Roy Lichtenstein
Roy Fox Lichtenstein (* 23. Oktober 1923 in Manhattan ,† 29. September 1997 in Manhattan) war ein US-amerikanischer Lehrer und Maler (Künstler) der Pop-Art. Neben Andy Warhol war er der wohl bekannteste Vertreter dieser Kunstrichtung.Lichtenstein malte mit kräftigen, klaren Farben. Seine Werke erinnern häufig an Comics oder an alte Zeitungsanzeigen. Auf diesem Weg versuchte Roy Lichtenstein die Kunst mit dem Konsumgut zu verbinden. Er nutzte bewusst Elemente der industriellen Produktion kommerzieller Produkte wie den Comicheften und den Werbeanzeigen, verband diese mit der Kunst und kritisierte damit die Abgehobenheit der Kunst vom alltäglichen und konsumgeprägten Leben.
Für seine Zwecke entwickelte Roy Lichtenstein eine besondere Maltechnik weiter, die im Englischen Benday Dots genannt wird und von dem amerikanischen Künstler und Erfinder Benjamin Day für die industrielle Illustration entwickelt wurde. Dabei setzte er statt Farbflächen nur gleichmäßige Farbpunkte und verlieh somit seinen großformatigen Werken einen künstlichen Anspruch. Diese Rastermethode, der andere Künstler anfangs mit Humor begegneten, karikierte auch er selbst, zum Beispiel mit dem Werk Magnifying Glass (1963, dt. Vergrößerungsglas).
Roy Lichtenstein wurde 1923 in eine New Yorker Mittelstandsfamilie geboren. Sein Vater war Grundstücksmakler. Er besuchte eine Privatschule die in ihrem Lehrplan keinen Kunstunterricht enthielt und auch in seiner Familie gab es wenig künstlerisches Potential. Als Teenager begann er zu Hause das Malen und Zeichnen. Zeitgleich entwickelte er ein Interesse am Jazz und nahm Jazzmusiker mit ihren Instrumenten als Vorlage für Porträts im Stil von Ben Shahn. Seine Modelle traf er bei Konzerten in Harlem und in Jazz-Clubs der 52nd Street.
Im Sommer 1939 besuchte er die Kurse der Art Students League bei Reginald Marsh. Lichtenstein zeichnete Modelle und New Yorker Stadtszenen wie Coney Island, Straßenfeste und Boxkämpfe. Marsh selbst gehörte zu den Malern, die sich der nationalen Kunst und Malerei verschrieben hatten. Er malte Motive des Alltagslebens und konzentrierte sich dabei auf greifbare Motive, Abstraktionen wie sie der Kubismus oder der europäische Futurismus enthielt, lehnte er ab. Darauf begründeten sich auch die Motive Lichtensteins, obwohl sein erklärtes Vorbild bereits zu dieser Zeit Pablo Picasso war, dessen blaue und rosa Periode Lichtensteins frühe Werke stark beeinflussten.
1940 beendete Lichtenstein die High School und schrieb sich aufgrund fehlender Möglichkeiten in New York an der Ohio State University in der School of Fine Arts ein. Er selbst wollte Künstler werden, ließ sich von seinen Eltern jedoch überreden, ein Lehrdiplom an der Kunstakademie zu machen. Den größten Einfluss auf ihn übte Professor Hoyt L. Sherman aus und Lichtenstein malte Modelle und Stilleben im Stil des Expressionismus. Von 1943 bis 1945 unterbrach er sein Studium und diente beim Militär, dabei wurde er in Europa eingesetzt. Mit Tusche, Stift und Kreide fertigte er in dieser Zeit Naturzeichnungen an und nach dem Krieg studierte er kurze Zeit an der Pariser Cité Universitaire und kam dann zurück.
Sherman nutzte in seinen Kursen eine Methode, die als "Flash room" bekannt wurde. Dabei dunkelte er den Raum ab und projizierte kurz Bilder auf bis zu drei Leinwände, die im Laufe des Semesters immer komplexer wurden, später hängte er reale Objekte an die Decke, die ebenfalls kurz angestrahlt wurden. Die Studenten mussten das Gesehene im Dunkeln aufgrund des gedanklichen Nachbildes zu Papier bringen. Auf Lichtenstein hinterließen diese Kurse einen sehr prägenden Eindruck. In seinen späteren Werken versuchte Lichtenstein immer wieder, die Flächigkeit des Bildes mit der Präsenz des mehrdimensionalen Gegenstandes zu kombinieren.
Im Juni 1946 schloss er sein Studium an der Ohio State University ab. Er begann anschließend den Master of Fine Arts-Studiengang und nahm eine Lehrtätigkeit an, die bis 1951 dauerte. In dieser Phase ließ er sich bei seinen halbabstrakten Bildern von den Kubisten inspirieren.
1950 schloss er den Master-Studiengang ab und verlor im Jahr darauf seine Dozentenstelle, da die große Zahl der durch den Staat mit dem G.I. Bill geförderten Studenten einbrach. Bereits im Jahr 1949 heiratete Roy Lichtenstein Isabel Wilson, von der er 1965 wieder geschieden wurde. Das Paar bekam zwei Söhne, David Hoyt (* 1954) und Mitchell Wilson (* 1956). Lichtenstein zog im Jahre 1951 nach Cleveland, wo seine Frau eine Anstellung hatte, und arbeitete als graphischer und technischer Zeichner sowie als Designer für Weißblechdosen. Seine ersten Einzelausstellungen 1949/1950 fanden in der Ten-Thiry Gallery, Cleveland und der Carlebach Gallery, New York statt.
Biographie
Die Lehrjahre
Frühe und weitgehend erfolglose Künstlerjahre
Frühe Werke (Auswahl, extern) |
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Die ersten Anzeichen von Pop-Art ließen sich 1956 in humorvollen Lithographien erkennen, obwohl er zu dieser Zeit noch vorwiegend expressionistische Bilder malte. 1957 entstand etwa das Bild Ten Dollar Bill, welches einen stark abstrahierten Zehndollargeldschein darstellte. Die Konzentration Lichtensteins auf den zu der Zeit in den USA sehr populären Expressionismus wird häufig als Versuch gedeutet, auf den Mainstream aufzuspringen und auf diese Weise kommerziell erfolgreich zu werden. Dabei herrschten zwei Richtungen des Expressionismus vor, zwischen denen Lichtenstein pendelte, zum einen das "Action Painting", vornehmlich repräsentiert durch Willem de Kooning und Jackson Pollock und zum anderen der introvertierte Expressionismus, der zum Beispiel durch Barnett Newman und Robert Motherwell vertreten wurde. Newman wurde bekannt durch große und reine Farbflächen, die den Betrachter zu einer meditativen Beschäftigung mit dem Bild animieren sollten.
Roy Lichtenstein begann 1957 mit diesem Stil zu experimentieren und stellte seine Werke 1959 erneut in New York aus, allerdings ohne damit viel Aufmerksamkeit zu erregen. Wahrscheinlich aus fehlender Überzeugung für diesen Stil begann er schließlich gelegentlich Comic-Figuren wie Mickey Mouse, Donald Duck, Bugs Bunny und andere Disney-Charaktere zu malen. Er selbst reflektierte dies als einen puren Verzweiflungsschritt, denn seiner Ansicht nach waren zwischen Milton Resnick und Mike Goldberg einfach keine Nischen mehr frei. Seine ersten Disney-Bilder wurden nie öffentlich gezeigt und zu einem großen Teil von Lichtenstein selbst wieder übermalt.
Von 1960 bis 1964 war Lichtenstein an der Rugers University in New Jersey angestellt und zog auch dorthin um.
Er lernte dort Allan Kaprow kennen, der ihn mit Robert Watts, Claes Oldenburg, Jim Dine, Rober Whitman und anderen bekannt machte. Kaprow wurde bekannt durch seine Etablierung von Happenings und Installationen, die die Kunst mit der Verwendung von Alltagsgegenständen verband. Diese Einstellung teilte er mit seinem Lehrer, dem Musiker John Cage, der auch als Mentor der beiden Extremkünstler Robert Rauschenberg und Jasper Johns galt. Deren extremer Umgang mit der Kunst stellte für Lichtenstein die Grundlage für seine provokativen Comicbilder dar. Lichtenstein experimentierte erst mit Kaugummibildern und kam dann auf die Idee, diese großformatig zu produzieren. Als Experiment gestartet, begeisterte diese Idee den Maler und 1961 brach er dann auch mit den restlichen Traditionen der bisherigen Malerei, indem er die Imitation der industriellen Drucktechnik und vor allem die aus den Comics bekannte Sprechblase in seinen Bildern verwandte.
Look Mickey, der Durchbruch einer Provokation
1961 bis 1965 (Auswahl, extern) Oooh ... Alright! (1964) |
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1962 waren alle Bilder an bedeutende Sammler verkauft und Roy Lichtenstein war in der komfortablen Lage, von seinen Bildern zu leben. Diese Erfahrung verarbeitete er 1962 in seinem Masterpiece (dt. Meisterstück), in dem er die Protagonistin zu ihrem Begleiter sagen läßt: Why, Brad Darling, this painting is a Masterpiece! My, soon you'll have all of New York clamoring for your work!. In diesem Jahr nahm Lichtenstein auch an den ersten wichtigen Ausstellungen der Pop-Art teil:
- The New Paintings of Common Objects im Pasadena Art Museum
- New Realists in der Sidney Janis Gallery, New York
Kunst und Kommerz
1963 zog Roy Lichtenstein wieder nach New York und widmete sich im folgenden Jahr ganz der Malerei. In der Folgezeit entstanden eine Vielzahl von Werken des Künstlers, die in verschiedene Themenbereiche einzuordnen sind und oftmals als Serien gemalt wurden. Neben der reinen Malerei widmete sich Lichtenstein auch der Plastik sowie der Installation künstlerischer Objekte; auch hier immer auf den Lichtenstein-Stil bedacht. Roy Lichtenstein nutzte im Gegensatz zu Andy Warhol nie Fotografien als Vorlage für seine Bilder. Stattdessen verwandte er weiterhin Vorlagen aus Comicserien oder auch aus dem Branchenbuch, wie etwa bei Girl with Ball (1961, dt. Mädchen mit Ball).
Sein Frühwerk zeichnete sich noch durch eine starke Themenfächerung aus. Bei vielen dieser Bilder sind die Vorlagen noch greifbar und ein direkter Vergleich ist möglich. Bei anderen, wie etwa der Darstellung Golf Ball, handelt es sich offensichtlich um Studien zur Dreidimensionalität. Starke Einflüsse von Pablo Picasso und von Piet Mondrian lassen sich bei den Bildern Lichtensteins dieser Zeit erkennen, zugleich werden in seiner simplen Objektwahl Parallelen zu zeitgenössischen Künstlern wie Claes Oldenburg deutlich, der Tortenstücke oder Sandwiches aus Venyl oder Gips gestaltete. Unübersehbar von der Überflutung mit Werbung für neuartige Geräte und Gegenstände der Zeit beeinflusst, entstanden Bilder wie Roto Broil (1961, dt. Friteuse), Washing Mashine (1961, dt. Waschmaschine) oder Sock (1961, dt. Socke). Diese "kommerzielle Kunst" teilte mit den Comicbildern die subtile Darstellung. Die Wiedergabe von Alltagsgegenständen stieß bei den Kunstkritikern auf Ablehnung, nicht jedoch bei den Käufern bei Castelli. Durch seinen Versuch, die industrielle und damit kommerzielle Produktion der Comics zu kopieren, steigerte Lichtenstein die enge Verbindung zwischen Kunst und Kommerz weiter. Spätestens mit seinem Werk Art (1962) führte er die traditionelle Institution Kunst ad absurdum, indem er ein beinah zwei Quadratmeter großes, in schwarzer Schrift gehaltenes Wort als Kunst darstellte: ART, zu deutsch Kunst.
Ein sehr eindrucksvolles Beispiel für seine Nutzung industrieller Ideen ist seine Farbgebung. Wie der kommerzielle Produzent von Druckwerken versuchte Lichtenstein, so wenig Farben wie möglich einzusetzen. Während der Drucker dies jedoch aus ökonomischen Gründen tut wird es bei Lichtenstein zu einem künstlerischen Mittel. Schwarzes Haar, etwa bei dem Bild Drowning Girl (1963, dt. Ertrinkendes Mädchen), stellte Lichtenstein blau dar und sparte sich so die Lichteffekte. Große Flächen wurden entweder vollständig gefüllt oder durch die typische Punktierung dargestellt, wieder ein ehemals ökonomischer Zwang, den Lichtenstein im Sinne seiner Kunst einsetzte.
Die Personen, die Lichtenstein in seinen Werken abbildete, entbehrten jeder Individualität und stellten in der Regel den Prototyp der schönen Frau dar - meist blond - wie etwa in Eddie Dyptych (1962, dt. Eddie Dypitchon), The Kiss (1962, dt. Der Kuss) oder Vicky'\' (1964). Ein weiteres wesentliches Element, wieder entliehen aus den Comics, war die Sprechblase. Durch die Verwendung von Gedankenblasen (wie bei I know ... Brad (1963) oder Mr. Bellamy (1961)) wird der Betrachter in die Gedanken der Protagonisten eingeführt, ohne dass die Personen eine spezielle Mimik brauchen; durch die Nutzung echter Sprechblasen (bei The Melody Haunts My Reverie (1965) oder der Kriegsszene Torpedo ... los! (1963)) wird er in die Atmosphäre des Bildes einbezogen. Der dritte Typ ist die separate Textbox, die die Szene aus einem Winkel des Erzählers betrachtet und Inhalte preisgibt, die im Bild nicht enthalten sind (angewendet etwa bei We rose up slowly (1964) oder dem aus drei Tafeln bestehenden As I opened Fire (1964)). Ganz massiv wird die Einführung in die Szene durch Lichtensteins Kriegszenen deutlich, die neben dem begleitenden Text auch in großen, farbig gehaltenen Buchstaben die eindrucksvollsten Geräusche festhalten, wie etwa bei Takka Takka (1962) oder Whaam'' (1963).
Gerade die Kriegsbilder dieser Zeit wurden häufig als eine Antikriegshaltung des Künstlers interpretiert, der Lichtenstein aber eine deutliche Absage erteilte:
- Es ist kein vorrangiges Ziel meiner Kriegsbilder, militärische Aggressivität in einem absurden Licht darzustellen. Persönlich finde ich, unsere Außenpolitik ist in vieler Hinsicht barbarisch gewesen, aber das ist es nicht, worum es mir bei meiner Arbeit geht, und ich will diese weitverbreitete Position auch nicht ausschlachten. Das Thema meiner Arbeit betrifft eher unsere amerikanische Definition von Bildern und visueller Kommunikation
Abstraktionen im Comicstil
Bereits während seiner frühen Schaffensphase begann Lichtenstein auch mit einer Verbindung der Abstraktion und seines neu entwickelten Comicstils. 1964/1965 erstellte er Gemälde und Keramikskulpturen von Frauenköpfen sowie Landschaften und setzte auch seine Explosionen in Skulpturen um (etwa Explosion No. 1 (1965) aus lackiertem Metall). Bis 1969 widmete er sich dann der Monumentalarchitektur, seinen Pinselstrich-Serien, Explosionen und modernen Gemälden mit einem Bezug auf die 1930er.
Pablo Picasso oder anderer Künstler der Zeit wirken, spielte Lichtenstein mit einem Wechsel der starken schwarzen Linien, ausgefüllten und punktierten Flächen. Dabei entstanden Werke wie Study for Preparedness (1968, dt. Studie für das Bild Bereitschaft), oder das aus vier Tafeln bestehende Modular Painting with four Panels No. 2 (1969). Die Pinselstrichserie setzte monochrome Pinselstriche mit schwarzen Einfassungs- und Riefenlinien auf einen punktierten Grund (etwa White Brushstroke I (1965) oder Yellow and Green Brushstrokes (1966).Anfang 1969 arbeitete er in Los Angeles an einem Film über Seelandschaften und experimentierte zusammen mit Joel Freedman in New York mit dem Medium des Films. 1970 zog er nach Southampton, Long Island um und wurde Mitglied in der American Acadamy of Arts and Sciences.
In den 1970ern beschäftigte er sich mit optischen Täuschungen und Werken der Kunstgeschichte. In dieser Phase entstanden verschiedene Stillleben wie Still-Life with Silver-Pitcher (1972, dt. Stillleben mit Silberkrug), Still-Life with Net, Shell, Rope and Pulley (1972, dt. Stillleben mit Netz, Muschel und Tau) oder Still-Life with Lemons (1975, dt. Stillleben mit Zitronen), in denen er auch die Stillleben des 19. Jahrhunderts abstrahierte. Weitere Werke nutzen die Arbeiten anderer Künstler als Vorbild, etwa die Forest Scene (1980, Waldszene) oder Rouen Cathedral (Seen at Three Different Times of Day) Set No. 2 (1969, nach Claude Monet) sowie Red Horseman (1974, dt. Roter Reiter nach dem gleichnamigen Bild von Carlo Càrra. Die Serie Artist's Studio wiederum beschäftigte sich mit seinen eigenen Werken, die Lichtenstein in neuem Zusammenhang wieder darstellte (etwa Artist's Studio, Look Mickey (1973), Artist's Studio - with model (1974) oder Artist's Studio, Foot Medication (1974)). 1979 erhielt er den Auftrag für eine öffentliche Skulptur, eine Meerjungfrau für das Theater of Performing Arts in Miami Beach, Florida.
Besonders in den 1980er entstanden Werke von Roy Lichtenstein, die die Comic-Atmosphäre wieder vollkommen verliessen und an die expressionistischen und surrealen Wurzeln des Künstlers erinnerten. Mit klaren Farben, allerdings ohne flächige Elemente oder Einrahmungen, stellte er gegenständlich Eindrücke wie Landschaften dar. In dieser Zeit entstanden etwa Red Barn through the Trees (1984), Sunrise (1984) oder Landscape with Red Roof (1985)
Von der George Washington University, Washington D.C erhielt Roy Lichtenstein 1996 einen Ehrendoktor. Er starb am 29. September 1997 in Manhattan.
Literatur
Weblinks
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Beurteilung:
Exzellenter Artikel