Sozialistische Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft
Die sozialistische Umgestaltung der ostdeutschen Wirtschaft war Kernprogramm vieler unterschiedlicher sozialistischer Gruppen, die sich nach Einmarsch der Roten Armee in Ostdeutschland agierten. Unklar ist bis heute, wie, wann und in welchem Umfang sich die sowjetischen Besatzungsbehörden, allen voran die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) und die sowjetische Führung um Stalin, zu diesem Schritt entschloss.
Table of contents |
2 Demontagen, Reparationen und Enteignungen 3 Die Bodenreform 4 Die sozialistische Umgestaltung in der SBZ/DDR |
Der Einmarsch der Roten Armee in Ostdeutschland, 1945, förderte zunächst eine Vielzahl sozialistischer und kommunistischer Gruppen zutage, die alle an die baldige Realisierung des Traums von Sozialismus glaubten. Die wenigsten dieser Gruppen standen unter direkter Kontrolle der Besatzungsmacht, die zu diesem Zeitpunkt noch abwartend auf die baldige sozialistische Umgestaltung reagierte. Zunächst galt es, die Notwendigkeiten des Besatzungsalltags zu meistern und eine Verständigung mit den Westmächten hinsichtlich der Deutschlandfrage zu erreichen. Von zentraler Bedeutung dabei war die Frage nach Reparationen, die auf der Potsdamer Konferenz nur grob vereinbart wurden. So machten die Sowjets einen Anspruch auf ca. 20 Mrd. Dollar Entschädigungen geltend, die durch Demontagen und Lieferungen aus laufender Produktion der deutschen Industrie gedeckt werden sollten.
Seit Beginn der Besatzungszeit begannen in ganz Ostdeutschland umfassende Demontagen der Industrie. Besonders fatal daran war, dass die deutschen Unternehmen keine Chance bekamen, Reparationen durch laufendes Geschäft zu erwirtschaften. Stattdessen wurden ihnen dringend benötigte Anlagen durch Demontagetrupps entzogen, ohne dass man den entstandenen Schaden irgendwie kompensieren konnte. Von Sommer 1945 bis 1946 erfolgten zwei besonders umfassende Demontagwellen, durch die knapp ein Viertel der ostdeutschen Industriekapazitäten in die Sowjetunion verschifft wurde, oder - was auch geschah - vor dem Abtransport verrotteten.
Die Demontagen waren eng mit der Reparationsfrage verbunden. Vereinbart war, dass die Westmächte Reparationen aus laufender Produktion aus ihren Besatzungszonen an die Sowjetunion zahlen würden, die im Gegenzug Nahrungsmittel an den Westen liefern sollte. Da dies nicht geschah und sich gleichzeitig die Nahrungsmittelkrise in Westdeutschland verschärfte, kündigte US-General Lucius D. Clay im Mai 1946 die Lieferung von Reparationen aus dem Westen auf. Damit verlagerten sich auch die wilden Demontagen in Ostdeutschland, da die SMAD nunmehr ihr eigenes Einflussgebiet absichern musste. Stattdessen wurden vermehrt Enteignungen vorgenommen. 1946 intensiviert die SED gegen angebliche großkapitalistische Unterstützer des Nationalsozialismus und überführt durch ein Industriereferendum knapp 1.700 Unternehmen in Staatseigentum. Die Sowjetmacht stoppte parallel die wilden Demontagen, enteignete aber auch selbstständig deutsche Industrieunternehmen, die in sog. Sowjetische Aktiengesellschaften (SAGs) überführt wurden. Bis Ende 1947 ist knapp 25% der deutschen Industrie sowjetisch, Reparationen aus laufender Produktion gehen weiter.
Den besonderen Hass der Besatzungsmacht und der deutschen Sozialisten hatte das Junkertum wegen seiner unrühmlichen Rolle als "Steigbügelhalter" Hitlers auf sich gezogen. Zwar hatte der Krieg letztlich den Großteil deutscher Großgrundbesitzer in den Tod oder in die Flucht getrieben, dennoch galt es die großen Ländereien zu verteilen und unter sog. "Neubauern" (zumeist Flüchtlingen) zu verteilen. Die Maßnahme bewirkt eine Umverteilung von knapp 35% der agrarischen Nutzfläche bis 1947. Fakt ist, dass sie auch im Westen nicht einer gewissen Wirkung entbehrte, da die sozialen Verwerfungen im Nachkriegsdeutschland eine Dezentralisierung der Landwirtschaft weithin wünschbar machten.
Mit den Enteignungen, Demontagen und der Bodenreform der Jahre 1945-1947 war eine erste Phase der vorsozialistischen Umgestaltung realisiert. Der Aufbau der Deutschen Wirtschaftskommission (DWK) ab 27.6.1947 institutionalisierte den Aufbau planwirtschaftlicher Strukturen. Die DWK vereinte in sichdie Zentralverwaltungen für Industrie, Finanzen, Verkehr, Handel und Versorgung, Arbeit und Sozialfürsorge, Land- und Forstwirtschaft, Brennstoffindustrie und Energie, Interzonen- und Außenhandel sowie Statistik. Damit wurde sie zu einer prästaatlichen Institution, deren Gegenstück im Westen die Organe der Bizone waren.
Wirklich offenen Kurs auf den "Aufbau des Sozialismus" nahm die neugegründete DDR aber erst auf ihrer 2.Parteikonferenz im Juli 1952.
Mit der von Stalin genehmigten Proklamation des "Aufbaus des Sozialismus" verbanden sich umfassende Kollektivierungsmaßnahmen (Aufbau von LPGs u.ä.), Normerhöhungen und ein noch rigiderer Kurs gegenüber den Resten privatwirtschaftlicher Strukturen. Die durch Reparationen und eine umfassende Aufrüstung arg gebeutelte DDR stand schon kurz danach wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand. Walter Ulbricht bat die UdSSR um materielle Unterstützung, die ihm diesen Dienst jedoch versagte. Nach dem Tod von Josef Stalin am 15. März 1953 übte die neue sowj. Führung an Ulbrichts selbstgerechten und wirtschaftlich sinnlosen Kurs und forderte Korrekturen.
Dieser "Neue Kurs" wurde nur widerwillig von der SED umgesetzt, doch ohnehin brodelte es im Volk schon so sehr, dass der Volksaufstand vom 17.Juni 1953 nicht mehr überraschend kam. Sowjetische Panzer schlugen den Aufstand nieder und Hilfslieferungen vom "großen Bruder" sicherten den Eliten um Ulbricht das Überleben. Letztlich begann im Juli 1952 mit der zweiten Parteikonferenz der SED die sozialistische Umgestaltung der DDR-Wirtschaft.Ostdeutschland 1945
Demontagen, Reparationen und Enteignungen
Die Bodenreform
Die sozialistische Umgestaltung in der SBZ/DDR