hinter dem Geber sitzenden Spieler abgehoben, der die untere abgehobene Karte des Stapels für sich behalten darf, falls diese ein "Kritischer" ist (so genanntes Schlecken). Daraufhin hat der Geber das Recht, die nächstfolgende Karte anzusehen und ebenfalls zu entnehmen, wenn diese "kritisch" ist. Im seltenen Fall eines dritten darunterliegenden "Kritischen" steht der wieder dem Abhebenden zu. Verzichtet der Abhebende auf sein Entnahmerecht, ist dies auch für den Geber aufgehoben. Der Abhebende kann aber auch eine Karte, die nicht "kritisch" ist, als Bluff entnehmen. Werden aber alle fünf Spielzüge jenes Spiels ausgeführt ohne dass der Abhebende einen "Kritischen" vorgewiesen hat, kann dessen Team um 2 Punkte gestraft werden.
Die Karte, die sowohl "Schlag" als auch "Trumpf" ist, nennt man "Hauptschlag" und ist die vierthöchste Karte nach den "Kritischen". Ist der "Hauptschlag" die erste gespielte Karte eines Spiels, müssen alle Spielbeteiligten auf Aufforderung "Trumpf oder Kritisch", aber keine "Schläge" zugeben.
Ein einfach gewonnenes Spiel erbringt mindestens zwei Punkte, es kann aber zwischendurch von jeder Spielpartei auf "drei" und im Gegenzug von der anderen auf "vier" gesteigert werden, wobei die "angesteigerte" Partei "gehen" kann und der vorherig gültige Punktwert zu den bereits bestehenden notiert wird (meist auf einer Kreidetafel).
Bei Turnieren ist eine "Bohne" (= Gewinn einer Spielserie) in der Regel mit 11 Siegpunkten erreicht; eine neue Spielserie um eine "Bohne" beginnt. Wenn eine Partei mit dem nächstfolgenden 2-Punkte-Spiel eine "Bohne" für sich entscheiden könnte, hat das Team "ausgeschafft" und darf nicht mehr steigern. Das gegnerische Team dagegen erhält automatisch drei Punkte bei Sieg, sofern die führende Mannschaft nicht "geht" und damit kampflos zwei Punkte den Gegnern zugesteht.
Da die beiden Teamspieler anfangs ihre Karten gegenseitig nicht kennen, ist das "Deuten" selbiger durch Mimik und Gestik nicht nur erlaubt, sondern fester Bestandteil des Spiels. Dazu vereinbaren die Spielpartner vorher Geheimzeichen. Es darf auch geredet werden, etwa wer welche Karte des Gegners stechen (oder das versuchen) soll und was er vorspielt. Meistens übernimmt einer der beiden Teampartner die Spielführung (für ein oder mehrere Spiele). Wichtig ist, die Gegner dabei im Unklaren über die eigenen Karten zu lassen und gleichzeitig möglichst viel durch Beobachtung und Kombinationsgabe über deren Karten zu erfahren. Durch die Steigerungsmöglichkeit entsteht ein Bluffeffekt, der dem des Pokerns ähnlich ist.
Obwohl beim Watten nicht alle Karten ausgegeben werden, gilt es in Bayern aus traditionellen Gründen auch dann nicht als unerlaubtes Glücksspiel, wenn um Geldeinsätze gespielt wird. Im Gegenteil, Preiswatten sind sehr beliebt und werden von den Veranstaltern stark beworben.
Es gibt regional unterschiedliche Variationen des Watten, so dass es für auswärtige Spielteilnehmer ratsam ist, sich über etwaige Abweichungen zu informieren.
Entstanden ist das Spiel in der heutigen Form der Überlieferung nach in der Zeit der napoleonischen Kriege in Südtirol, als die miteinander verbündeten Franzosen und Bayern ihre Freizeit in den dortigen Feldlagern damit verbrachten.
Watten heißt auch eine Prosaerzählung des österreichischen Autors Thomas Bernhard.