Veda
Mit Veda ("Wissen") werden im Hinduismus die Heiligen Schriften bezeichnet. Im weiteren Sinne gehören dazu sowohl die Texte der Shruti (von Rishis "Gehörte" Texte, also Offenbarung) als auch der Smriti ("Erinnertes", der weltlichen Tradition zugehörige Texte). Unter Veda im engeren Sinne versteht man lediglich die vier Samhitas ("Sammlungen"), die den Kern der Shruti bilden:- der Rig Veda Samhita,
- der Sama Veda Samhita,
- der Yajur Veda Samhita und
- der Atharva Veda Samhita
Der Rig Veda enthält 1028 Hymnen in zehn Liederkreisen ("Mandalas") mit insgesamt über 10.000 Versen ("rc", daher der Name), der Sama Veda (saman = "Melodie") umfasst fast ausschließlich Verse aus dem Rig Veda, die nach liturgischen Gesichtspunkten anders angeordnet sind. Der Yajur Veda ist in zwei Fassungen überliefert, dem "schwarzen" (krishna) und dem "weißen" (shukla) Yajurveda. Er ist in Prosa geschrieben und enthält hauptsächlich Mantras (yajus = "Opferspruch"). Der Atharva Veda überliefert neben altem auch jüngeres Material als die anderen Veden, in ihm finden sich viele Zaubersprüche und magische Hymnen.
Die ersten drei Veden werden nach indischer Tradition auch als "Dreifaches Wissen", trayî vidyâ, bezeichnet, der Atharva Veda wurde erst später mit ihnen gleichgestellt. Nach westlicher Schätzung geschah dies vielleicht im 3. Jh. v. Chr., als der Atharva Veda Samhita seine feste Form erhielt. Die drei anderen Veden wurden bereits früher kanonisiert, man nimmt eine Entstehungszeit von ca 1500-900 v. Chr an. Im Hinduismus glaubt man, dass die Texte noch ein paar Tausend Jahre älter sind.
Sie wurden lange Zeit mit erstaunlicher Präzision mündlich überliefert, da es sich um Heilige Texte handelt. Erst um das 5. nachchristliche (!) Jahrhundert wurden sie niedergeschrieben. Noch heute gibt es Brahmanen, die die Veden auswendig können.
An die vier Samhitas schließen sich weitere Texte an, die auch zur Shruti (und damit zum Veda im weiteren Sinne) gehören: die Brâhmanas, Prosatexte, die eine Opfertheologie entfalten, Âranyakas ("Waldtexte"), mystische Geheimlehren, die nicht im Dorf, sondern im Wald gelehrt werden mussten, weil sie zu geheim und gefährlich waren, und die Upanishaden ("nahe beieinander sitzen"), philosophische Spekulationen, die ebenfalls geheim waren, und für die Lehrer und Schüler daher zusammenrücken sollten. Im Westen wird davon ausgegangen, dass diese Texte zwischen 900 und 500 v. Chr. entstanden sind.
Zur Smriti schließlich zählen die Vedângas ("Glieder des Veda"), das sind Hilfswissenschaften zum Verständnis und zur korrekten Überlieferung des Veda (Grammatik, Metrik, Etymologie), außerdem Leitfäden der Opferwissenschaft (Astrologie, Mathematik/ Geometrie, Handbücher zu öffentlichen und häuslichen Riten, Rechtsvorschriften). Die einzelnen Texte werden als Sutras und Puranas bezeichnet.