Ullstein-Verlag
Der Ullstein-Verlag wurde 1877 von Leopold Ullstein in Berlin gegründet. Im Ullstein Verlag erschienen u.a. die heute noch bestehende Berliner Morgenpost. 1956 erwarb Axel Springer eine 26-prozentige Beteiligung am Verlag, die er 1960 auf 83 Prozent ausweitete und damit den Ullstein-Verlag vollständig kontrollierte.
Verlagsgeschichte
Der 1826 geborene Papiergroßhändler Leopold Ullstein erwarb 1877 das „Neue Berliner Tageblatt“, eine Abspaltung des großbürgerlich-liberalen „Berliner Tageblattes“ von Rudolf Mosse, zu dessen Autoren so profilierte Journalisten wie der Feuilletonist Alfred Kerr und Theodor Wolff, nach dem heute einer der bedeutendsten deutschen Journalistenpreise benannt ist, gehörten.
Als 1904 „Neue Berliner Tageblatt“ und Berliner Zeitung verschmolzen, war die Grundlage eines neuen Zeitungstyps in Deutschland gelegt: Die Berliner Zeitung am Mittag (BZ) gilt als erstes Boulevardblatt Deutschlands. Schon 1891 hatte Ullstein eine bis dahin in Deutschland nicht gekannte Presse-Spezies geschaffen: die „Berliner Illustri(e)rte Zeitung“. Mit vielen Zeichnungen und Fotos versehen wandte sie sich besonders an Frauen, begeisterte aber auch deren Männer mit Love and Crime-Stories. Ullstein vollzog hier erste Schritte zur „Amerikanisierung“, denn auch wirtschaftlich orientierte er sich beispielsweise durch die schrittweise Einbindung seiner fünf Söhne in das Unternehmen an dortige Gepflogenheiten.
Den Söhne gelang kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein weiterer beachteter Coup: Die Übernahme der 210 Jahre vorher gegründeten Vossischen Zeitung („Alte Tante Voss“), die als seriöse Blatt galt, sich eines gepflegten Stils annahm und besonders ihre Zielgruppe im Beamtentum und bei Intellektuellen hatte. Sie galt innenpolitisch als der Demokratischen Partei nahestehend, während die 1898 gegründete Berliner Morgenpost sich eher gut mit den Sozialdemokraten stand. In Ullstein sen. Todesjahr 1899 hatte die „Morgenpost“ auf dem wie heute hart umkämpften Berliner Pressemarkt bereits rund 160000 Abonnenten. Die zahlten ihre Zustellgebühr entgegen der Gepflogenheiten nicht monatlich, sondern wöchentlich und erhielten dafür Quittungen, die aus Bilderserien bestanden und gerade bei den Kindern sehr beliebt waren.
Die Mopo pflegte eine sehr große Leserbindung auch durch intensive Nutzung von Leserumfrage und -diskussionen sowie Kolumnen mit Berliner Schnauze. Ein Mitarbeiter, der sich damals um die naturwissenschaftliche Volksaufklärung verdient gemacht hat, war der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Astronom Bruno H. Bürgel.
Am 10. April 1927 erschien erstmals „Die Grüne Post“. Die Sonntagszeitung für Stadt und Land“ war ursprünglich für die Landbevölkerung konzipiert. Das Wochenblatt erfreute sich jedoch schon bald großer Beliebtheit unter allen Bevölkerungsschichten und erreichte Auflagen vom über eine Million. Chefredakteur war anfangs Ehm Welk, der als Schriftsteller durch seine „Heiden von Kummerow“ bekannt wurde. Unter dem Pseudonym Thomas Trimm schrieb er einen Leitartikel, der den Titel „Herr Reichsminister– ein Wort bitte!“ Joseph Goebbels ließ ihn feuern, Welk kam zeitweise ins KZ Oranienburg und erhielt nach seiner Freilassung Berufsverbot.
„Die Grüne Post“ wurde später zum Vorbild für die im Osten Deutschland Kultcharakter habende Wochenpost. Weitere damals zum Ullstein-Konzern gehörende Zeitschriften waren das als etwas snobistisch-mondän geltende Blatt „Die Dame“, das Magazin „Uhu“, „Der heitere Fridolin“, eine Kinderzeitschrift, und die populärwissenschaftliche „Koralle“.
Die Familie Ullstein musste sich während der Nazidiktatur von ihrem Unternehmen trennen, das später als Deutscher Verlag firmierte. Ab 1937 erschienen hier die „Deutsche Allgemeine Zeitung“, „Signal“, „Das Reich“ und „Der Panzerbär“.
Über die Stationen Verlag Druckhaus Tempelhof, wo weitere Berliner Zeitungen über Lohndruckverträge produziert wurden, und Ullstein AG kam es über eine 26-Prozent-Beteiligung 1956 drei Jahre später zur Übernahme der Aktienmehrheit durch Axel Springer. Später baute Springer unmittelbar an der Mauer, die Berlin seit 1961 durchzog, im alten Zeitungsviertel, in dem einst Ullstein residierte, sein Verlagshaus Kochstraße, das 1966 eröffnet wurde.