Reinhard Heydrich
Reinhard (auch: Reinhardt) Tristan Eugen Heydrich (* 7. März 1904 in Halle (Saale), † 4. Juni 1942 in Prag) war führender Funktionär in der Zeit des Dritten Reiches. Heydrich war SS-Obergruppenführer und General der Polizei, Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) und Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren. Genannt wurde er "der Schlächter von Prag", "die blonde Bestie" und "der Henker".Heydrichs Vater, Bruno Heydrich, war Musiklehrer und gründete seinerzeit in Halle das erste Konservatorium.
Heydrich schloss sich 1919 als Schüler mit 15 Jahren dem Freikorps "Märker" an und stand stark unter dem Einfluss des Rassenfanatismus von völkischen Kreisen.
Im März 1922 trat er in Kiel in die Reichsmarine ein, wo er bis 1930 unter Admiral Wilhelm Canaris diente. Nach einer Affäre wurde er 1931 auf Betreiben Canaris' von Admiral Erich Raeder nach einer Entscheidung des Ehrenrates gezwungen, die Marine wegen "ehrwidrigen Verhaltens" als Oberleutnant zur See zu verlassen. Heydrich hatte seine Beziehung zu einer jungen Frau gelöst, indem er ihr eine ausgeschnittene Verlobungsanzeige aus einem Lokalblatt mit seiner neuen Verlobten Lina von Osten schickte.
Im Juli desselben Jahres trat er in die NSDAP und die SS ein. Dort fand er schnell die Aufmerksamkeit Himmlers und machte rasant Karriere. Bereits im Dezember 1931 war er SS-Obersturmbannführer und wurde im Juli 1932 SS-Standartenführer und Chef des Sicherheitsdienstes (SD). Im März 1933 wurde er Leiter der politischen Abteilung der Polizeidirektion München und wurde zum SS-Oberführer befördert. Als Belohnung für seine wesentliche Mitarbeit bei der Ausschaltung der SA-Führung (Röhm-Putsch) wurde er am 1. März 1934 zum SS-Gruppenführer ernannt.
Er war am Aufbau des Sicherheitsdienstes (SD) beteiligt. Ab 1936 war er Chef der Sicherheitspolizei (Sipo) und des SD (CS-SD). Systematisch organisierte er Kontrolle, Verfolgung und Erpressung als Terrormaßnahmen. Kalt und berechnend, dabei völlig ohne Skrupel bei der Durchsetzung auch der unmenschlichsten Maßnahmen wurde Heydrich schnell unentbehrlich für die Führung des Dritten Reiches.
Heydrich verkörperte für viele Zeitgenossen den Inbegriff des "Ariers". Blond, schlank, großgewachsen, mit schneidigem Auftreten und immer eiskalt wirkend. Dazu ein Mann großer Sportlichkeit - unter anderem ein erstklassiger Fechter, exzellenter Reiter und guter Pilot -, mit einer hohen musikalischen Begabung (er spielte recht gut Violine), dem auf den ersten Blick derartige Verbrechen nicht zugetraut wurden.
Himmler war beeindruckt und machte Heydrich zu seiner rechten Hand. Heydrich war ein fähiger Machtmensch und leistete für Himmler wichtige Arbeit bei der Integration der politischen Polizei in den Parteiapparat. Einige Historiker vertreten die These, der im Grunde kleinbürgerliche Himmler mit seinem weltfremden Hang zum Mystizismus hätte ohne den scharfsinnig planenden und entschlossen handelnden Heydrich im von Intrigen bestimmten internen Machtkampf der verschiedenen Gruppen in der NSDAP nicht bestehen können. "HHHH - Himmlers Hirn heißt Heydrich" soll der ehemalige preußische Innenminister und spätere Reichsmarschall Hermann Göring über seine Konkurrenten gewitzelt haben, die ihm Stück für Stück die Hoheit über Polizei und Sicherheitsdienste streitig machten.
Die Sicherheitspolizei, die sich aus der politischen Polizei und der Kriminalpolizei zusammensetzte, wurde straff durchorganisiert, mit zuverlässigen Nazis durchsetzt, und zentral geführt. In ihr hatte Heydrich ein willfähriges Instrument, um vermeintliche Staatsfeinde, aber auch persönliche Widersacher und Rivalen, gnadenlos zu verfolgen. Er schuf ein Netz einer fast lückenlosen polizeilichen Überwachung, legte umfangreiche Akten an und beauftragte sogar Wissenschaftler mit Studien über die Aktivitäten möglicher Staatsfeinde wie Juden, Kommunisten, Liberale und religiöse Gruppen. Auch Erpressung, Verhaftungen, Folter und Mord gehörten zu seinem Repertoire. Er hatte eine ausgesprochene Vorliebe für heimtückische Winkelzüge, ein Meisterstück sicherlich die Vortäuschung eines Überfalls auf den Sender Gleiwitz, der Hitler den benötigten Vorwand für den Überfall auf Polen verschaffte und den 2. Weltkrieg einläutete.
1939 übernahm Heydrich die Leitung des neugeschaffenen Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), dem sowohl die Gestapo als auch die Kriminalpolizei und der Sicherheitsdienst (SD) unterstanden. So war ein riesiger Polizeiapparat entstanden, der überall Informationen sammeln und liefern konnte. Heydrich arbeitete weiter an der Vervollkommnung dieses Apparates, der seine ganze Macht bei der Durchführung des Befehls zur Vernichtung des Judentums zeigen sollte.
Schon vor dem Krieg sammelte Heydrich alle Informationen, die in polizeilicher Hinsicht etwas mit dem Judentum zu tun hatten. 1938 allerdings lag der Schwerpunkt der Überlegungen noch bei einer Zwangsaussiedlung der deutschen Juden. Heydrich hatte Eichmann nach Wien gesandt, um dort die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ einzurichten. Das war ein großer Erfolg, und so wurde in Berlin die entsprechende „Reichszentrale“ eröffnet.
Nach der Eroberung Polens gab Heydrich den Befehl, Ghettos für die Juden einzurichten, und Judenräte zu bilden. So wurden die Judengemeinden gezwungen, mit den Nazis zusammenzuarbeiten, an ihrem eigenen Unglück mitzuwirken. Mit Eichmanns Hilfe organisierte Heydrich Deportationen von Juden aus dem ganzen Reichsgebiet sowie aus Österreich und Teilen Polens in diese Ghettos. In einer Anweisung vom September 1939 unterschied Heydrich zwischen einem geheimen Endziel, dessen Verfolgung langfristig erfolgen muss, und den Mitteln und Wegen dorthin. Ghettos waren für ihn ganz klar nur Zwischenstationen, genau so wie die Beschlagnahme jüdischen Eigentums durch die Gestapo und die Deportationen.
Nach dem Überfall auf die Sowjetunion (Heydrich diente übrigens während der ersten sechs Wochen des Überfalls als Kampfpilot, ganz seinem schneidigen Stil treu bleibend) im Juli 1941 beauftragte ihn Göring, alle erforderlichen Vorbereitungen für eine „Gesamtlösung der Judenfrage“ zu treffen, seien sie finanzieller, organisatorischer oder verwaltungstechnischer Natur. Heydrichs Einsatzgruppen, die auch unter Mithilfe der Wehrmacht bereits Zehntausende von Polen und Juden ermordet hatten, ermordeten in der Folge rund eine Million Russen und Polen, zumeist Juden und Funktionäre. Heydrich erkannte schnell, dass eine zentrale Koordinierung aller beteiligten Stellen erforderlich war. So berief er zum 20. Januar 1942 die so genannte „Wannsee-Konferenz“ ein, um Mittel und Wege zur „Endlösung der europäischen Judenfrage“ zu erörtern. Heydrich empfahl für die Juden im Osten „…Arbeitseinsätze unter Trennung der Geschlechter, arbeitsfähige Juden sollen straßenbauend durch diese Gebiete geführt werden, wobei zweifelsfrei ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird.“ Der überlebende Rest solle einer „Sonderbehandlung“ zugeführt werden. In der zynischen Sprache Heydrichs also ein klarer Vorschlag zur Ermordung der Juden durch Hunger, Krankheit und Erschöpfung, wer doch überlebte sollte einen anderen, gewaltsamen Tod finden.
So gründete Heydrich die Basis der „Endlösung der Judenfrage“. Nach seinem Vornamen wurde die Vernichtung des polnischen Judentums „Aktion Reinhard“ genannt. Heydrich selbst hatte September 1941 Berlin verlassen, um in Prag das Amt des Stellvertretenden Reichsprotektors von Böhmen und Mähren anzutreten, blieb aber gleichzeitig Chef des Reichssicherheitshauptamtes.
Am 27. Mai 1942 erfolgte ein von der tschechischen Exilregierung in London organisiertes Attentat in Prag, dem er am 04. Juni erlag. Heinrich Himmler übernahm zunächst selbst die Führung des Reichssicherheitshauptamtes, bis Ernst Kaltenbrunner am 30. Januar 1943 als neuer Chef des RSHA in sein Amt eingeführt wurde. Zum Nachfolger Heydrichs als Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren wurde der Chef der Ordnungspolizei, SS-Oberstgruppenführer und Generaloberst der Polizei Kurt Daluege, bestimmt.
Am 10. Juni 1942 führte die SS für das Attentat auf Heydrich einen Vergeltungsschlag gegen das Dorf Lidice aus, dessen Männer über 16 Jahren getötet, während die Frauen und Kinder in Konzentrationslager deportiert wurden.
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