Verfassungsgerichtsbarkeit
Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist ein besonderer Zweig der Gerichtsbarkeit. Er wird in Deutschland durch das Bundesverfassungsgericht und in den Ländern durch die Landesverfassungsgerichte bzw. die Staatsgerichtshöfe ausgeübt.
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2 Zuständigkeit 3 Rechtszug |
Geschichte
Eine Verfassungsgerichtsbarkeit wurde bereits 1610 im Vereinigten Königreich gefordert, als vor Gericht fraglich wurde, ob Parlamentshandlungen (also Gesetze im formellen Sinn), die gegen Rechtsgrundsätze verstoßen, der gerichtlichen Kontrolle unterworfen seien, die sie daraufhin für nichtig befinden könne. Im Sinn des britischen Richters Sir Edward Coke lag die Bindung der Legislative an die Verfassung (bzw. an bestimmte Rechtsgrundsätze) - ("The Bonham Case"). Durchsetzen konnte sich diese Haltung jedoch in Großbritannien nicht. Dagegen wurde dieses Verfassungsverständnis in den amerikanischen Kolonien übernommen und in der Amerikanischen Verfassung von 1787 betont.
Der amerikanische Supreme Court stellte im Jahr 1803 fest, dass er befugt sei, Gesetze als verfassungswidrig und nichtig zu erklären (sog. Verwerfungskompetenz). Damit war das Institut der Normenkontrolle aus dem Fall geboren. Diese Durchbrechung der Gewaltenteilung ist durchaus auch auf Kritik gestoßen
In Deutschland enthielt die Paulskirchenverfassung bereits die Grundlage einer Verfassungsbeschwerde. Mit Restauration des Reiches blieb eine Verfassungsgerichtsbarkeit bis zur Weimarer Republik eine Idee. Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 sah eine Verfassungsgerichtsbarkeit in Form eines Reichsstaatsgerichtshofes vor. Er war jedoch nur für Streitigkeiten zwischen dem Reich und den Ländern zuständig.
Erst nach dem zweiten Weltkrieg wurde mit dem Bundesverfassungsgericht eine echte Verfasungsgerichtsbarkeit geschaffen.
Zuständigkeit
Das Bundesverfassungsgericht ist nur für einen enumerativen - abschließenden - Katalog von Angelegenheiten zuständig (§ 13 BVerfGG). Wichtigste Einrichtung ist die Verfassungsbeschwerde, die einen Anteil von 90% aller Verfahren vor dem Bundesverfassungsf´gericht einnimmt. Mit der Elfes-Entscheidung hat sich das Bundesverfassungsgericht selbst eine erhebliche Kompetenz (ähnlich der Entscheidung des Supreme Courts im Fall Madison v. Marbury) zur Prüfung von Grundrechtsverletzungen eingeräumt. Neben die Verfassungsbeschwerden kann noch die Kommunalverfassungsbeschwerde gestellt werden, die eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts von Kommunen rügt.
Ferner sind Normenkontrollen zu nennen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der konkreten Normenkontrolle (ein Gericht hält eine anzuwendende Norm für verfassungswidrig und legt dem Bundesverfassungsgericht die Norm zur Prüfung vor) und der abstrakten Normenkontrolle (auf Antrag von Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittel des Bundestages wird die Norm ohne konkreten Anlass überprüft).
Die Organstreitigkeiten zwischen den Bundesorganen sind vor dem Bundesverfassungsgericht zu führen.
Streitigkeiten verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern bzw. einem einzelnen Land wie auch die öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Ländern untereinander sind vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen.
Von geringerer Bedeutung in der deutschen Verfassungsgerichtsbarkeit sind die Verwirkung von Grundrechten, die Parteienverbote, Wahlprüfungen, Präsidentenanklagen und Anklagen gegen die Bundesrichter.
Rechtszug
Die Verfassungsgerichtsbarkeit kennt keine Instanzenen. Zwar ist es denkbar, gegen die Entscheidungen eines Landesverfassungsgericht das Bundesverfassungsgericht und schließlich auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen, dennoch stellt die Verfassungsgerichtsbarkeit keine Superrevisionsinstanz für die Verfahren der übrigen Gerichtsbarkeiten (Fachgerichtsbarkeit) im Rahmen der Verfassungsbeschwerde dar.
Siehe auch: Gerichtsverfassung, Grundgesetz, Recht, Rechtswissenschaft, Hauptseite Recht
Rechtshinweis