Verhandlungsgrundsatz
Der
Verhandlungsgrundsatz (neuerdings auch:
Beibringungsgrundsatz) ist eine
Prozessmaxime, die im
Zivilprozess vorherrscht.
Während das
Gericht die Tatsachen (den
Sachverhalt) nicht kennt, muss es aber das Recht kennen (
"Iura novit curia"). An die Rechtsausführungen der
Parteien ist das Gericht nicht gebunden, an die Tatsachen, die von den Parteien vorgebracht werden, sehr wohl. Von sich aus kann das Gericht die Tatsachen nicht verlangen. Im
Strafverfahren gilt statt des Verhandlungsgrundsatz die
Inquisitionsmaxime (auch: "Untersuchungsgrundsatz"). Die vorgebrachten Tatsachen sind zu beweisen, wenn sie von der gegnerischen Partei bestritten werden.
Teilweise ist aber auch im Zivilprozess die Prüfung von Tatsachen von Amts wegen vorzunehmen. Nämlich dann, wenn über unverzichtbare Prozessvoraussetzungen oder die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen zu entscheiden ist. Diese Prüfung fußt jedoch auf den vorgebrachten Tatsachen der Parteien, sodass es sich hierbei nicht um eine Grundsatzverschiebung zugunsten des Untersuchungsgrundsatzes handelt. Historisch ist der Verhandlungsgrundsatz auf die bürgerlich-
liberale Werteordnung des beginnenden 20. Jahrhunderts zurückzuführen. Seit der Machtergreifung der
Nationalsozialisten ist diese Grundlage des Prozessrechts kontinuierlich zurückgedrängt worden. Mit ihr kam am
27. Oktober 1933 die Wahrheitspflicht der Parteien (§ 138
ZPO) ins Gesetz. Zweck der Regelung ist der Schutz der gegnerischen Partei, wodurch falsche Eingeständnisse zugunsten der gegnerischen Partei durchaus das Gericht binden.
Literatur
Othmar Jauernig, Verhandlungsmaxime, Inquisitionsmaxime und Streitgegenstand. Mohr Siebeck 1967
Rechtshinweis