Quantenmechanik
Quantenmechanik ist eine Theorie der modernen Physik. Sie wurde in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts formuliert und ist eine erfolgreiche Beschreibung des Verhaltens von Materie und Energie in kleinen Maßstäben. Der Begriff Quantenphysik oder Quantentheorie wird weitgehend synonym zu Quantenmechanik verwendet.Auch wenn Quantenphysik allgemeiner klingt als Quantenmechanik, ist eine Abgrenzung der Begriffe nur schwer möglich. Gelegentlich wird Quantenphysik jedoch als Oberbegriff verwendet, der neben der Quantenmechanik auch die Quantenelektrodynamik und andere Quantenfeldtheorien umfasst. In dem Fall beschränkt man die Quantenmechanik auf die quantisierte Beschreibung der Materie, während in den Feldtheorien die Wechselwirkungen (Felderer) aufgenommen sind.
Die Theorie der Quantenphysik erklärt und quantifiziert drei Effekte, die in der klassischen Physik nicht berücksichtigt werden:
- Die Werte von messbaren Größen (Observablen) eines Systems, vor allem die totale Energie eines begrenzten Systems (z. B. eines Atoms), können nur bestimmte diskrete Werte annehmen. Die kleinsten Energiesprünge dieser Observablen werden Quanten genannt (lateinisch quantum, Menge), deswegen der Name Quantenmechanik.
- Elektromagnetische Wellen zeigen unter bestimmten Umständen Teilchencharakter und Materie zeigt unter bestimmten Umständen Wellencharakter (siehe Welle-Teilchen-Dualismus).
- Bestimmte Paare von Observablen, zum Beispiel Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens, können nie beide gleichzeitig exakt gemessen werden (siehe Heisenbergsche Unschärferelation, Komplementarität (Physik)).
In der klassischen Physik wird ein System durch Angabe der Aufenthaltsorte und Impulse seiner Teilchen eindeutig und vollständig beschrieben.
Die zeitliche Entwicklung des Systems ist die zeitliche Entwicklung der Aufenthaltsorte und Impulse der Teilchen.
Man spricht bei Aufenthaltsort und Impuls auch von den Zustandsvariablen des Systems.
Die Quantenmechanik ersetzt die klassische Beschreibung mittels Zustandsvariablen durch eine Beschreibung mittels einer Zustandsfunktion.
Die Zustandsfunktion enthält alle das System charakterisierende Information; für eine bekannte Zustandsfunktion lassen sich im mathematischen Formalismus der Quantenmechanik alle Systemeigenschaften berechnen.
Die zeitliche Entwicklung des Systems ist durch die zeitliche Entwicklung der Zustandsfunktion gegeben, welche durch die zeitabhängige Schrödingergleichung bestimmt ist.
Eine Zustandsfunktion kann abhängig von unterschiedlichen Bezugsvariablen angegeben werden.
Üblich sind ortsabhängige oder impulsabhängige Zustandsfunktionen, die sich direkt auch ineinander umrechnen lassen; man spricht von der Orts- oder Impulsdarstellung.
In der nichtrelativistischen Quantenmechanik wird die instantane Zustandsfunktion eines Systems oft als Wellenfunktion bezeichnet.
Die Wellenfunktion ist über einen ausgedehnten Raumbereich definiert; aus ihr läßt sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung aller Beobachtungsgrößen des Systems berechnen.
Bekannte Wellenfunktionen sind beispielsweise die Elektronenzustände fester Energie im Wasserstoffatom ("Elektronenwolke").
Hier ist das klassische System, in dem das Elektron sich um den Wasserstoffatomkern bewegt, durch ein quantenmechanisches System einer statischen Wellenfunktion ersetzt.
Die Wellenfunktion im Wasserstoffatom erlaubt etwa die Berechnung der Wahrscheinlichkeit, mit der sich das Elektron an einem bestimmten Ort im Atom aufhält. (Orbitalmodell).
Die Wellenfunktionen eines Systems ergeben sich allgemein als Lösungen einer das System beschreibenden Schrödingergleichung.
Für das Wasserstoffatom sind die genannten Wellenfunktionen spezielle zeitunabhängige Lösungen mit festen Energiewerten.
Ein Grund für die Entwicklung der Quantenmechanik war die Beobachtung, dass die klassische Beschreibung der Welt im Bereich der Atome nicht mehr gültig ist.
Teilchen zeigten Eigenschaften wie Interferenz, die bislang nur von Wellen bekannt waren.
Diese Eigenschaften lassen sich in der quantenmechanischen Darstellung durch Überlagerung zweier (oder mehrerer) Wellenfunktionen verstehen.
Eine andere Eigenschaft quantenmechanischer Systeme ist, dass ein System sich in beliebiger Überlagerung seiner erlaubten Wellenfunktionen befinden kann.
Bei einem solchen System sind dann viele verschiedene Messwerte, etwa des Aufenthaltsortes oder der Energie, möglich.
Wenn man viele identische Systeme dieser Art herstellt, findet man eine Vielfalt von Messwerten.
Die Verteilung dieser Messwerte ergibt sich aus dem mathematischen Formalismus der Quantenmechanik.
Aus dieser Beobachtung ergibt sich die Aussage, dass in quantenmechanischen Systemen Messwerte nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auftreten, aber nicht eindeutig bestimmt sind.
Anzumerken ist hier, dass die auftretenden Messwerte immer vom Zustand des Systems abhängen.
Manche Messwerte, etwa das Energieniveau eines Elektrons, das sich in einem speziellen Energiezustand im Wasserstoffatom befindet, sind genau bestimmt.
Die mathematisch strenge Formulierung der Quantenmechanik durch John von Neumann aus dem Jahre 1932 beschreibt ein quantenmechanisches System durch Wellenfunktionen in einem komplexen separablen Hilbertraum; die Wellenfunktionen sind typischerweise quadratintegrable Funktionen des Hilbertraumes.
Eine Zustandsfunktion ist dann ein Vektor dieses Raums, und jede Beobachtungsgröße, in der Quantenmechanik Observable genannt, wird durch einen selbstadjungierten linearen Operator auf diesem Raum beschrieben. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Observable in einem bestimmten Zustand ergibt sich aus der spektralen Zerlegung des zugehörigen Operators.
Falls der Operator ein diskretes Spektrum besitzt, nimmt die Observable bei einer Messung nur diese diskreten Eigenwerte an.
Nachdem eine Messung ausgeführt und ein Eigenwert gemessen wurde, befindet sich das System in dem Eigenvektor zum gemessenen Eigenwert; die Messung ist also irreversibel, indem das System von einem Zustand in einen anderen übergegangen ist.
Heisenbergs Unschärferelation wird damit zu einem Theorem über nichtkommutierbare Operatoren:
Wenn der Aufenthaltsort eines Teilchens gemessen wird, geht das System in einen neuen Ortszustand über.
Damit ist jede Information über den vorherigen Zustand verloren; insbesondere kann keine Aussage über den vorherigen Impuls des Teilchens gewonnen werden.
Nur wenn zwei (Mess)operatoren kommutieren, oder unabhängig voneinander sind, lassen sich zwei Messwerte unabhängig voneinander bestimmen.
Obwohl die Quantenmechanik zu extrem präzisen Vorhersagen führt, hat ihre Interpretation eine heftige philosophische Debatte ausgelöst.
Im Vordergrund der Diskussion stehen fünf Fragen:
Heute gehen Physiker mehrheitlich davon aus, dass die Quantentheorie alles beschreibt, was es über ein System zu wissen gibt, und dass die Messvorgänge irreduzibel sind und nicht nur unser beschränktes Wissen reflektieren.
Diese Interpretation hat im Weiteren zur Folge, dass der Akt des Beobachtens die Schrödingergleichung umgeht und das System instantan in einen Eigenzustand fällt (der so genannte Zusammenbruch der Wellenfunktion).
Neben der Kopenhagener Interpretation sind aber auch verschiedene andere nennenswerte Deutungen vorgeschlagen worden.
Quantenmechanische Erklärungen für das Verhalten von Transistoren und Dioden sind Grundlage der gesamten Mikroelektronik.
Quantenmechanik war für die Entwicklung von Lasern, Elektronenmikroskopen, und für die Magnetresonanztomographie besonders wichtig.
Rechnergestützte Chemie ist eigentlich angewandte Quantenmechanik auf einem Computer.
Die moderne Mikrobiologie, Gentechnologie und die Kernphysik wären ohne detaillierte Kenntnisse der Quantenphysik nicht denkbar. Auch die Festkörperphysik greift häufig auf Erkenntnisse der Quantenphysik zurück.
Eine unmittelbare Anwendung der speziellen Gesetze der Quantenmechanik wird im Bereich der Quanteninformation untersucht.
Es werden große Anstrengungen unternommen, einen Quantencomputer zu bauen, welcher durch Ausnutzung der verschiedenen Eigenzustände und der Wahrscheinlichkeitsnatur eines quantenmechanischen Systems hochparallel arbeiten würde. Einsatzgebiet eines solchen Quantenrechners wäre beispielsweise das Knacken moderner Verschlüsselungsmethoden. Im Gegenzug hat man mit der Quantenkryptographie ein System zum theoretisch absolut sicheren Schlüsselaustausch gefunden, in der Praxis ist diese Methode häufig etwas abgewandelt und unsicherer, da es hier auch auf die Übertragungsgeschwindigkeit ankommt.
Wichtige Erweiterungen der Quantenmechanik sind die Quantenfeldtheorien und verschiedene Ansätze zur relativistischen Quantenmechanik wie die Diracgleichung und die Klein-Gordon-Gleichung.
Bevor die Eigenart der Quantenphysik erkannt war, führten Extrapolationen klassischer Gesetzmäßigkeiten auf mikroskopische Systeme immer wieder zu widersprüchlichen oder unsinnigen Aussagen. Beispielsweise ist das Lichtspektrum eines schwarzen Körpers aus klassischen Prinzipien alleine nicht zu erklären.
Auch kann man klassisch weder die Stabilität der Elektronenbahnen im Atom noch die Spektrallinien verstehen.
Erst die Einführung zusätzlicher (später quantenphysikalisch genannter) Prinzipien erlaubte es, derartige Systeme zu verstehen.
Die Quantenphysik nahm ihren Anfang mit dem Versuch, das Spektrum der elektromagnetischen Wellen eines schwarzen Körpers aus grundlegenden Prinzipien des Elektrodynamik und Statistik abzuleiten.
Im Jahr 1900 erkannte Max Planck, dass unter der Annahme quantisierter Strahlungsenergie das Spektrum verstanden werden kann.
Diese Quanten des Lichts nutzte Albert Einstein im Jahre 1905 in seiner Erklärung des photoelektrischen Effektes.
Hierdurch wurden aus dem abstrakten Konzept der quantisierten Strahlungsenergie die konkreten Lichtteilchen (Photonen).
Mit den seit 1925 von Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger unabhänging voneinander entwickelten theoretischen Grundlagen (Wellenmechanik, Matrizenmechanik, die sich später als zwei Sichtweisen einer Theorie herausstellten) stand dann erstmals eine quantitative Theorie zur Verfügung.
Sie konnte in Analogie zur klassischen Mechanik (Korrespondenzprinzip) aufgebaut werden, und übernahm viele Prinzipien (Prinzip der kleinsten Wirkung), ergänzte sie aber um ein neues Prinzip (Operatorenen ersetzen Variablen).
Die Schrödingergleichung beschreibt in der hier entwickelten Theorie sowohl die möglichen Zustände eines Systems (zeitunabhängige oder statische Schrödingergleichung) als auch die zeitliche Entwicklung eines Systems (allgemeine Schrödingergleichung).
Dabei wird der Zustand eines Systems durch ein Element eines Vektorraumes (genauer eines Hilbertraumes) gegeben; man spricht je nach Sichtweise von der Wellenfunktion (in der Wellenmechanik) oder von Zustandsvektor (in der Matrizenmechanik).
In Folge dieser Entwicklung formulierte Heisenberg im Jahre 1927 seine Unschärferelation.
Die Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik hat etwa um die gleiche Zeit Form angenommen.
Eine formal-mathematische Rechtfertigung der Quantenmechanik wurde im Jahre 1932 durch John von Neumann erbracht.
In Verallgemeinerung entstanden hieraus die Quantenfeldtheorien der schwachen Wechselwirkung und der starken Wechselwirkung.
Bislang ist es nicht gelungen, eine Quantentheorie der Gravitation zu formulieren.
Die Viele-Welten-Interpretation wurde 1956 von Hugh Everett III formuliert (unter dem Namen Relative State Interpretation, also relativer Zustand-Interpretation).
Die Quantenchromodynamik wurde 1964 von Greenberg und Nambu vorgeschlagen.
Beschreibung der Theorie
Zustandsfunktion
Wellenfunktion
Welleneigenschaften
Mathematische Formulierung
Philosophische Fragen
Dass diese Fragen keineswegs trivial sind, verdeutlichen verschiedene Gedankenexperimente, die z. T. konkretisiert und auch real durchgeführt wurden:Schlüsselexperimente / Gedankenexperimente
Interpretation
Die Debatte zu den obigen Fragen eröffneten Albert Einstein: „Die Quantenmechanik ist unvollständig“ und „Gott würfelt nicht“ und Niels Bohr, der die Komplementarität betonte und Heisenbergs Unbestimmtheitsrelation verteidigte.
Im Lauf der mehrjährigen heftigen Diskussion musste Einstein die Unbestimmtheitsrelation akzeptieren, während Bohr seine Idee der Komplementarität deutlich abschwächte, was zur heute allgemein anerkannten Kopenhagener Interpretation führte.Anwendungen
Erweiterungen
Geschichte
Quantifizierung der Theorie
Die Quantenmechanik als exakte physikalische Theorie nahm ihren Ursprung in der Untersuchung der Spektralllinien des Wasserstoffs. 1913 postuliert Niels Bohr diskrete Energiezustände des Elektrons im Wasserstoffatom, um die Spektrallinien zu erklären.Weitere Entwicklungen
Louis de Broglie erkannte durch seine Experimente der Elektronenbeugung am Kristall (1924), dass Materie auch Welleneigenschaften aufweist (siehe Welle-Teilchen-Dualismus).
Paul A. M. Diracs Formulierung der Dirac-Gleichung im Jahre 1928 war die erste erfolgreiche Vereinigung der Quantenmechanik mit der speziellen Relativitätstheorie zur relativistischen Quantenmechanik.
In Abgrenzung von dieser wird die bislang besprochene Quantenmechanik auch nichtrelativistische Quantenmechanik genannt.
Ein weiterer Schritt war die Entwicklung der Quantenfeldtheorien. Als erste wurde die Quantenelektrodynamik (QED) von 1940 an formuliert.
Sie wurde maßgeblich von Richard Feynman, F. J. Dyson, Julian Schwinger und Shinichiro Tomonaga entwickelt.Einige Zitate
Siehe auch
Literatur
Weblinks