Valles Marineris
Valles Marineris (lat. Valles = Tal, Marineris = benannt nach den Marssonden "Mariner") ist eine der imposantesten Strukturen der Marsoberfloberfläche, ein gewaltiges Talsystem, das sich knapp südlich des Äquators über 5000 km von Ost nach West durch das alte Hochland erstreckt. Auf der Erde könnte man in einem solchen Tal von Gibraltar nach Moskau oder einmal quer durch die USA wandern, ohne den Talboden zu verlassen. Die Valles Marineris erinnern an den Grand Canyon in Arizona (1.600 Meter tief, 30 km breit), entziehen sich mit einer Tiefe von bis zu 8.000 Meter und einer Breite von bis zu 600 km aber jedem Vergleich mit ihm und haben auch eine ganz andere Entwicklungsgeschichte hinter sich.Die Schluchten nehmen ihren Anfang im Osten, in den chaotische Gebieten, die als Quellen der Ausflusstäler gelten. Hier liegen die Täler Capri Chasma und Eos Chasma, deren Böden mit Gesteinsbrocken übersät sind. Chasma bedeutet "Schlucht" und bezeichnet die Teilgebiete der Valles Marineris. Nach Westen schließt sich Coprates Chasma an, ein relativ einfacher breiter Graben mit ebenem Boden. In diesem östlichen Teil der Valles Marineris sind die Talwände vorwiegend von sogenannten "spur-and-gully" Erosionen geprägt, was so viel wie "Grat und Talbecken" bedeutet. Steile Gratrücken (spurs) ziehen sich vom Hochland zum Talboden und wechseln sich ab mit rinnenähnlichen Einstürzen (gullys).
In der Mitte des Talsystems liegen Ophir, Candor und Melas Chasma. Dies ist die breiteste und hügeligste Stelle des Valles Marineris. Viele der Talwände hier sind eingestürzt, wobei halbkreisförmige Abbruchkanten entstanden. Weiter nach Westen erstrecken sich parallel zueinander Tithonium und Ius Chasma. Besonders in Ius Chasma sind die Talwände von vielen kurzen Spalten eingeschnitten. Noch weiter westlich enden die Gräben schließlich im Noctis Labyrinthus, dem "Labyrinth der Nacht", einem verzweigten System von flacheren Canyons.
Zur Entstehung der Valles Marineris gibt es viele Theorien. Diejenigen, die sich auf Erosion beziehen, also dass Wasser, dass Wind oder Eis die Schluchten ausgeschnitten hätten, werden allerdings für weniger wahrscheinlich gehalten, da hierbei andere Formen entstehen (siehe die großen Ausflusstäler). Wahrscheinlich ist eher ein tektonischer Ursprung der Abgründe. Die Valles Marineris wären dann zum Beispiel mit dem Roten Meer vergleichbar, das als Graben zwischen der auseinander divergierenden afrikanischen und arabischen Platte entstanden ist. Auf dem Mars gibt es aber keine Plattentektonik wie auf der Erde, die für Grabenbildung verantwortlich ist. Es kann aber kein Zufall sein, dass sich nicht weit von Noctis Labyrinthus das größte Vulkanzentrum des Mars befindet: Das Tharsis Hochland (siehe: Vulkanismus). Beim Aufwölben des Vulkanmassivs vor ca. 3,8 Milliarden Jahren könnten zunächst kleinere Risse entstanden sein, die sich dann bis vor 3,5 Milliarden Jahren zu einem großen Bruchsystem formten. Wie bei einem Luftballon dehnte sich die Marskruste aus, bis auf den Unterschied, dass sie nicht elastisch ist, und so auf andere Weise - eben durch die Grabenbildung - Ausgleich schaffen musste.