Semenchkare
Semench-ka-Rê, altägyptischer König der 18. Dynastie, um 1.337 - um 1.333 v. Chr. (Helck: 1.324 - 1.319, Krauss: 1.335 - 1.332 v. Chr.)weitere Namen:
- Semench-ka-Rê (Eigenname, spätere Umbenennung?)
- Anch-cheperu-Rê (Thronname)
- Nefer-neferu-Aton (Eigenname)
In der 19. Dynastie haben vor allem Sethos I und Ramses II versucht, die Epoche des Echnaton und seiner direkten Nachfolger aus der Geschichte zu tilgen. So erscheint in der Königsliste im Sethos-Tempel von Abydos als Nachfolger des Amenophis III gleich Haremhab; die fehlenden Jahre wurden einfach der Regierungszeit Haremhabs zugerechnet, dem man somit eine Regentschaft von 59 Jahren zugestand.
Die zahlreichen Funde aus der Amarnazeit haben jedoch die „vergessenen Pharaonen“ wieder ins Bewusstsein gebracht.
Haremhab ist belegt bis zu seinem 27. Regierungsjahr – also sind 32 Jahre für die fehlenden Könige anzusetzen.
Verfemt wurde Echnaton – er starb im 17. Jahr, Tutanchamun nach 10 Jahren Regentschaft und sein Nachfolger Eje herrschte 4 Jahre; es kann also nur eine Lücke von 1-2 Jahren für weitere Könige geben. Über den Ablauf der Zeit nach Echnaton werden heute folgende Theorien von namhaften Ägyptologen diskutiert:
- Semench-ka-Rê war ca. 3 Jahre Co-Regent von Echnaton und starb kurz vor oder nach Echnaton. Hauptsächlich stützt sich diese Theorie auf a). Das Verschwinden Nofretetes im 14. Jahr des Echnaton, b.) Ein Relief des Königs Semench-ka-Rê mit seiner großen Gemahlin Merit-Aton im Grab des Merire II, c.) Das Graffito aus dem 3. Jahr eines Königs Anch-Chepru-Rê im Grab des Pa-iri/Pa-wah (TT139) (Grimal, Dodson). Diese Theorie wird heute von den meisten Ägyptologen vertreten.
- Semench-ka-Rê wurde durch seine Heirat mit Merit-Aton (älteste Tochter des Echnaton) legitimer Nachfolger, überlebte seinen Vorgänger um 1 – 5 Jahre (Breasted, Helck, von Beckerath). Die Beweise: wie oben.
- Merit-Aton wird Echnatons Nachfolgerin, heiratet Semench-ka-Rê, der ihr dann auf den Thron folgt (Krauss). Diese Theorie wird heute mehrheitlich abgelehnt, da es nicht denkbar ist, dass eine gottgleiche Regentin sich nach ihrer Heirat in das 2. Glied einer Großen königlichen Gemahlin versetzen lässt.
- Semench-ka-Rê ist mit Nofretete identisch (Harris, Wilkinson, Reeves).
Diese dünne Beweislage führt dazu, dass man alle wegen fehlender Inschriften nicht identifizierbaren königlichen Objekte der Amarnazeit dem Semench-ka-Rê zuschreibt. Beispiele: „Spaziergang im Garten“, „Statuenkopf eines Königs“ im Museum Berlin.
Bei nicht wissenschaftlich belegten Epochen der ägyptischen Chronologie wird immer wieder auf Manetho verwiesen - erstaunlicherweise hier nicht.
Für die Vor-Amarnazeit schreibt Jürgen von Beckerath (Chronologie des pharaonischen Ägypten, S. 125):
„Manetho´s Zeitangaben weichen also durchaus nicht von der chronologischen Wirklichkeit ab, sie verdienen Vertrauen, ...die aus Manetho gewonnenen Zahlen würden die angegebene Chronologie noch verbessern.“
Die Amarnazeit sieht er „verfälscht, weitgehend durch das Eindringen volkstümlicher Erzählungen, ...die Herrschaft von Ausländern und Gottesfeinden sowie die Errettung durch einen jungen Pharao“ und „dass der Übergang zwischen den beiden Dynastien (18./19.) kaum mehr feststellbar ist“. Die sonst obligatorische Gegenüberstellung der historischen Namen mit denen des Manetho entfällt leider.
Kommen wir nun zu den Namen, die nach J. von Beckerath (Handbuch der äg. Königsnamen, MÄS 49) Semench-ka-Rê zugeordnet werden:
Thronnamen:
1. Anch-chepru-Rê meri wah-en-Rê (J.D.S. Pendelbury/The City of Akhenaten, vol III,2, t. 108 (EES44), 1951)
2. Anch-chepru-Rê meri nefer-chepru-Rê (W.M.F. Petrie/Tell el-Amarna, T15, 92.3, London 1894)
3. Anch-chepru-Rê (C.R. Lepsius/Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien III, 99, Berlin 1849-59)
Eigennamen:
1.Nefer-neferu-Aton meri wah-en-Rê (Sethe-Helck/Urkunden der 18. Dynastie, 2024, Leipzig 1907, Berlin 1955-61)
2. Nefer-neferu-Aton meri Ach-en-Aton (J.D.S. Pendelbury/The City of Akhenaten, vol III,2, t. 108 (EES44), 1951)
3. Semench-ka-Rê djeser-chepru (C.R. Lepsius/Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien III, 99, Berlin 1849-59)
4. Semench-ka-Rê djeser-chepru (W.M.F. Petrie/Tell el-Amarna, T15, 104, London 1894), ohne Kartusche
Der Thronname des Königs irritiert ein wenig: es gibt bereits eine Königin mit dem gleichen Namen: Anch.t-chepru-Rê meri wah.t-en-Rê (das „.t“ zeigt die feminine Form) (W.M.F. Petrie/Tell el-Amarna, T15, 92.3, London 1894).
Auch der Eigenname existiert bereits: Nofret-ete heißt in offiziellen Inschriften „Nofret-ete nefer-neferu-Aton“ und wird in einem Königsring geschrieben.
Nochmals von Beckerath/Chronologie, S. 113: „Demnach kommt Anchet-chepru-Rê nur noch als Thronname der Nofretete in Betracht; sie scheint von Ach-en-Aten (Echnaton) in den späteren Jahren seiner Regierung zur Mitregentin erhoben worden zu sein“.
Übersetzen wir einmal die Beinamen (Epitheten) der o.a. Thron und Eigennamen.
- T1: Anch-chepru-Rê geliebt vom „Einzigen des Rê“
- T2: Anch-chepru-Rê geliebt von „schön (sind die) Gestalten des Rê“
- E1: Nefer-neferu-Aton geliebt vom „Einzigen des Rê“
- E2: Nefer-neferu-Aton geliebt von Echnaton
Anch-chepru-Rê, Nefer-neferu-Aton wird also geliebt von Echnaton, denn alle Beinamen gehören zum Titular des Echnaton.
Nach Munro (Zeitschrift für Ägyptische Sprache, ZÄS 95, Leipzig 1969, 109-16) ist dieser Name der frühere Name des Semench-ka-Rê (frei übersetzt also „Semench-ka-Rê, geliebt von Echnaton“). Hauptbeleg für diese Theorie sind die oben erwähnten Truhen aus dem Grab des Tut-anch-Amun mit den Aufschriften T1 bis E2 (als Semench-ka-Rê gedeutet), dem Titular Echnatons und einer großen königlichen Gemahlin (GKG) Merit-Aton (die seine älteste Tochter ist); ferner deutet das fehlende feminin-T im Namen auf einen Mann. Für sich betrachtet erscheint diese Theorie schlüssig zu sein (daraus wurde auch schnell eine homosexuelle Verbindung Echnaton - Semenchkare konstruiert), sie widerspricht sich allerdings mit anderen Fakten. So ist Merit-Aton bereits unter Echnaton als GKG benannt (Brief des Fürsten von Byblos, J.A. Knudson/Die Amarna-Tafeln; Albright/JEA 23, 1937, 190-3). Auch das feminin-T entfällt oft, so bei Hatschepsut Maat-ka-Rê und auch an anderer Stelle bei der Schreibung des Njsw.t-Bj.t-Namens zu Njsw-Bj und ist somit bei Titeln nicht eindeutig als männlich einzuordnen. Letztendlich: der Name „Semench-ka-Rê“ erscheint auf den Truhen nicht.
Das Graffito im Grab des Pa-iri/Pa-wah stammt aus dem 10. Tag des III. Monats des 3. Jahres des Anch-chepru-Rê und zeigt den König bei der Anbetung von Amun, also bereits die Abkehr von Aton. Die Inschrift verweist auf einen bisher nicht lokalisierten Totentempel des Königs und enthält das teilweise zerstörte Titular T1-E2, aber nicht den Namen Semench-ka-Rê (auch wenn Jan Assmann das so übersetzt). So müsste er aber heißen, denn nach gängiger Meinung hat er sich ja schon lange umbenannt!
Semench-ka-Rê heißt er schon im letzten Relief im Grab des Merire II in Amarna, wo er mit der GKG Merit-Aton dargestellt sein soll, allerdings sind die Kartuschen völlig zerstört. So schreibt dazu C. El-Mahdy/Tutanchamun - Leben ... auf S. 346:
"Im Grab des Merire II kopierten beispielsweise sowohl Nestor L`Hote als auch Achille Prisse-d`Avennes dasselbe Relief in der Hauptkammer. Es ist zwar stark beschädigt, zeigt aber einen König und eine Königin, deren Kartuschen allerdings zerstört wurden. Untersuchungen von Wissenschaftlern in jüngerer Zeit haben ergeben, dass sie ursprünglich lauteten „Semench-ka-Rê Djeser-chepru-re“ und „die Große Königsgemahlin Meritaton“.
Als später die britischen Inschriftenkundler Nina und Norman de Garis Davies die Darstellungen getreulich von den Grabwänden kopierten, setzten sie diese Kartuschen in einer Ecke der Abbildung wieder ein."
Semenchkares Nachfolger wurde der junge Tutanchamun.
siehe auch: Liste der Pharaonen