Trinkkultur
Unter Trinkkultur versteht man das je nach Kulturraum "richtige" und ritualisierte Zubereiten, Darbieten und Geniessen von Getränken. Dazu zählen auch alle bereitgestellten Hilfsmittel (Geschirr, Besteck) und die angemessene Ausstattung der Räumlichkeiten.In vielen Regionen der Welt existiert nicht nur eine Esskultur, sondern auch die Einnahme von Getränken ist mit bestimmten Ritualen oder Zeremonien verbunden. So wird die Trinkkultur in bestimmten Gesellschaften zu einem wichtigen Kulturträger.
Die verschiedenen Ausprägungen der Trinkkultur kann man nach den damit verfolgten Zielen kategorisieren.
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2 Sozialverstärkung 3 Religiöses Erleben |
Hierzu zählen alle Maßnahmen, Hilfsmittel und Raumausstattungen, die dem Zweck dienen, den Genuss der Flüssigkeitsaufnahme zu maximieren. So bieten viele Getränke schon bei der Herstellung die Möglichkeit, durch Sorgfalt und Know-how den Genuss zu verbessern, wobei die eigentliche Herstellung (Anbau von Tee und Kaffee, Keltern von Wein, Brauen von Bier etc.) nicht im engeren Sinn zur Trinkkultur gehört.
Das Zubereiten und Servieren wird jedoch sehr wohl dazugerechnet. Hochentwickelt ist die Kunst des Teekochens und Kaffeeaufbrühens. Ein weiteres Beispiel ist die Degustation von Weinen, inklusive Darbietung im richtigen Glas etc. oder die Kulte, die sich rings um den schottischen Whisky gebildet haben. Auch die Rituale und Legenden, die sich im Kanton Jura und Neuenburger Jura um den Genuss von Absinth gebildet haben, gehören zur Trinkkultur in diesem Sinne.
In der Disko-Szene des 20. Jahrhunderts entstand eine Form des Tequilatrinkens, bei der Salz und Zitronensaft eine besondere Rolle spielen.
Noch vor wenigen Jahrzehnten warben Gaststätten mit der Formulierung "gepflegte Getränke", was sich nicht nur auf das fachgerechte Zapfen von Bier ("Ein gutes Pils braucht sieben Minuten.") bezogen hat.
Eine entwickelte Trinkkultur stellt die alltägliche Flüssigkeitsaufnahme in den Dienst einer höheren Sache, zum Beispiel in die Pflege der Sozialbeziehungen der gemeinsam Trinkenden (siehe auch Ritual). Alkoholische Getränke werden hier oft als besonders wirksam erachtet. Die einfachste Form ist das "Zuprosten" und zeitgleiche Trinken, zu zweit oder in größeren Gruppen, oft nach einer Ansprache (engl. toast), auf das gegenseitige Wohl oder auf einen oder mehrere Dritte.
Im deutschsprachigen Raum hat sich die ausgeprägteste Form von sozialverstärkender Trinkkultur bei den Studentenverbindungen erhalten, die im Laufe des 19. Jahrhunderts aus dem zwanglosen abendlichen Essen, Trinken und Rauchen die mehr formellen Veranstaltungsformen Kneipe und Kommers entwickelt haben. Eine besonders ritualisierte Form des Zutrinkens ist der Schoppensalamander, der auf eine Trinksitte vermutlich des 18. Jahrhunderts zurückgeht.
Typisch für die Entwicklung der Studentenverbindungen in Deutschland besonders in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind geschriebene Bier-Comments, die das Trinkverhalten auf der Kneipe im Detail regelten - bis hin zu strengen Sanktionen bei Fehlverhalten. Jugendlicher Übermut führte dabei auch zur Entwicklung des noch heute vielfach durchgeführten "Bierjungen".
Weitere Beispiele für Trinkkultur in diesem Sinne sind die Japanische Teezeremonie oder die Englische Tea Time, die durchaus mit dem deutschen nachmittäglichen "Kaffeetrinken" verglichen werden kann, besonders wenn es anlässlich einer Feier ausgerichtet wird.
Trinkkultur wird nicht nur zur Verbesserung der menschlichen Beziehungen eingesetzt, viele Kulturen versuchen sogar, durch Trinkrituale dem Göttlichen näher zu kommen. Der gläubige Christ zum Beispiel spürt beim Abendmahl mit Brot und Wein die Gegenwart von Jesus Christus.
Viele Religionen nutzen die psychoaktive Wirkung des Alkohols (aber auch anderer, nichtflüssiger Drogen), um religiöse Erfahrungen zu machen. Ausgangspunkt dieser Ansätze ist die Vorstellung, dass die bewusstseinsverändernde Wirkung dieser Drogen ein Tor zum Übersinnlichen öffnet.
Siehe auch: Schamane, Schamanismus, Met, SymposionGenussoptimierung
Sozialverstärkung
Religiöses Erleben