Schlacht von Königgrätz
In der Schlacht von Königgrätz (genauer gesagt: beim Flecken Sadova) am 3. Juli 1866 trafen im Deutschen Krieg um die Voherrschaft in Mitteleuropa die Truppen Preußens auf die Armee der Österreicher. Letztere wurden im Verlauf der Schlacht vernichtend geschlagen, Preußen wurde Führungsmacht im Deutschen Bund, und Bismarck setzte damit seine kleindeutsche Lösung (Abtrennung Österreichs) durch. Die Schlacht war einer der Wegbereiter für die Reichsgründung 1871.Militärhistorisch ist der Einsatz neuer Waffensysteme bemerkenswert. Die Preußen verfügten über das so genannte Preußische Nadelgewehr (Zündnadelgewehr), ein modernes Repetiergewehr. Weiterhin spielten die Eisenbahn und der Telegraph eine entscheidende Rolle.
Im Vorfeld des Preußisch-Österreichischen Krieges hatte Preußen bereits mehrere hundert Beobachter auf Seiten der Nordstaaten in den amerikanischen Bürgerkrieg geschickt, die dort den Einsatz von Eisenbahn, Telegraph und moderner Kriegstechnik beobachteten. Die Einführung einer "Obersten Heeresleitung", also die Steuerung der Armeen aus einer Zentrale heraus war ein Resultat der Beobachtungen im amerikanischen Bürgerkrieg.
Die Bedeutung der Schlacht bei Königgrätz ist sowohl im allgemeinen politischen Kontext als auch als Markstein der militärstrategischen Entwicklung in Europa wohl kaum zu überschätzen. Mit Königgrätz beginnt das Zeitalter der großen Manöver von nach Hunderttausenden zählenden Massenheeren, die, im Unterschied etwa zur napoleonischen Epoche, die diese Zahlen im Ansatz durchaus schon kannte, reine Feuergefechte führen - das Bajonett als kampfentscheidende, weil in der konkreten Gefechtssituation Mann gegen Mann einzusetzende Waffe wird durch die ansatzweise Automatisierung der Handfeuerwaffen endgültig historisch. Zugleich wird hier jedoch die "Auftragstaktik", jene auf Friedrich II. und Napoleon gleichermaßen zurückgehende Weiterentwicklung der ursprünglich durch die Lineartaktik bedingten engen Bindung auch der mittleren Truppenoffiziere an die strikten operativen Vorgaben der Armeebefehlshaber zu selbständiger, eigenverantwortlicher und den jeweiligen Geländeverhältnissen flexibel anzupassender Truppenführung erstmalig in großem Stil zur Anwendung gebracht: Endlich können bereits Kompaniechefs - also Offiziere im Hauptmanns- oder auch Leutnantsrang - im Zweifelsfall nach eigenem Ermessen Entscheidungen treffen, ohne eine Abstrafung durch vorgesetzte Kommandos wegen "Ungehorsams" befürchten zu müssen.
Fast noch wichtiger nimmt sich die Mobilisierung großer Truppenmassen durch den modernen Eisenbahnverkehr aus: Der legendäre Generalstabschef Helmuth von Moltke nutzte konsequent die Mittel des maschinenbetriebenen Fernverkehrs, um seine komplizierten, auf exakte Einhaltung des Zeitrahmens angewiesenen Aufmarschpläne verwirklichen zu können. Ebenso bahnbrechend wirkte die Überholung tradierter militärischer Kommunikation: Der Meldereiter der vorindustriellen Epoche wurde mehr und mehr durch Telegrafie und Fernschreiber ersetzt. Diese Faktoren finden in der politisch ebenso bedeutungsvollen Schicksalsstunde von Königggrätz ihre erstmalige Anwendung und Bestätigung.
Moltkes Schlachtplan selbst war, wie er mit olympierhafter Nonchalance zu bekräftigen nicht müde wurde, "höchst einfach": Er basierte auf dem simplen, aber in der Ausführung durchaus problematischen Prinzip: "Getrennt marschieren - vereint schlagen". So setzte das preußische Oberkommando Ende Juni 1866 drei Armeen in Marsch - die 1. unter Prinz Friedrich Karl von Preußen, die 2. unter dessen Vetter, dem Kronprinzen Friedrich-Wilhelm, und die Elbarmee unter General Herwarth von Bittenfeld -, die in einer großangelegten Umfassungsbewegung die österreichische Streitmacht unter Generalfeldzeugmeister Ludwig August von Benedek einkesseln und aufreiben sollten.
Nach mehreren in der Mehrzahl siegreich bestandenen Gefechten im böhmischen Hochland vor Prag zwischen 26. Juni und 3. Juli (Berliner Straßennamen wie Trautenau, Nachod und Skalitz halten noch heute die Erinnerung an dieses Vorgefechte wach) kommt es am 3. Juli in den frühen Morgenstunden zum Zusammentreffen der verfeindeten Heere an der Swiep bei Sadova. Zu Anfang hat die österreichische Armee lediglich die 1. preußische Armee vor sich - die Einheiten des Kronprinzen befinden sich noch im Anmarsch. Folglich erhöht sich Stunde auf Stunde der Druck auf die zahlenmäßig unterlegenen preußischen Truppen vor Ort, die 7. preußische Infanteriedivision unter Generalmajor von Fransecky, darunter insbesondere das 2. Magdeburgische Infanterieregiment Nr. 27, verschanzt sich im Swiepwald und versucht in einem fürchterlichen Gemetzel, die Offensive zweier österreichischer Korps abzuwehren. Schon wiegen sich die österreichischen Generale im Gefühl eines sicheren Sieges, schon artikuliert sich im preußischen Hauptquartier der erste Unmut gegen den unorthodoxen Aufmarschplan des exzentrischen Moltke (selbst König Wilhelm I. und sein Ministerpräsident Graf Bismarck befürchten eine Niederlage), da taucht gegen Mittag, auf Höhe des gegenüber dem preußischen Generalstab liegenden Hügels Horenowcs, das 1. Garderegiment zu Fuß am Horizont auf. Es bildet die Avantgarde des zur 2. Armee gehörenden preußischen Gardekorps - die Armee des Kronprinzen ist da und nimmt gemeinsam mit den von Südwesten her anngreifenden Elbdivisionen Nr. 14, 15 und 16 die in die einsame Division im Swiepwald verbissenen österreichischen Truppen in die Zange. Gegen 13.00 erobert "das erste Regiment der Christenheit", wie das 1. Garderegiment bei Zeitgenossen genannt wird, die befestigte Stadt Chlum im Osten von Sadowa und schlägt die verbliebenen österreichischen Einheiten in die Flucht. Gegen Abend singen die erschöpften Soldaten, in ihrer Mitte der neunundsechzigjährige König Wilhelm, die preußische Krönungshymne "Heil Dir im Siegerkranz".
Die Bedeutung der Schlacht blieb auch den Zeitgenossen nicht verborgen. Zumal im Paris des Zweiten Kaiserreiches merkte man, dass man nun daran war, an der Ostgrenze einen mächtigen, geeinten Nachbarn zu bekommen. Um Preußen an der weiteren Einigung Deutschlands zu hindern, kam schon bald der Schlachtruf revanche pour Sadowa! "Rache für Königgrätz!" auf. Eine Folge dieser Politik ist der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71.
Siehe auch: Briefe aus dem Deutschen KriegDie militärgeschichtliche Bedeutung der Schlacht