Rudolf Hilferding
Rudolf Hilferding (* 10. August 1877 in Wien; † 12. Februar 1941 in Paris) war ein deutsch-österreichischer Politiker und marxistischer Theoretiker; 1923 und dann wieder von 1928 bis 1929 hatte er während der Weimarer Republik das Amt des Reichsfinanzministers inne.Hilferding war Kind des jüdischen Kaufmanns Emil Hilferding und seiner Mutter Anna, geborene Liß. Von 1896-1901 studierte er in Wien Medizin; dabei erste Kontakte zur sozialdemokratischen Partei und Eintritt in die sozialdemokratische Studentenvereinigung.
Ursprünglich Kinderarzt, wechselte Hilferding 1906 als Dozent für Nationalökonomie an die Parteischule der SPD, schied aber bereits im folgenden Jahr nach einer Ausweisungsandrohung seitens der preußischen Polizei wieder aus und arbeitete bis 1916 als Redakteur des SPD-Zentralorgans Vorwärts. Hilferding war zeitweise Mitglied in der abgespaltenen USPD und übernahm dort die Chefredaktion der Freiheit, die mit dem Vorwärts konkurrierte.
Hilferding gilt als führender Vertreter des so genannten österreichischen Austromarxismus. Mitte der 1920er Jahre wurde er als "führender theoretischer Kopf der Partei" (SPD) angesehen. Friedrich Stampfer bezeichnete Hilferding als Meister in der Kunst, die marxistischen Lehren den praktischen Bedürfnissen entsprechend zu adaptieren.
Sein theoretisches Hauptwerk, Das Finanzkapital von 1910 und die auf dem Finanzkapital aufbauende Theorie des Organisierten Kapitalismus war die Basis für die sozialdemokratische Entwicklung hin zum Reformismus und Demokratischen Sozialismus.
Im ersten Kabinett der Großen Koalition mit Gustav Stresemann als Reichskanzler war er vom 13. August bis zum 6. Oktober 1923 Reichsfinanzminister. Unter Reichskanzler Hermann Müller (SPD) wurde er 1928 Reichsfinanzminister der Weimarer Republik. Im sogenannten Kabinett der Persönlichkeiten enttäuschte Hilferding die Erwartungen auch seiner eigenen Partei (nach Hagen Schulze galt er als "notorischer Faulpelz") und verlor sein Amt nach dem New Yorker Börsencrash Ende Dezember 1929. 1933 ausgebürgert (Emigration), blieb er im Exilvorstand der SPD (SoPaDe) und wohnte ab 1938 in Frankreich; starb schließlich in Gestapohaft in Paris.
1934 verfasste er das Prager Manifest, mit dem der Exilvorstand der Partei unter dem Druck der innerparteilichen Oppositionsgruppen Revolutionäre Sozialisten Deutschlands und Neu Beginnen zum revolutionären Umsturz des nationalsozialistischen Regimes aufrief.
Literatur:
- Dr. Wilfried Gottschalch, Strukturveränderungen der Gesellschaft und politisches Handeln in der Lehre von Rudolf Hilferding. Soziologische Abhandlungen, Heft 3, Berlin 1962.
- Schulze, Hagen: Weimar. Deutschland 1917 bis 1933 (Die Deutschen und ihre Nation). Berlin 1993 - über Hilferding siehe S. 305