Raubritter
Als Raubritter bezeichnet eine ältere Forschungsrichtung diejenigen Angehörigen des ritterlichen Standes, die ihre schlechte finanzielle Lage durch Straßenraub, Fehden und Plünderungszüge verbessern wollten. Diese Entwicklung soll im Spätmittelalter eingesetzt haben und vor allem eine Folge der Verdrängung der Naturalwirtschaft durch die Geldwirtschaft gewesen sein. Neuere historische Arbeiten plädieren dagegen dafür, den ideologisch belasteten Begriff Raubritter im wissenschaftlichen Gespräch ganz zu vermeiden.Der Begriff Raubritter stammt jedoch nicht aus der Zeit selbst, sondern ist eine Neuschöpfung die das erste Mal im Jahr 1799 - im Titel eines Ritterromans - verwendet wurde.
Wurde der Kriegsdienst im Hochmittelalter durch feudale Abhängigkeiten begründet, führte die Verbreitung der Geldwirtschaft zu einer Ablösung durch finanziell begründete Abhängigkeiten. Dies verschaffte dem Söldnertum einen starken Auftrieb, was sich zu Lasten der Ritterschaft als wichtigster Träger der Feudalaufgebote auswirkte. Zudem versuchten zahlreiche Fürsten und Könige seit dem Spätmittelalter, sich durch die massive Anwerbung von Söldnern aus der militärischen Abhängigkeit von ihren Lehnsmännern zu lösen. Dieser Übergang vom naturalwirtschaftlich geprägten Feudalstaat zum frühkapitalistischen Fürstenstaat führte zum sozialen und wirtschaftlichen Niedergang der Ritterschaft. Zahlreiche Ritter unternahmen Raubzüge, um ihre schlechte wirtschaftliche Lage zu verbessern. Überfälle auf Handelszüge waren dabei besonders häufig, waren aber bereits zur Blütezeit des Rittertums im Hochmittelalter nicht unüblich. Auch das Provozieren von Fehden kam nicht erst mit dem Raubrittertum auf, doch wurden wirtschaftliche Erwägungen dabei immer wichtiger. Nach den erfolglosen Bemühungen der hoch- und spätmittelalterlichen Landfriedensbestrebungen, welche die ritterliche „Selbstjustiz“ in ihre Schranken weisen sollte, führten der Ewige Landfriede ab 1495 und die Reichsexekutionsordnung (1512/1555) zur Kriminalisierung der privaten Ritterfehde. Die staatliche Gesetzgebung der frühen Neuzeit legte die Grundvoraussetzung für die Begriffsentstehung des Raubritters. Trotz ihres sozialen Niedergangs gelang es den Rittern in mehreren Territorialstaaten des Heiligen Römischen Reiches als landständische Ritterschaft einen gewissen Einfluß zu wahren.
Der erst im 18. Jahrhundert geprägte Begriff des Raubritters ist nicht klar von der restlichen Ritterschaft abzugrenzen. Das Austragen von Fehden war stets Teil der ritterlichen Lebensweise gewesen und wurde der waffenberechtigten Bevölkerung in großen Teilen des mittelalterlichen Europas sogar lange Zeit rechtlich zugesichert. Auch das Ausplündern der gegnerischen Ländereien kam bereits bei frühmittelalterlichen Fehden vor. Ähnlich verhält es sich mit den Überfällen so genannter Raubritter des Spätmittelalters auf reisende Händler.
Literatur
Weblinks