Vukovar
Vukovar ist eine Stadt im Osten Slawoniens (Kroatien) mit ca. 31.000 Einwohnern. Es ist Hauptstadt der Gespanschaft Vukovar-Syrmien (kroatisch Vukovarsko-srijemska županija). Die Region um Vukovar an der Grenze zu Serbien war das am stärksten umkämpfte Gebiet während des kroatischen Unabhängigkeitskrieges 1991-1992. Bei der serbischen Belagerung wurde Vukovar zerstört.
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2 Bevölkerung 3 Geschichte 4 Wirtschaft 5 Medien 6 Sehenswürdigkeiten 7 Persönlichkeiten 8 Weblinks |
Die Stadt liegt an der Mündung des Flusses Vuka in die Donau. Die Altstadt liegt auf der linken Seite der Vuka und erstreckt sich am Fuße eines kleinen Hügels entlang, teilweise auch auf dessen Flanken.
Nach offiziellen Angaben leben in der Stadt Vukovar 57% Kroaten und 32% Serben. Einige der umliegenden Dörfer sind fast ausschließlich serbisch, die meisten jedoch kroatisch - auch wenn es bis zum 2. Weltkrieg teilweise deutsche Siedlungen waren. Weitere Minderheiten sind vor allem Ungarn und Ruthenen.
Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage sind viele Flüchtlinge bis heute noch nicht zurückgekehrt.
Die Stadt wird von ethnischer Separation beherrscht. Auch wenn es keine geographische Abgrenzung zwischen serbischen oder kroatischen Stadtteilen gibt, so kommen die Einwohner im täglichen Leben doch nur wenig miteinander in Berührung. Von den Schulen angefangen und bis hin zu Gaststätten sind die meisten Einrichtungen entweder explizit serbisch oder kroatisch.
Als Argument für separate Schulbildung wird von beiden Seiten meist das durch die Übernahmeverträge gesichterte Recht auf Bildung in der Muttersprache genannt. Angesichts der äußerst geringen Unterschiede zwischen Serbisch und Kroatisch sehen das aber andere als fadenscheiniges Argument, um die Trennung aufrechterhalten zu können.
Als in Jugoslawien noch Frieden herrschte, lebten in Vukovar 28 verschiedene Volksgruppen – 48 Prozent aller Ehen waren so genannte Mischehen.
Ende der 80er Jahre gab es zunehmende Spannungen zwischen Serben und Kroaten. Die Spannungen verstärken sich, als die antikroatische Propaganda aus Belgrad bei einem Teil der Serben auf fruchtbaren Boden fällt. Die Extremen unter ihnen bewaffnen sich, gehen in den umliegenden Dörfern in Stellung. Am 15. Juli ? 1991 kommt es hier zum ersten größeren Zusammenstoß zwischen kroatischer Polizei und serbischen Freischärlern, nachdem sich die Bewohner des serbischen Dorfes Borovo Selo weigern, die kroatische Fahne vor ihrem Gemeindeamt auszuhängen. Daraufhin schickt die kroatische Polizei ein Kontingent von Polizisten nach Borovo, welche aber in einen Hinterhalt gelockt und festgehalten werden. Angeblich kamen 15 Polizisten um. Dieser Zwischenfall gilt als der Beginn des Krieges in Kroatien. Aus Ferngeschützen fallen die ersten Schüsse auf das umzingelte Vukovar.
In den nächsten drei Monaten spielen sich dramatische Szenen ab. Bis zu 800 Granaten täglich, insgesamt sechs Millionen Geschosse, machen den Bewohnern das Leben in der umkämpften Stadt zur Hölle. Fast rund um die Uhr müssen die Menschen in Kellern ausharren. Der ununterbrochene Granatenhagel hindert sie daran, ihre Toten zu beerdigen. Die Verteidiger Vukovars – 800 Volksgardisten und Polizisten, dazu gut 1 000 Freiwillige, die noch nie eine Waffe in der Hand hatten – wehren sich gegen mehrere Tausend Tschetniks und Soldaten, die Vukovar mit Panzern, Flugzeugen und schwerer Artillerie in die Knie zwingen wollen.
Die Belagerung der barocken Donaustadt durch die jugoslawische Volksarmee dauerte 87 Tage und endete am 18. November 1991.
Erste Kriegsverbrechen
Bald darauf ereignet sich das erste Kriegsverbrechen im Balkankonflikt, dazu ein Auszug aus der "Allgemeinen Zeitung Mainz":
"Nach 87 Tagen geht den Verteidigern die Munition aus. Als die Soldaten am 18. November, einem Montag, in die fast völlig zerstörte Stadt einmarschieren, leben dort noch 2 000 Menschen. Das Krankenhaus, in dessen Kellerräumen Chefärztin Nevanka Brodarac während der Belagerung unter schwierigsten Bedingungen Operationen durchführte und Babys auf die Welt holte, wird zum Schauplatz eines brutalen Verbrechens.
''Über das, was dort am 20. November 1991 geschieht, wird es später unterschiedliche Versionen geben. Doch eins ist sicher: Mindestens 200 Menschen werden diesen Tag nicht überleben. Nach kroatischer Schilderung zerren Soldaten der Jugoslawischen Armee mehrere Hundert Patienten, Ärzte, Pfleger und Krankenschwestern aus der Klinik in Busse, verfrachten sie in eine Kaserne. Stundenlang prügeln sie auf ihre Opfer ein, setzen die Misshandlungen später auf einem Bauernhof nahe der Ortschaft Ovčara fort. Wer überlebt, wird wenige Kilometer entfernt auf einem Feld erschossen. Die Soldaten verscharren die Toten in einem Massengrab, verwischen alle Spuren.
Nach serbischer Lesart sind die Menschen, die an diesem 20. November bei Vukovar ihr Leben verlieren, keine Zivilisten, sondern Angehörige einer paramilitärischen Einheit, die sich im Krankenhaus verschanzt hatten. Die grausige Geschichte vom Massaker an wehrlosen Patienten wird von serbischer Seite meist als "Lügenmärchen der kroatischen Faschisten" abgetan. Vojislav Stanimirović von der Unabhängigen Demokratischen Serbischen Partei (SDSS) reagiert empfindlich auf Fragen nach dem Massaker.
"Sie wissen gar nicht, ob das wirklich passiert ist", herrscht er auf einer Pressekonferenz eine deutsche Journalistin an. Was mit den "Militäreinheiten" geschah, die in der Klinik Zuflucht gesucht hätten, "wissen wir besser", fügt er bedeutungsvoll hinzu."
Internationales Kriegsverbrechertribunal
Eine Zeit lang wird die Stadt zum Zentrum der serbisch besetzten Gebiete Ostslawonien und Baranja, und ein Großteil der kroatischen Bevölkerung flieht. Dagegen siedeln sich viele serbischen Flüchtlinge aus Bosnien und – nach 1995 mit der Rückeroberung der Krajina und Westslawoniens durch Kroatien – aus anderen Teilen Kroatiens an. Anders als jene Gebiete wurde Ostslawonien mit Vukovar nicht gewaltsam zurückerobert: Das Gebiet kommt 1995 unter provisorische UN-Verwaltung (UNTAES – United Nations Temporary Administration of Eastern Slavonia), um die friedliche Wiedereingliederung nach Kroatien vorzubereiten. Ab 1997 werden Rückkehrer zugelassen, und es kommt wieder zu Spannungen. 1998 wird das Gebiet in Kroatien eingegliedert, behält aber ebenso wie die Baranja, bestimmte Schutzbedingungen für die serbische Minderheit.
Die verantwortlichen Offiziere für das Krankenhaus-Massaker, Mile Mrkšić, Veselin Šljivančanin und Miroslav Radić, die so genannte "Vukovar-Trojka", wurden später vom Internationalen Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagt. Mrkšić und Radić stellten sich im Mai und Juni 2002, Veselin Šljivančanin wird im Juni 2003 festgenommen.
Vormals war es ein Zentrum der Industrie, vor allem Textil und Gummi (VUTEKS, BOROVO). Es ist ein wichtiger Donauhafen.
BOROVO war die größte Schuhfabrik im ehemaligen Jugoslawien, und hatte (1990) 21.000 Beschäftigte. Der Vorort Borovo Naselje gehört zu den am meist zerstörten Gegenden in Vukovar, und von dem einstigen Großbetrieb sind nur noch einige Hallen übrig, welche derzeit knapp 3.000 Personen einen Arbeitsplatz bieten. Es soll aber zu weiteren Kürzungen des unrentablen Betriebs kommen.
Ostslawonien ist ein sehr fruchtbarer Landstrich. So wundert es auch nicht, dass die ehemalige Agrargenossenschaft VUPIK, bekannt vor allem für ihre Weißweine, zu den bedeutendsten Unternehmen gehört. Es sind aber immer noch große Flächen vermint und somit für die Landwirtschaft unbrauchbar.
Zeitungen
Der Stadtkern von Vukovar ist ein Kleinod barocker Baukunst. Besonders hervorzuheben sind das Schloss der Grafen von Eltz und das Franziskanerkloster, welches seit 2000 auch wieder in neuem Glanz erstrahlt, fast protzig im Vergleich zum Rest der Stadt. Der Großteil der Stadt ist allerdings immer noch stark zerstört, und es wird mehr in oft dem Stadtbild nicht entsprechende Neubauten von Banken, Versicherungen und Einkaufszentren investiert als in die aufwendige Wiederherstellung der alten Bausubstanz.
Eine weitere "Sehenswürdigkeit" für Kriegstouristen ist das Mahnmal Ovčara an dem Ort wo serbische Nationalisten 1991 über 200 aus dem städtischen Krankenhaus entführte Zivilisten hinrichteten.
Zehn Jahre nach dem Krieg ist Vukovar eine Geisterstadt geblieben.
Seit der Wiedervereinigung mit Kroatien ist die Stadt ein Ziel für Schulklassen aus dem ganzen Land, welchen hier die Brutalität des Krieges, oft aber auch die Tragödie des eigenen Volkes vor Augen geführt werden soll.
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