Soziales Netzwerk
Soziale Netzwerke sind Netzwerke, die (1) in der Soziologie gegebene Interaktionsgeflechte (z.B. Bekanntschafts-Netzwerke) abbilden, (2) in (zumeist) der Betriebswirtschaftslehre zielbezogene Organisationen (z.B. informelle Zusammenschlüsse, Verbände) von Menschen umschreiben, die durch das Netzwerk einen Vorteil erfahren oder sich erhoffen. In der Systemtheorie werden sie dann oft als Systeme aufgefasst.
Table of contents |
2 Netzwerke in der Systemtheorie 3 Untersuchung Sozialer Netzwerke 4 Social Software 5 Literatur 6 Weblinks |
Der Begriff "soziales Netzwerk" ist im ersten Fall eine Deskription sozialer Interaktionen beliebigen Typs und wurde zuerst in der englischen Social Anthropology (vgl. Ethnosoziologie) von Clyde Mitchell, A. L. Epstein, Bruce Kapferer u. a . benutzt ("Manchester-Schule"), um lose Selbstorganisationen von einzelnen Zuwanderern in kolonialen Industriestädten (z. B. in Sambia) zu ermitteln und zu erklären; der Begriff wurde dann nach Europa übertragen, um z. B. informellen Einflussgrößen für eheliche Arbeitsteilung auf die Spur zu kommen (Elizabeth Bott), und in Deutschland zumal von Franz Urban Pappi, Peter Kappelhoff u. a., um Willensbildungen in der Kommunalpolitik zu erschließen (vgl. Stadtsoziologie). Das Nützliche dieses Ansatzes war, dass "soziale Netzwerke" gerade keine 'Ziele' haben, sondern sehr disparate Ziele einzelner Akteure und Gruppen verknüpfen, und gerade hierfür mangelte vorher ein analytischer Begriff.
Sodann wurde, im zweiten Fall, der Begriff zur Beschreibung einer gewollten losen Form der Organisation übernommen und abgewandelt. Er umfasste zunächst Cliquen u. dergl. Nur in diesem Fall ist ein "Netzwerk" teilweise mit dem Systemgedanken kompatibel, der in Natur und Technik eine große Rolle spielt, sowie im Bereich der gesellschaftlichen und sozialen Prozesse. Er wurde z. T. dann auch beschönigend benutzt (vgl. Ideologie), um (zumal flache) Hierarchien ohne Bezug auf "Herrschaft" zu beschreiben, indem er - gar nicht unrealistisch - Formen der Kooperation betonte. Er verlor aber genau den Charakter, eine ungewollte Strukturierung auf zu decken.
Die Wahrnehmung der Lebenswelt als eines Netzwerks, das Denken in Netzwerken, ist ein Element (nicht nur) des Systemdenkens, das sich in den letzten Jahrzehnten in allen Bereichen als ein vorrangiges Paradigma modernen Denkens hervorgearbeitet hat. Stand hier zunächst die Komposition des Systems aus seinen Teilen, und die Feststellung der Eigenschaften der Systemteile und des Gesamtsystems im Vordergrund des Interesses, so traten doch bald die Beziehungen der Systemteile zueinander als eigenständige Dimension hervor. Es stellte sich schnell heraus, dass die Summe der Eigenschaften der Teile nicht die Eigenschaften des Ganzen ergibt. Die systemischen Eigenschaften sind nicht bei einem einzelnen Systemteil vorhanden, sondern ergeben sich durch die prozesshaften Beziehungen der Teile. Bei näherer Betrachtung lösen sich diese Teile sogar wiederum in kleinere netzwerkartig organisierte Systeme auf, so dass schließlich die Zusammenhänge, Beziehungen und Prozesse als eigenständige Ebene primär in den Blick geraten.
In der Technik vermag dies sogar eine neuartige Klasse von "Fehlern" (von der Ingenieurwissenschaft her gesehen: von "systemischen Fehlern") vor Augen rücken, die im Extremfall sogar das System (z. B. eine Fabrikanlage) katastrophal gefährden können (Systemzerstörung).
Konkretisiert auf den (zumeist) wirtschaftlichen Bereich bedeutet der systemtheoretische Ansatz eine Abkehr von herkömmlichen, hierarchisch-dirigistisch gesetzten Organisationsstrukturen und eine Hinwendung zu Kooperation und Koordination in Netzwerken in Wirtschaft und Gesellschaft. Die in diesen Netzwerken handelnden Akteure agieren im Rahmen von Organisationen, Unternehmen oder als Einzelpersonen in unterschiedlichen Netzwerken. Unternehmen und Organisationen bilden selber eigene Netzwerke]] und werden in größere Netzwerkstrukturen eingebunden. Von den damit verbunden diskursivenen Prozesse wird (meist in der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre) viel erwartet, werden synergetischee Effekte postuliert und Innovationen in Aussicht gestellt. Wenngleich auch gleichzeitig die Schwierigkeiten dieser Entwicklung deutlich werden, so ist (2003) der Trend doch ungebrochen und ein Umdenken in Gang gesetzt.
Nach Weyer (2000) können (systemische) soziale Netzwerke entsprechend den Handlungsbereichen in vier Kategorien eingeteilt werden:
Soziale Netzwerke werden unter anderem in der Ethnologie, Soziologie, Sozialpsychologie und Kommunikationswissenschaft erforscht. Dafür existiert eine entfaltete Terminologie ("Multiplexität", "Netzwerkdichte" u. v. a. m.). Die dort entwickelten Verfahren können auch zur webometrischen Untersuchung des Internets eingesetzt werden. Es zeigt sich, dass Soziale Netzwerke von ihrer Struktur oft Small World Netzwerke bilden, in denen die maximale Distanzzwischenzwischen einzelnen Einheiten überraschend gering ist.
Siehe auch: Figuration, Netzwerktheorie
In den USA ist im Jahr 2003 mit Social Software der Trend entstanden, die Möglichkeiten des Internet für die Bildung virtueller sozialer Netzwerke zu nutzen. Besonderer Vorteil gegenüber realen sozialen Netzwerken ist die Ortsungebundenheit und der geringe Aufwand zur Netzwerkpflege. Speziell auf die Knüpfung von Beziehungsnetzen abgestimmte Software und Techniken sind beispielsweise Friendster und FOAF.
Allgemein lässt sich zwischen privaten und beruflichen Netzwerken unterschieden. Private Netzwerke dienen der Bündelung privater, oft freizeitorientierter Interessen. Berufliche Netzwerke dienen der Generierung von Geschäften durch Empfehlungen.
Siehe auch: Computervermittelte Kommunikation
Zwei unterschiedliche Verwendungen
Netzwerke in der Systemtheorie
Untersuchung Sozialer Netzwerke
Social Software
Literatur
Weblinks