René Leibowitz
René Leibowitz (* 17. Februar 1913 in Warschau, † 28. August 1972 in Paris) war ein französischer Dirigent, Musikpädagoge, Schriftsteller und Komponist lettisch-polnischer Herkunft.Er setzte sich als Interpret wie als Lehrer und Publizist besonders für die Musik der Zweiten Wiener Schule um Arnold Schönberg ein: zunächst in seiner Wahlheimat Frankreich (noch im Untergrund während der deutschen Besetzung), nach 1945 auch in Deutschland. U.a. als Lehrer bei den Kranichsteiner/Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik ab Ende der 40er Jahre wurde Leibowitz zur Schlüsselfigur für die Verbreitung von Ästhetik und Technik der Zwölftonmusik in der europäischen Nachkriegsavantgarde.
Zu seinen Schülern gehören die Komponisten Pierre Boulez, Serge Nigg, Vinko Globokar, Mikis Theodorakis, Hans Werner Henze, Jan(et) Maguire, Pierre Henry, Jacques-Louis Monod, Keith Humble, Hans-Ulrich Engelmann, der Dirigent Diego Masson, der Schlagzeuger Jean-Pierre Drouet und der Pianist Claude Helffer.
Seine persönlich und künstlerisch enge Beziehung zu den Literaten Georges Bataille, Tristan Tzara, Raymond Queneau, Michel Leiris und Georges Limbour hat sich in zahlreichen Vertonungen ihrer Werke manifestiert. Auch Freunden wie dem Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler, dem bildenden Künstler André Masson, dem Philosophen Maurice Merleau-Ponty und dem Sozialanthropologen Claude Lévi-Strauss hat Leibowitz eigene Kompositionen gewidmet.
Die Musik des handwerklich am Modell insbesondere Arnold Schönbergs, Anton Weberns und Alban Bergs geschulten Komponisten René Leibowitz hat sich oberflächlicher Beurteilung und Kategorisierung mit den Augen der Avantgarde stets entzogen. Ihre unerhörten Qualitäten - die Verbindung von linearer Polyphonie, rhetorischem Ausdruck mit struktureller Eleganz, aber auch Sinnlichkeit und Transparenz des Klanges (bei gleichzeitigem Verzicht auf elektronische Klangerzeugung) - wurden aufgrund entsprechender kategorischer Vorbehalte lange nicht gebührend wahrgenommen. Erst in jüngster Zeit findet sie zunehmend Beachtung.
Als wichtigste Schallplatteneinspielungen des Dirigenten René Leibowitz gelten die antiromantischen Interpretationen der Beethoven-Sinfonien, die Ersteinspielung der "Gurre-Lieder" von Arnold Schönberg und wichtiger Operetten von Jacques Offenbach.
Wichtigster Partner als Interpret und Interpretationstheoretiker war Leibowitz der Geiger Rudolf Kolisch. Auch mit dem Komponisten Paul Dessau verband ihn eine enge Beziehung.