Schlacht von Roßbach
In der Schlacht bei Roßbach in Sachsen (heute Sachsen-Anhalt) am 5. November 1757 besiegte der preußische König Friedrich der Große die Franzosen unter dem Prinzen von Soubise (1715-1787) und die mit ihnen koalierende Reichsexekutionsarmee unter dem Kommando des Reichsgeneralfeldmarschalls Prinz von Sachsen-Hildburghausen. Die Schlacht markiert einen der Wendepunkte im Siebenjährigen Krieg: Seither beschränkte sich die Konfrontation mit Frankreich auf die Westdeutschen Gebiete, erst 50 Jahre später unter Napoleon sollten französische Truppen wieder so weit nach Deutschland vordringen.Die Schlacht wurde, wiewohl ihre Auswirkungen im gesamtstrategischen Kontext hinsichtlich des europäischen Kriegsschauplatzes eher als gering zu qualifizieren sind (Hauptgegner war und blieb Österreich mit seiner weitaus besser ausgebildeten Armee und vor allem einer energischen Kriegsherrin Maria Theresia), zu einem Identifikationsereignis mit der preußischen Sache für ganz Deutschland. Mehr noch als den persönlichen Erfolg eines Landesfürsten symbolisierte die gewaltige Niederlage der Franzosen den Sieg der deutschen Sache und erweckte ein spätestens seit der Tragödie des Dreißigjährigen Krieges verblichenes gesamtdeutsches Nationalbewusstsein wenigstens (aber gewiss nicht ausschließlich) auf protestantischer Seite wieder zum Leben.
Dabei blieb der allgemeine Siegestaumel nicht auf Deutschland beschränkt: In England und Nordamerika wurde Friedrich nach dem Gefecht, das er selbst eher nüchtern als überheblich als "Spaziergang" bezeichnet hatte (in der Tat stellte das französische Heer in seinem damaligen desolaten finanziellen und moralischen Zustand keine besonders schwere Hürde für die kampf- und sieggewohnten preußischen Bataillone dar), als Idol verehrt, wenn nicht vergöttert, Straßen und Wirtshäuser wurden nach ihm benannt, sogar im feindlichen Paris artikulierte sich der lang gehegte Unmut der oppositionellen Intellektuellen um Voltaire und andere (unter ihnen nicht wenige Vertreter der höheren und höchsten Aristokratie) in enthusiastischen Sympathiebekundungen für den preußischen Monarchen. Voltaire schrieb neue Elogen auf seinen königlichen Freund, in ganz Europa feierten Huldigungsgedichte den König als neuen Caesar. Das Schlüsselerlebnis des nie erwarteten Triumphes eines aus Pommern, Märkern und Brandenburgern bestehenden Heeres über die Vormacht des Kontinents fand seine dem Massenempfinden adäquate Äußerung in Versen wie:
Und kömmt der große Friederich und klopft nur auf die Hosen, So läuft die ganze Reichsarmee, noch mehr als die Franzosen.
Vor allem aber wurde Roßbach - wie es sich auch in Goethes "Dichtung und Wahrheit" belegt findet - zum Fanal einer neuen deutschen Mentalität - nicht mehr Duckertum und Unterordnung unter fremde, insbesondere französische Kulturhoheit, nein, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl waren die Devise der heranwachsenden Generation. Die Überwindung des alten enghorziontigen Partikulardenkens wie auch die Begeisterung für die jetzt erst aufblühende deutschsprachige Literatur fanden ihren reputativen Bezugspunkt, ihre Symbolfigur in der Gestalt des siegreichen deutschen Königs von Preußen. Mit Goethe "fritzisch" gesonnen zu sein hieß, die deutsche Idee wieder hochzuhalten - eine Entwicklung, als deren wirkungsmächtigsten Auslösungsakt wir die Schlacht bei Roßbach in der geschichtlichen Retrospektive begreifen dürfen.
In Frankreich selbst wurden die Stimmen lauter, die für eine Beilegung des Konfliktes mit Preußen eintraten. Insbesondere der frühere Fürsprecher der Kriegspartei, der Außenminister Abbé Bernis, erkannte die Aussichtslosigkeit weiterer Interventionen auf deutschem Boden und sprach sich für einen Friedensschluss aus, was indes lediglich seiner Karriere am französischen Königshof ein rasches Ende bereiten sollte.
Siehe auch: Liste von Kriegen, Liste von Schlachten