Reichsland Elsass-Lothringen
Reichsland Elsass-Lothringen war die Bezeichnung für die Regionen Elsass und Lothringen während ihrer Zugehörigkeit zum Deutschen Kaiserreich (1871 - 1918).Nachdem das Elsass im 17. Jahrhundert französisch geworden war, wurde es 1871, nach dem preussisch-französischen Krieg durch den Frieden von Frankfurt dem Deutschen Reich zunächst als Territorium unter direkter Reichsverwaltung angegliedert.Viele sich zu Frankreich gehörig fühlende Elsässer, insbesondere die französischsprachigen Bewohner, verließen das Elsass und zogen nach Frankreich, insbesondere nach Belfort.
1874 wurde in Elsass-Lothringen die reichsdeutsche Verfassung eingeführt.Das Land erhielt im Deutschen Reich ab 1877 das Recht Gesetze vorzuschlagen. Es besaß nunmehr eine gewisse Eigenständigkeit. Ein beratender Landesausschuss wurde eingerichtet. 1879 wurde das Amt des Statthalterss eingeführt, der als Oberhaupt das Reichsland Elsass-Lothringen repräsentierte. Ein Staatssekretär leitete die Regierung des Reichslandes. 1884 wurde die Reichsuniversität Straßburg gegründet. Während dieser Zeit erlebte das Elsass eine wirtschaftliche Blütezeit, viele neue Errungenschaften wie die Sozialversicherung und Krankenversicherung wurden entsprechend der allgemeinen Entwicklung in den übrigen Teilen des deutschen Kaiserreichs eingeführt. Erst im Jahre 1911 wurde das Elsass den übrigen deutschen Bundesstaaten gleichgestellt und erhielt eine eigene Verfassung und ein eigenes, freigewähltes Parlament, eine eigene Fahne und drei Vertreter im deutschen Bundesrat. Das Parlament des Reichslandes Elsass-Lothringen bestand aus zwei Kammern: die erste Kammer bestand aus Abgeordneten der Handels- und Landwirtschaftskammern, der Städte und Religionsgemeinschaften, der Universität und des Oberlandesgerichts, während die 60 Abgeordneten der zweiten Kammer in freier, gleicher und geheimer Wahl für 5 Jahre gewählt wurden. Dennoch empfanden viele Bewohner der Reichslande die Deutschen als Besatzer, wie die Vorgänge um die Zabern-Affäre eindrucksvoll zeigten.
Nach dem 1. Weltkrieg (1914 - 1918) erklärte sich das Elsass unter E. Ricklin im November 1918 zunächst unabhängig. Dies war die einzige, sehr kurze Zeit in der Geschichte des Elsass, in der die dort wohnenden Menschen allein über ihre Geschicke bestimmen durften. Nach ca. einer Woche rückten französische Truppen ein und beendeten die Unabhängigkeit. Anfangs reagierten einige Bevölkerungsteile enthusiastisch auf die Rückkehr nach Frankreich. Dies ließ nach als die Franzosen ihre brutale Assimilierungspolitik durchsetzten. Die Bewohner des Elsass wurden nach dem Ende dieser "Reichsland Elsass-Lothringen" - Zeit in 4 Gruppen eingeteilt, je nach Abstammung: Franzosen, Teilfranzosen, Deutsche und Ausländer. Nach 1870 eingewanderte Personen deutscher Abstammung und deren Nachkommen mussten das Land verlassen.
Das Reichsland Elsass-Lothringen wurde am 17. Oktober 1919 aufgelöst und fortan von einer Generaldirektion in Paris verwaltet. Aufgrund der Assimilisierungspolitik wuchs innerhalb der elsässischen Bevölkerung der Missmut. Dies hatte eine starke autonomistische Bewegung zur Folge. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung erzielten die elsässischen Autonomisten, die mit der kommunistischen Partei sowie den bretonischen und korsischen Nationalisten kooperierten, in allen elsässischen Wahlkreisen die absolute Mehrheit der Stimmen. Die Abgeordneten und Politiker, die sich für Autonomie aussprachen, wurden vom französischen Staat oft zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt, der Führer der Autonomistenpartei, Dr. Karl Roos, am 7. Februar 1940 in Nancy wegen angeblicher Spionage hingerichtet.
Am 19. Juni 1940 besetzte die Wehrmacht das Elsass.
Unter den Nationalsozialisten wurde Elsass-Lothringen faktisch dem Deutschen Reich eingegliedert. Es war jedoch kein eigenes Reichsland mehr, sondern wurde den benachbarten Reichsgauen angegliedert. Ab 1942 wurden Elsässer und Lothringer zum Wehrdienst in der deutschen Wehrmacht zwangsweise eingezogen.
Nach dem 2.Weltkrieg betrieb die französische Regierung sprachlich eine Assimlierungspolitik ("c'est chique de parler français"). Dadurch kam die Elsässische Sprache so ins Hintertreffen, dass die Mehrheit der jungen Elsässer (die nach ca. 1970 Geborenen) sie heute nicht mehr sprechen kann (Quelle: Sondages de 2001 des DNA "Dernières Nouvelles d'Alsace").
Seit 1972 gibt es in Elsass und Lothringen wieder regionale Parlamente. Heutzutage erzielen autonomistische Parteien (beispielsweise das "Forum Nationaliste d'Alsace-Lorraine") nur noch 2% der abgegebenen Stimmen, sie betreiben jedoch einige Webseiten, in denen sie die Geschichte Elsass-Lothringens aus ihrer Sicht präsentieren.