Reichswehrministerium
Das Reichswehrministerium wurde entsprechend der Reichsverfassung der Weimarer Republik im Oktober 1919 aus den einzelstaatlichen Kriegsministerien (vor allem dem Preußischen Kriegsministerium) des Kaiserreichs gebildet.Der Reichswehrminister war ministerieller Ressortchef der Wehrverwaltung und übte gleichzeitig den Oberbefehl über alle Teile der Reichswehr (d.h. Reichsheer und Reichsmarine) aus, welcher ihm durch den Reichspräsidenten (und obersten Befehlshaber) übertragen worden war. Durch diese Konstruktion befand sich der Reichswehrminister in einem zwiespältigen Verhältnis zum Reichspräsidenten: Einerseits war der Minister in der militärischen Kommandostruktur dem Reichspräsidenten direkt unterstellt, andererseits war er als Teil des Regierungskabinetts dafür verantwortlich, die militärischen Anordnungen des Reichspräsidenten kritisch zu überprüfen und gegenzuzeichnen.
Dem Reichswehrminister direkt unterstellt waren die Adjutantur, die Haushaltsabteilungen Heer und Marine, die Rechtsabteilung, die Wehrmacht-Abteilung (ab 1926) und die Abwehrabteilung (ab 1928). Diese Abteilungen wurden im März 1929 im neueingerichteten Ministeramt zusammengefasst. Chef des Ministeramts wurde Kurt von Schleicher, zuvor Chef der Wehrmacht-Abteilung. Nach der Ernennung Schleichers zum Reichswehrminister im Juni 1932 übernahm Oberst Ferdinand von Bredow das Ministeramt.
Dem Reichswehrminister nachgeordnet waren der Chef der Heeresleitung, der Chef der Marineleitung und der Chef der Heeresverwaltung. Die Heeresleitung übernahm dabei unter Generaloberst Hans von Seeckt (Chef der Heeresleitung von 1920 bis 1926) zeitweilig faktisch die eigentlich dem Reichswehrminister zustehende militärische Kommandogewalt.
Reichswehrminister von 1919 bis 1933
Feb 1919 bis März 1920 | Gustav Noske | SPD |
März 1920 bis Jan 1928 | Dr. Otto Geßler | DDP |
Jan 1928 bis Mai 1932 | Wilhelm Groener | parteilos |
Juni 1932 bis Jan. 1933 | Kurt von Schleicher | parteilos |
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler installierte Reichspräsident Paul von Hindenburg den Generalmajor (später Generalfeldmarschall) Werner von Blomberg als Reichswehrminister, der bis Februar 1938 amtierte. Durch das Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 wurde das Reichswehrministerium in Reichskriegsministerium umbenannt, die neue Bezeichnung des Reichswehrministers lautete nunmehr Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht.
Nach der Machtergreifung der NSDAP wurde der überzeugte Nationalsozialist Oberst (später Generalfeldmarschall) Walter von Reichenau als Chef des Ministeramts eingesetzt. Im August 1935 folgte ihm Generalmajor (später Generalfeldmarschall) Wilhelm Keitel. Das Ministeramt wurde 1934 in Wehrmachtamt umbenannt und in den folgenden Jahren mit dem Fernziel einer zentralisierten Wehrmachtführung kontinuierlich ausgebaut.
Im Februar 1938 übernahm Adolf Hitler selbst den Oberbefehl über die Wehrmacht mit der Bekanntmachung vom 4. Februar 1938 (RGBl. 1838 I S.111):
Die Befehlsgewalt über die gesamte Wehrmacht übe ich
von jetzt an unmittelbar persönlich aus.
Das bisherige Wehrmachtamt im Reichskriegsministerium
tritt mit seinen Aufgaben als "Oberkommando der Wehrmacht"
und als mein militärischer Stab unmittelbar unter meinen
Befehl.
An der Spitze des Stabes des Oberkommandos der Wehrmacht
steht der bisherige Chef des Wehrmachtamtes als "Chef des
Oberkommandos der Wehrmacht". Er ist im Range den Reichsmi-
nistern gleichgestellt. Das Oberkommando der Wehrmacht
nimmt zugeleich die Geschäfte des Reichskriegsministeriums
wahr, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht übt in
meinem Auftrag die bisher dem Reichskriegsminister zuste-
stehenden Befugnisse aus.
Dem Oberkommando der Wehrmacht obliegt im Frieden nach
meinen Weisungen die einheitliche Vorbereitung der Reichs-
verteidigung auf allen Gebieten."
Aus dem Wehrmachtamt ging das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) hervor, Hitler als militärischer Stab direkt unterstellt. Die Aufgaben des Reichskriegsministeriums gingen so auf das Oberkommando der Wehrmacht über. Als Chef des OKW übernahm der Wilhelm Keitel, der schon vorher die Führung des Wehrmachtamtes (WA) ausübte, diese Position. Die Oberbefehlshaber des Heeres und der Kriegsmarine erhielten selbständige Behörden, wie sie der Reichminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe bereits bei seiner Ernennung besessen hatte.
Damit war die Institution des Reichskriegsministeriums praktisch erloschen.