Vorverfahren
Die Durchführung eines Vorverfahrens (umgangssprachlich auch Widerspruchsverfahren genannt) gemäß §§ 68 ff. VwGO ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage. Gemäß § 126 III BRRG (Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts - Beamtenrechtsrahmengesetz) muss ein Beamter vor jeder Klage aus dem Beamtenverhältnis ein Vorverfahren durchführen, auch wenn dies in der VwGO nicht vorgesehen ist.Das Vorverfahren, welches gemäß § 69 VwGO mit der Einlegung des Widerspruchs beginnt, dient der nochmaligen Überprüfung einer behördlichen Entscheidung durch eine Stelle der Verwaltung. Es ist statthaft, wenn der Bürger sich gegen einen Verwaltungsakt oder gegen die Ablehnung eines Verwaltungsaktes wehren will. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ist gemäß § 68 I 2 VwGO in bestimmten Fällen ausgeschlossen - nämlich in der Regel gegen Verwaltungsakte von obersten Bundes- oder Landesbehörden sowie gegen Widerspruchsbescheide.
Der Widerspruch muss gemäß § 70 VwGO innerhalb einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des angegriffenen Verwaltungsaktes oder nach Versagung des erstrebten Verwaltungsaktes eingelegt werden.
Der Widerspruch wird bei der Ausgangsbehörde, welche den Verwaltungsakt erlassen hat, eingelegt. Hält die Behörde den Widerspruch für begründet, hilft sie ihm ab, indem der angegriffene Verwaltungsakt aufgehoben bzw. der erstrebte erlassen wird. Sie hat damit auch die Funktion der Abhilfebhörde (siehe auch Abhilfe). Hilft sie dem Widerspruch nicht ab, legt sie den Widerspruch der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor, die einen Widerspruchsbescheid erläßt. Die Widerspruchsbehörde kann, etwa in Selbstverwaltungsangelegenheiten der Gemeinden und Kreise, auch mit der Ausgangsbehörde identisch sein. Wenn auch die Widerspruchsbehörde dem Widerspruch nicht stattgibt, kann Klage erhoben werden.
Weicht der Widerspruchsbescheid zum Nachteil des Widersprechenden vom Ausgangsbescheid ab, handelt es sich um eine reformatio in peius (lat., Verböserung).
Reagiert die Behörde auf den Widerspruch längere Zeit überhaupt nicht, kommt eine Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO in Betracht.
Umstritten ist, ob ein zu spät eingelegter Widerspruch bei sachlicher Entscheidung der Behörde geheilt ist. Dies hängt maßgeblich davon ob, worin der Zweck des Widerspruchsverfahrens gesehen wird. Nach einer Meinung liegt der Zweck vorrangig in der Entlastung der Gerichte. Da die VwGO zwingendes Prozessrecht beinhalte, könne die Behörde sich darüber nicht einseitig hinwegsetzen.
Die Rechtsprechung hingegen sieht in dem Vorverfahren primär eine Möglichkeit der Selbstkontrolle der Verwaltung: Ihr soll es erneut möglich sein, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit einer Entscheidung zu überprüfen. Hierdurch soll auch die Gerichtsbarkeit entlastet werden. Die Fristenregelung dient somit allein dem Schutz der Verwaltung; wenn sie auf diesen Schutz verzichtet, ist eine Verfristung des Widerspruchs geheilt.