Religionsunterricht
Der hierzulande neben jüdisch und neuerdings auch muslimisch vorwiegend christliche Religionsunterricht (=RU), getrennt nach evangelischer und römisch-katholischer Konfession, wird in der Regel als ordentliches Lehrfach gemäß Art. 7, Abs.3, Satz 2 GG angeboten. Danach ist der RU an öffentlichen Schulen Pflichtfach und steht unter der staatlichen Schulaufsicht, d.h. er wird in der Regel von Lehrern mit Religionsfakultas aber auch von Katecheten und (Schul-)Pfarrern erteilt. Die Kirchen haben lediglich das Recht, sich durch Einsichtnahme in den Unterricht zu vergewissern, dass dieser mit ihren Grundsätzen übereinstimmt (gilt nicht für Berlin, Brandenburg, Bremen und Hamburg).
- Die im RU von den Schülern erbrachten Leistungen werden benotet. Diese Noten sind versetzungsrelevant (in Hamburg erst ab 9.Klasse).
- Es besteht ein Recht auf Befreiung vom RU, nicht aber eine Anmeldepflicht. (vgl. "Ausnahmen" Berlin und Brandenburg)
- Bis zum 12. Lebensjahr entscheiden die Eltern des Kindes über seine Teilnahme am RU. Vom 12. Lebensjahr an bedarf diese Entscheidung der Zustimmung des Kindes. Nach dem 14. Lebensjahr ist das Kind "religionsmündig". (In Bayern und im Saarland erst nach dem 18. Lebensjahr)
- Außer in Bremen und Berlin müssen Schüler, die nicht am RU teilnehmen, einen Ersatzunterricht (z.B. Ethik) besuchen. In Nordrhein-Westfalen ist so eine Wahl allerdings erst ab Sekundarstufe II möglich.
- Während der römisch-katholische RU sich bislang lediglich an eigene Glaubensangehörige wendet, können am evangelischen RU Schüler aller Glaubensvorstellungen teilnehmen. Von zahlreichen Angehörigen beider Konfessionen gibt es Bemühungen um einen gemeinsamen bzw. ökumenisch-christlichen RU, der diese Unterscheidung aufhebt.
Die Ausnahmen
- In Berlin ist der RU nach § 23 Berliner Schulgesetz vom 26.6.48 Sache der Religions- und Weltanschauungsgemeinden (Berliner Schulmodell). Der RU wird hier derzeit (2004) noch zumeist von kirchlich bestallten Mitarbeitern (Katecheten) erteilt, die eine mehrjährige, spezifische Ausbildung absolviert haben. Man muss sich zum RU anmelden (Wahlfach); die Benotung ist nicht versetzungsrelevant; einzige Alternativ-Wahlfächer bisher: Vereinzelt muslimischer RU sowie "Ethik" bzw. "Lebenskunde" durch die Freidenker. Stundenplantechnisch ergeben sich daraus verstärkt Probleme in der Betreuung derjenigen Schüler, die sich zu keinem dieser Wahlfächer angemeldet haben. Wegen der häufigen Verlegung des RU in die Randstunden oder zeitgleicher Freizeitangebote (Ganztagesschulen) besteht ein erhöhtes "Abmelderisiko". Hinzu kommt noch eine veränderte Bevölkerungsstruktur durch die Zuwanderung andersgläubiger Menschen sowie einer noch nicht abgerissenen "Kirchenaustrittswelle". Andererseits wird der RU von den Schülern gerade wegen seiner Freiwilligkeit und Nicht-Versetzungsrelevanz als "angst- und stressfreie" Zone erlebt, in der ihre Probleme des Alltags adäquat aufgefangen und besprochen werden können.
- In Brandenburg lief Anfang der 90er Jahre ein auf drei Jahre befristeter Modellversuch LER (=Lebenskunde/Ethik/Religion) in 44 Schulen an, der als erfolgreich bewertet wurde. Mittlerweile wird an weit mehr Schulen nun der Unterricht bei insgesamt zwei zur Verfügung stehenden Wochenstunden etwa hälftig über das gesamte Schuljahr verteilt und in eine Integrations- und in eine Differenzierungsphase gegliedert. Die Integrationsphase umfasst "bekenntnisfreien" Unterricht in Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde/Religionswissenschaft. In der Orientierungsphase wird der RU als ordentliches Lehrfach angeboten, in der Differenzierungsphase angelehnt an das GG "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen". Eine Leistungsbewertung durch Noten findet in LER nicht statt. Alle Schüler sind in diesem Bundesland zur Teilnahme an LER verpflichtet, und mussten sich bislang ausdrücklich davon abmelden, um stattdessen an dem eigenständig von den christlichen Kirchen angebotenen RU teilnehmen zu können. Letzteres führte zu Klagen seitens der Kirchenleitungen, die bis in die höchsten Instanzen gingen. Mit der Einrichtung von LER sah der frühere Berliner Bischof Kruse die Gefahr, "dass der Staat das Direktorium über die Weltanschauung der Schüler übernimmt".
- In Bremen wird gemäß Artikel 32 Abs. 1 der Landesverfassung in den allgemein bildenden Schulen ein bekenntnismäßig nicht gebundener Unterricht (Religionskunde) in Biblischer Geschichte auf allgemein christlicher Grundlage erteilt. Diese Religionskunde gilt als Pflichtfach unter staatlicher Schulaufsicht mit versetzungsrelevanter Benotung.