Vier neue buddhistische Schulen
Dieser Artikel behandelt die Vier neuen buddhistischen Schulen der Kamakura-Zeit (1184-1333).
Table of contents |
2 Jōdō-Shū von Hōnen 3 Nichiren Daishōnins Erwiderung in der Risshō Ankoku Ron 4 Jōdō-Shin-Shū von Shinran |
Übersicht
Bei der Entstehung neuer buddhistischer Schulen in der Kamakura-Zeit (1192-1333), darf die herrschende Eschatologie, die Vorstellung von einer bevorstehenden Endzeit, (mappō) nicht unterschätzt werden. Denn in der Zeitschreibung des Buddhismus unterschied man drei Phasen: die erste, shōbō, war die Periode des „Wahren Gesetzes“, die bis zum 1000. Jahr nach Shakyamunis Tod reichen sollte. Dann käme zōbō, wiederum 1000 Jahre, eine Periode des „Verfälschten Gesetzes“ und schließlich mappō, die 10.000jährige Periode des „Letzten Gesetzes“. In der mappō-Zeit existiert nur noch die Lehre allein. Diese Phase sollte nach japanischer Zeitrechnung 1052 beginnen.
Der größte Teil der Bevölkerung Japans war deshalb beunruhigt, und suchte nach Wegen aus der Endzeit-Stimmung zu entfliehen, ihrem Leben und der Vorstellung vom Leben nach dem Tode ein Sinn zu geben.
Aufgrund des langsamen Niedergangs der Heian-Monarchie und der Erstarkung der Ritteraristokratie verloren auch die dem Kaiserhaus nahestehenden buddhistischen Schulen an Kraft und Macht, so die Shingon, die Tendai, aber auch die Nara-Klöster und nun konnten sich der Zen, die Jōdō-Schulen und die Hokke-Shū entwickeln.
Jōdō-Shū von Hōnen
Die „Reine Land-Schule“ stammt ursprünglich aus China, wo Schriften von dem indischen Mahayana-Buddhisten Nagarjuna (ca. 150-250 n. Chr.) entsprechend des Amida-Glaubens interpretiert wurden. Besonders die Kommentare von Vasubandhu bilden den Beginn der „Reinen Land-Schule“. Die Entwicklung der Jōdō-Doktrin ist vor allem durch eine freie (schöpferische) und selektiv vorgehende Lesart von buddhistischen Schriften entstanden, die sich völlig auf den Amida Buddha bezogen. Tanluan (Donran) entlehnte seine Theorie dem Unterschied zwischen dem Schweren und dem Leichten Weg wie er von Nagarjuna gelehrt wurde und identifizierte den Leichten Weg als den des Reinen Landes. Daochuo (Dōshaku) beschrieb den Weg des Reinen Landes für die mappō-Zeit als den einzig möglichen. Beide Religionsführer unterschieden den Weg der Selbsterleuchtung (jiriki) von dem der Fremderleuchtung (tariki). Shandao (Zendō) behauptete, dass alle Menschen und nicht nur Boddhisattwas in das Reine Land gelangen könnten. In der späten Heian-Zeit (794-1185) verbreitete sich eine volkstümliche Verehrungsform des Buddhismus in Form des Amida-Kultes. Aus ihr geht die Schule des Reinen Landes (Jōdō-Shū) später hervor. Aber auch die Shingon-Schule verehrte den Amida-Buddha.
Die Anfänge
Der Mönch Kūya (903-972) aus dem Tendai-Kloster predigte die erlösende Kraft des Amida (Amitabha) unter dem einfachen Volk, für das es bis dahin keine buddhistische Lehre gab, denn die Heian-Schulen des Shingon und des Tendai waren mit ihren komplizierten esoterischen Lehren für sie nicht verständlich.
Das bloße Anrufen des Amida (die Nembutsu-Formel: Namu Amida Butsu) stand im Vordergrund der neuen Bewegung. Wenn diese rezitiert würde, hieß es, würde der oder die Gläubige unweigerlich nach dem Tode im Reinen Land (Paradies des Westens „Jōdō“) wiedergeboren.
Ebenfalls ein Anhänger, Genshin (942-1017), gründete Gesellschaften, um Mönche und Laien und Adlige und Bauern zusammenzubringen. Inwieweit sich das verwirklichen ließ, ist nicht überliefert, jedoch gab es einige Anhänger unter der Kaiserfamilie und auch der Ritteraristokratie.
Das Nembutsu (Namensanrufung) wurde vom Mönch Ryōnin (1072-1132) in ritueller Form auch in den Tendai-Buddhismus eingeführt. Er gründete die Yūzū-Nembutsu-Sekte, welche unbedeutend blieb. Hier rezitierte er öffentlich das Nembutsu begleitet von tänzerischen Bewegungen.
In der Schrift Ōyōden (oder Ōjō Raisan von Zendō 613-681, Priester der Jōdō-Schule in China), „Die Legende von der Geburt im Reinen Land“, wird beschrieben, wie die korrekte Praxis des Amida-Glaubens auszusehen hätte:
- Lesen und rezitieren;
- meditieren;
- huldigen;
- den Namen anrufen;
- preisen und Opfer darbringen.
Glaubensdogmen
Der Glaube basiert auf drei frühen Schriften des Mahayana-Buddhismus über das Reine Land (die drei Sukhâvatîvyūha-Sutras: „Dreifaltiges Reines Land-Sutra: das Größere und das Kleinere Reine Land-Sutra und das Meditations-Sutra), die von Hōnen 1190 neu interpretiert wurden. Seine eigene Schrift „Senchaku hongan nembutsu shū („Sammlung von Aussagen über das Urgelübde und die Buddha-Anrufung“), kurz: Senchaku Shū von 1198 wurde zwar berühmt, aber auch stark kritisiert, vor allem übrigens von Nichiren Daishonin (siehe Risshō Ankoku Ron unten). Sie bildet die dogmatische Grundlage der Sekte.
Eigentlich konnte keine neue Sekte zur damaligen Zeit ohne Erlaubnis der alten Schulen (besonders der Ritsu-Schule in Nara, da sie die Priesterordinationen vornahm) und der Regierung gegründet werden. Hōnen tat dies trotzdem und forderte damit „Kirchen“ und den Staat heraus. Und er schwor sogar den bisher gültigen Richtlinien buddhistischer Klöster zur Errettung der Menschen ab.
Besonders die Tendai-Schule fühlte sich von Hōnen herausgeforderte, weil er das Prinzip des ichinen sanzen untergrub. Auch die mystischen Praktiken der Shingon-Schule verwarf er und zog sich ihre Wut zu.
Das Reine Land soll das Paradies darstellen: die Resistenz der Buddhas und Bodhisattwas in Abgrenzung zur unreinen, verschmutzen Menschenwelt (Samsara).
Während die mappō-Welt ohne die Führung des historischen Buddhas Shakyamuni verbleiben muss, verspricht das Reine Land dauernde Anwesenheit des mit Weisheit und Ewigkeit ausgestatteten Buddha Amida (Amitabha: Ewiges Licht; Amitayus: Ewiges Leben), heißt es in seiner Lehre. Amida wird außerdem als mit großem Mitleid für die Menschen ausgestattet charakterisiert. In einem Schwur sollte Amida vor seiner Buddha-Werdung versprochen haben: „Ich wünsche, dass alle Lebewesen in meinem Reinen Land (Jōdō) wiedergeboren werden. Ich warte mit meiner Buddhaschaft, bis ich nicht auch denjenigen Menschen erlösen konnte, der meinen Namen nicht weniger als zehn Mal angerufen hat.“ Dieser „Leichte Weg“ (igyōdō) soll von nun an der Weg der Jōdō-Shū werden.
Hōnen berichtete in seiner Schrift Senchaku Shū auch von einem Traum, in dem ihm Zendō erschienen war, um ihm den Auftrag zu gegen, die Lehre vom Nembutsu als die einzig wahre zu verbreiten. Die Schrift besteht aus 16 Kapiteln, jedes davon ist so konzipiert, dass er Zitate aus den drei Elementarsutren des Reinen Landes (s.o.) mit eigenem Kommentar und Erwiderung versah und auf hypothetische Fragen und Kritikpunkte, die er selbst aufstellt auch selbst antwortet. Er erkennt das Dai muryōju kyō (Größeres Sukhâvatîvyūha-Sutra), das Kammuryōju (Amitâyurdhyâna-Sutra) und das Amidakyō (Kleinere Sukhâtîvyūha-Sutra) als das dreifältige Schrifttum der Reinen Land Schule an, und die Äbte Donran, Dōshaku und Zendō als die Hauptpatriarchen. Allein das Nembutsu reiche aus, und der Amida-Buddha sei der wahre Buddha.
Doch seine Vorgänger hatte geschrieben, es gebe zwei Wege, um die Gebundenheit des Lebens, das Leiden und den Tod zu überwinden (Samsara-Welt):
- Indem man sich bemühte, ein reines Leben zu führen und die Erleuchtung zu erlangen
- oder Vertrauen in das Gelöbnis zu Amida-Buddha zu legen, damit er einen in das Reine Land hole.
In der Senchaku Shū steht: „Der chinesische Priester Tao-ch’o unterschied zwischen den Shōdō- oder den Lehren vom heiligen Weg und der Jōdō- oder den Lehren vom reinen Land und drängte die Menschen, die ersten aufzugeben und die letzteren sofort anzunehmen. Zu allererst ist zwischen zwei Arten der Lehren vom heiligen Weg (Mahayana und Hinayana) zu unterscheiden. Davon ausgehend können wir annehmen, dass die esoterischen Mahayana-Doktrine der Shingon und die Lehren des wahren Mahayana des Lotos-Sutra beide im heiligen Weg eingeschlossen sind. Wenn dem so ist, dann sind die heutigen Sekten Shingon, Zen, Tendai, Kegon, Sanron, Hossō, Jiron und Shōron, alle diese 8 Schulen im heiligen Weg eingeschlossen der aufgegeben werden soll.“
„Der chinesische Priester Shan-tao (Zendō) unterschied zwischen korrekten und falschen Ausübungen und drängte die Menschen, erstere anzunehmen und letztere aufzugeben. Über die erste der falschen Ausübungen, das Lesen und Rezitieren von Sutras, sagt er, dass das Annehmen und Rezitieren aller Sutras - seien sie nun Mahayana oder Hinayana, exoterisch oder esoterisch - als falsche Ausübung zu betrachten sei, mit Ausnahme der Rezitation des Kammuryōju-Sutra und der andern Sutras des reinen Landes. Über die dritte der falschen Ausübungen die der Verehrung, sagt er, mit Ausnahme der Verehrung Amida Buddhas sei die Verehrung oder Anbetung jedes anderen Buddhas, Bodhisattvas oder jeder anderen Gottheit der himmlischen und menschlichen Welt als falsche Ausübung zu betrachten. Im Lichte dieses Abschnittes wird deutlich, dass man solche falschen Ausübungen aufgeben und sich auf die Lehre des reinen Landes konzentrieren soll. Welchen Grund sollten wir haben, die korrekte Ausübung der Lehre des reinen Landes aufzugeben, die sicherstellen, dass von 100 Menschen alle 100 im westlichen Paradies wiedergeboren werden und statt dessen an den verschiedenen irrigen Ausübungen und Verhaltensweisen festhalten, die nicht einmal einen Menschen von 1000 retten können? Anhänger dieses Weges sollten sorgfältig hierüber nachdenken.“
„In der Jōgen Nyūzō Roku (eine Liste der Sutras, die der Priester Yüan-chao angefertigt hatte) finden wir Aufzeichnungen darüber, dass von den 600 Bänden des Daihannya-Sutra (Großes Weisheits-Sutra) bis zum Hōjōjū-Sutra die exoterischen und esoterischen Sutras des Mahayana-Buddhismus insgesamt 637 Werke in 2 883 Bänden umfassen. All diese sollten jetzt durch das Rezitieren des einzigen Mahayana-Satzes (das Nembutsu) ersetzt werden. Ihr solltet verstehen, dass der Buddha entsprechend der Kapazität seiner mannigfaltigen Zuhörer eine Zeitlang die beiden Methoden der konzentrierten Meditation und der unkonzentrierten Methode (siehe Fußnote 47) lehrte. Aber später, nachdem er seine eigene Erleuchtung offenbart hatte, hörte er auf, diese beiden Methoden zu lehren. Die einzige Lehre, die, wenn einmal enthüllt, immer weiter gelehrt werden soll, ist die eine und einzige Doktrin des Nembutsu.“
„Wenn jemand den Leiden von Leben und Tod schnell zu entkommen wünscht, sollte er sich mit den beiden überlegenden Lehren konfrontieren und dann all jene aufgeben, die falsch sind und seine ganze Aufmerksamkeit denen widmen, die korrekt sind.“ Nichiren Daishōnins Erwiderung in der Risshō Ankoku Ron