Teje
Zweifellos kann die Große Königliche Gemahlin Teje an der Seite von Amenhotep III als eine der bedeutensten Gestalten der Amarna-Zeit gesehen werden und ihr Leben ist die Geschichte einer beispiellosen Karriere. Als Tochter eines Provinzbeamten, gelante sie bald zu großem Einfluss und stieg schließlich zur ranghöchsten Frau des Reiches auf. Wie ihr Gemahl Amenhotep III. letztlich auf sie aufmerksam wurde, können wir heute nicht mehr nachvollziehen, aber was kann ihn dazu bewogen haben, mit den Traditionen zu brechen und statt einer standesgemäßen Gemahlin, wie etwa einer seiner Schwestern, eine Bürgerliche zu heiraten? Die Vermutung, es könnte sich hier um eine einzigartige Liebesgeschichte handeln, scheint aus dieser Sicht gar nicht so weit hergeholt zu sein.
Fakt ist, dass schon die Vermählung Amenhotep III. mit ihr zu einem großen Spektakel avancierte: Eine Vielzahl an aufwendigen Skarabäen als eine Art Hochzeits-Dokument, auf denen die Namen von Amenhotep und seiner Teje eingraviert waren, wurden in ganz Ägypten und den Nachbarländern verteilt. Selbst die Namen von Tejes Eltern Juja und Tuja wurden auf diesen Skarabäen erwähnt, was ebenfalls in dieser Form noch nie geschehen war. Ob es Teje war, die ihren Eltern wichtige Stellungen bei Hofe verschaffte, oder aber ihre Eltern bereits bei Hof bekannt waren und daher ihre Tochter dem Thronfolger bekannt gemacht wurde, können wir heute leider nicht mehr nachvollziehen, aber als ihre Eltern starben, wurden sie mit reichen Grabbeigaben und - was ebenfalls äußerst ungewöhnlich ist – im Tal der Könige beigesetzt.
Alle Dekrete von Amenhotep III. wurden nicht nur in seinem Namen, sondern auch dem seiner Gemahlin veröffentlicht, was ebenfalls einen Vorgang darstellt, der in der Vergangenheit mit nichts vergleichbar war. Zusätzlich gibt es auch eine Reihe von außergewöhnlichen Darstellungen dieser Königin in Form von Statuen und Reliefs. Durch die Amarna-Briefe wissen wir auch, dass Teje wie keine Königsgemahlin vor ihr in alle diplomatischen Vorgänge eingeweiht war sowie starken aktiven Anteil an der Politik nahm und sogar selbsttätig mit befreundeten Herrschern korrespondieren konnte. Besonders erwähnenswert und aufschlussreich sind dabei die Briefe, die der Mitanni-König Tuschratta nach dem Tode von Amenhotep III. an dessen Nachfolger Echnaton richtete. Tuschratta weist darin nicht nur auf die guten Beziehungen mit Echnatons Vater, sondern auch auf die Rolle der Teje im diplomatischen Verkehr hin:
''“Alle Worte, die ich zu deinem Vater sprach, sind deiner Mutter bekannt. Niemand sonst kennt sie, aber du kannst deine Mutter Teje nach ihnen fragen."''
Diese Erwähnung deutet nicht nur darauf hin, dass Teje über die politischen Verhältnisse genauestens informiert war, sondern auch vielleicht sogar die einzige, die alle Zusammenhänge kannte. Manche Ägyptologen, wie etwa Flinders Petrie, gehen sogar so weit, in den Texterwähnungen der Amarna-Briefe, einen Hinweis auf eine Art Regentschaft von Teje für ihren Sohn nach dem Tode von Amenhotep III. zu sehen. Neben dem hohen Rang einer Großen Königlichen Gemahlin, war Teje also auch als bewährte Diplomatin erprobt.
Teje gebar dem Pharao mindestens sechs Kinder. Den Thronfolger Thutmosis, der der 5. Pharao dieses Namens werden sollte und den Sohn Amenhotep. Außerdem noch die Töchter Henut-tanebu, Nebetah, Iset und Sitamun. Es gibt Hinweise auf noch mehr Kinder der Teje, doch sind diese nicht belegt.
Scheinbar siedelte die Große Königsgemahlin, nach dem Tode ihres Ehemann und der Gründung der neuen Hauptstadt Achet-Aton, nicht sofort in selbige über, sondern lebte noch einige Zeit abgeschieden im alten Palast ihres Mannes – Malqatta. Schließlich zog sie dann aber doch noch in die neue Stadt ihres Sohnes um, wobei uns allerdings nicht bekannt ist, ob sie dort noch eine wichtige Rolle spielte. Bis zum 14. Regierungsjahr ihres Sohnes ist Teje dann noch erwähnt, dann findet man erst wieder Zeichen ihres Verbleibs auf einem beschriebenen Bruchstück eines Sarkophages, welcher zerschlagen im Königsgrab von Amarna gefunden wurde. Darauf ist Echnaton zusammen mit Nofretete abgebildet, wie sie gemeinsam um Teje trauern. Vermutlich ordnete Echnaton nach ihrem Tode auch die Bestattung in seinem Königsgrab in Amarna an, doch ist es noch unklar, ob dies auch tatsächlich geschah. Falls dies aber der Fall war, dann wurde sie erst nach dem Tode Echnatons nach KV 55 umgebettet, welches nachweislich aufgrund der gefundenen Grabschätze zeitweilig ihre Grabstätte darstellte. Als Urheber der Umbettung dürfte in erster Linie Echnatons Nachfolger Semenchkare in Frage kommen.
Möglicherweise wurde das genannte Grab sogar eigens für Teje angelegt – vielleicht sogar schon unter ihrem Gemahl Amenhotep III. Aber auch KV 55 blieb nicht die letzte Ruhestätte der berühmten Königin, denn dort wurde zwar eine Mumie gefunden, aber nicht die einer Frau, sondern nach den neuesten Erkenntnissen die eines jungen Mannes. Allerdings könnte es sogar sein, dass Tejes Mumie doch erhalten blieb, denn im Grab von Amenhotep II. – KV 35 – fand man neben anderen Königsmumien auch die einer Frau, der sog. „Elder Lady“. Demnach muss Tejes Leichnam einen weiten Weg zurückgelegt haben: zunächst aus Amarna nach KV 55, von dort vermutlich in das Grab ihres Gemahls Amenhotep III., welches eigentlich ihre letzte Ruhestätte werden sollte. Aber von dort aus wurde ihre Mumie möglicherweise wiederum umgebettet: Und zwar in die Cachette von KV 35. Zwar war Teje keine Frau auf dem Königsthron, wie etwa Hatschepsut, aber an Macht und Bedeutung stand sie dieser oder auch anderen männlichen Herrschern in nichts nach.