Segregation
Segregation bezeichnet das Ausmaß der Ungleichverteilung von bestimmten Elementen innerhalb einer gemeinsamen räumlichen Umgebung und wird sowohl in der Werkstoffkunde als auch in der Soziologie angewendet.Als Zustandsmaß für diesen Vorgang der Ungleichverteilung dient die Segregation. Ein(e) stark segregierte(s) Gruppe/Element wäre demnach eine Gruppe/Element, die/das in einzelnen/wenigen Teilräumen hoch konzentriert wohnt/sich aufhält/sich bildet/sich versorgt, während die Mehrheit die übrigen Teilräume dominiert.
Die in Frage kommenden Elemente können in der Soziologie sowohl bestimmte Bevölkerungsruppen (z.B. nach Ethnie, Glauben, Bildung, Einkommen etc.) als auch Bezirke eines größeren Ganzen (z.B. Stadt, Region) in Bezug auf ihre Funktion in diesem größeren Ganzen sein.
Table of contents |
2 Untersuchungsmethodik 3 Messung der Ungleichverteilung 4 Anwendungen 5 Literatur |
Einführung
Häufiges Beispiel bzw. Beobachtungsfeld in soziologischen, geografischen oder wirtschaftlichen Untersuchungen ist die Stadt in ihren administrativen Grenzen, denn die Bevölkerung in Siedlungen ist meist durch verschiedene Merkmale der Ungleichheit gekennzeichnet. Je nach Größe einer Siedlung und der Anzahl ihrer Einwohner lassen sich Gruppen von Personen unterscheiden, die bezüglich eines Merkmals (z.B. Alter, Ethnizität, Religion) einheitlich sind, sich von weiteren Gruppen aber unterscheiden.
Die Erscheinung der Segregation lässt sich in allen menschlichen Kulturen mit einem Mindestmaß an gesellschaftlicher Differenzierung nachweisen. In den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten Europas (vergleiche Stadtentwicklung) waren etwa die Viertel der Kaufleute deutlich von denen der Handwerker unterschieden. Beinahe ebenso lange findet sich auch eine Segregation nach ethnischen und religiösen Merkmalen, wie beim jüdischen Ghetto oder den noch kleinteiliger nach Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit getrennten Vierteln der klassischen orientalischen Stadt.
Diese historische Trennung setzt sich bis zu den heutigen Vierteln mit fast ausschließlich schwarzer oder asiatischer Bevölkerung in nordamerikanischen Städten bzw. Stadtteilen mit hohen Anteilen eingewanderter (ehemaliger) Gastarbeiter aus dem Mittelmeerraum in Deutschland und Frankreich fort. Das Ausmaß der Segregation kann somit auch als Indikator für die gesellschaftliche Integration oder Isolation einer sozialen Gruppe angesehen werden.
Beobachtete Raumeinheiten sind entsprechend der Datenlage Stadtbereiche bzw. Stadtbezirke.
Eigenschaftsträger können Bevölkerungsgruppen, Wohngebäude, Handelseinrichtungen, Einrichtungen der sozialen Infrastruktur und ähnliches sein. Residentielle Segregation bezeichnet die Segregation verschiedener Bevölkerungsgruppen nach ihrem Wohnort. In der Regel wird Segregation von Teilmengen einer Bevölkerungen nach folgenden Statusmerkmalen unterschieden:
Drei Konzepte für die Messung von Segregation lassen sich unterscheiden:
Untersuchungsmethodik
der jeweiligen Bevölkerungsgruppe. Die Ausprägung der Segregation ist stark von den gewählten Teileinheiten des Untersuchungsraumes und den Merkmalen abhängig. Messung der Ungleichverteilung
Segregation, Musterstadt mit 5 Regionen | |||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| |||||||||||||||||||||||||||
Berechnung von SI für Gelb | |||||||||||||||||||||||||||
|
Bei der Beschreibung der Segregation verschiedener Bevölkerungsgruppen wird zugleich eine Zuweisung des Grades der Ungleichverteilung vorgenommen, d.h. eine Gruppe, die sich stark von anderen unterscheidet, wird auch einem besonders scharf abgegrenzten Raum zugeordnet.
Zur Darstellung räumlicher Ungleichheit gibt es verschiedene Maßzahlen. Verbreitet sind der Dissimilaritäts- und der Segregationsindex. Ersterer dient dem Vergleich der Verteilung von zwei Bevölkerungsgruppen, während der Segregationsindex die Verteilung einer Bevölkerungsgruppe im Bezug auf die Gesamtbevölkerung misst. Beide Indikatoren können Werte zwischen 0 (Gleichverteilung) und 100 (maximale Segregation) annehmen.
Für die Berechnung des Dissimilaritätsindex der Bevölkerungsgruppen A und B wird für jede Raumeinheit die Differenz zwischen dem Anteil der Gruppe A an der Gesamtheit von A und dem Anteil von B an der Gesamtheit von B gebildet. Die Beträge dieser Differenzen ergeben über alle Raumeinheiten aufsummiert und dann halbiert den Dissimilaritätsindex (ID) zwischen A und B.
Beide Indikatorwerte lassen sich als der Prozentwert an den betrachteten Gruppen interpretieren, der jeweils umziehen müsste, um eine Gleichverteilung zu erzielen.
Anwendungen
Die räumliche Verteilung der nach den einzelnen Statusmerkmalen segregierten Bevölkerungsgruppen überlagern sich. Untersuchungen von Murdie (1969) zeigten, dass sich in den Mustern der Segregation nach den drei Statusmerkmalen Grundtypen städtischer Strukturen erkennen lassen, die den unterschiedlichen Konzepten der Stadtstrukturmodelle der Chicagoer Schule entsprechen.
- Die Segregation nach dem Sozialstatus zeigt eine sektorale Struktur.
- Die Segregation nach dem Familienstatus zeigt eine ringförmige Struktur.
- Die ethnische Segregation weist eine mehrkernige Struktur auf.
Angesichts der Tatsache, dass mit starker räumlicher Ungleichverteilung einzelner Gruppen häufig erhöhte Kriminalitätsraten und beschleunigter Stadtverfall (durch Desinvestition) einher gehen und mitunter das gesamtstädtische Image leidet, werden verschiedene Desegregationsstrategien entwickelt.
Vereinfacht ausgedrückt, sollen hierbei stärkere soziale Kontrolle und eine ausgeprägtere Gebietsbindung einer vorhandenen Bewohnerstruktur dafür sorgen, dass die negativen Auswirkungen durch Entmischung begrenzt bleiben. Als Maßnahmen sind neben allgemeinen Wohnumfeldverbesserungen, eine die Belange des Wohnungsmieters schützende Gesetzgebung (Verhinderung oder Begrenzung von Gentrifizierung), Mietsubventionen (z.B. Wohngeld), Öffnungsklauseln im Sozialwohnungsbestand, verstärkte schulische Integration von fremdsprachlichen Minoritäten und verschiedene Antidiskriminierungsinitiativen verbunden. Neben dem Vorhandensein der erforderlichen Finanzmittel ist es für den Erfolg derartiger Strategien jedoch unerlässlich, dass ein komplementärer gesamtgesellschaftlicher Konsens zum Umgang mit Minderheiten vorhanden ist.
Literatur