Psychose
Unter Psychose wird eine psychische (seelische) Störung, mit den Untergruppen: Organische Psychosen, Psychosen des schizophrenen Formenkreises und affektive Psychosen verstanden.Durch die Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV wurde der Begriff Psychose quasi abgeschafft. In der offiziellen Nomenklatur dieser Systeme kommt nur noch das Adjektiv psychotisch vor; statt Psychose heißt es nurmehr psychotische Störung. Begründung für das, wenn auch nicht völlig konsequent durchgeführte, Vorhaben, den Begriff Psychose zu meiden, ist die unzulängliche Abgrenzbarkeit zur Neurose (ein Begriff, der aus demselben Grund ebenfalls nicht verwendet wird). Unter weiten Kreisen der deutschen Ärzteschaft ist diese traditionelle Unterscheidung jedoch nach wie vor üblich.
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2 Schizophrene Psychosen 3 Affektive Psychosen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks |
Im Gegensatz zu den anderen Psychosen ist hier eine organische Ursache sicher auszumachen: Diese Psychosen bilden sich entweder auf der Grundlage einer Erkrankung des ZNS (Zentrales Nervensystem), zum Beispiel degenerativen Prozessen wie Demenzen, bösartigen Neubildungen, wie Tumoren oder auf der Grundlage anderweitiger körperlicher Erkrankungen, wie Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen oder auf der Grundlage von außen einwirkender Schädigungen wie durch manche Medikamente, Drogen oder andere, die Hirnfunktion beeinträchtigende Substanzen.
Symptome: Wahnvorstellungen, Halluzinationen (häufig optisch von einzelnen Lichtblitzen bis hin zur Wahrnehmung von Gegenständen und filmartigen Szenen).
Behandlung, soweit möglich, durch Behandlung der Grunderkrankung (zum Beispiel Weglassen Psychose auslösender Medikamente und Drogen), sonst durch Neuroleptika (Neuroleptika, wie zum Beispiel Haloperidol - Handelsname Haldol - oder Pipamperon - Handelsname Dipiperon). Einige der modernen, atypischen Neuroleptika, wie zum Beispiel Risperidon (Handelsname Risperdal) und Olanzapin (Handelsname Zyprexa) haben sich zumindest bei älteren Patienten als ungünstig erwiesen
Nicht ganz korrekt wird der Begriff Psychose oft mit Schizophrenie gleichgesetzt.
So wenig die Ursache dieser Störungen bis heute bekannt ist, so heftig wurde in der Vergangenheit kontrovers diskutiert, ob es sich um eine organisch ausgelöste, zum Beispiel genetisch bedingte Krankheit handelt oder aber um eine auf Probleme zurückzuführende Störung, deren Wurzeln schon in frühester Kindheit zu suchen seien. Aktuell wird üblicherweise davon ausgegangen, dass bei bestehender „Vulnerabilität“ (Anfälligkeit) die möglicherweise genetisch bedingt ist, psychodynamische Stressfaktoren (familiäre oder sonstige zwischenmenschliche Probleme, Trennungen, Verlust) zum Ausbruch der Krankheit führen können. Auch bei diesem "Vulnerabilitäts-Stress-Modell" handelt es sich lediglich um eine Arbeitshypothese, die aber beim gegenwärtigen Wissensstand brauchbar erscheint. Eine Sondergruppe bilden drogeninduzierte Psychosen, die über den Wegfall der ursprünglich auslösenden Drogen hinweg andauern und vom Erscheinungsbild eher den schizophrenen als den organischen Psychosen entsprechen.
Symptome: Wahnvorstellungen, Halluzinationen (üblicherweise akustische Halluzinationen in Form von miteinander sprechenden, Befehle erteilenden oder die Handlungen des Erkrankten kommentierenden Stimmen, seltener Körperhalluzinationen (die auch als "leibnahe" Halluzinationen bezeichnet werden) oder Geschmacks-/Geruchshalluzinationen. Ich-Störungen bezeichnen eine Gruppe von Symptomen, die mit einem Verlust der Ich-Grenzen einhergehen. Beispielsweise ist der Kranke davon überzeugt, dass eigene Gedanken laut werden und von anderen gehört werden können oder vertritt die Vorstellung, fremde Gedanken lesen zu können. Häufig werden zufällige Ereignisse, zum Beispiel bedeutungslose Gesten zufällig getroffener Personen oder normale Radiomeldungen mit einer Bedeutung für die eigene Person versehen. In diesen Gesten und Meldungen werden dann zum Beispiel verschlüsselte Botschaften gesehen (zum Beispiel von Geheimdiensten), durch die einem etwas mitgeteilt werden soll. Man bezeichnet sie als Wahnwahrnehmungen. Der Wahn selbst ist durch eine objektive Falschheit, die subjektive Gewissheit und die Unverrückbarkeit gekennzeichnet. Das heißt, der Kranke ist keinerlei Argumenten zugänglich und wird unter keinen Umständen von seiner Vorstellungswelt abrücken, und sei sie von außen betrachtet auch noch so offensichtlich falsch (ver-rückte Sicht der Welt).
Einteilung: Eine erste Systematik erfolgte durch Kurt Schneider, der das Vorhandensein mehrerer der genannten Symptome forderte, um von einer Schizophrenie sprechen zu können, wobei er Symptome ersten und zweiten Ranges unterschied, von denen jeweils eine unterschiedliche Zahl vorhanden sein musste. Heutige Diagnosemanuale (DSM - in den Angelsächsischen Ländern gebräuchlich oder ICD 10 von der WHO) gehen ähnlich vor. Von der geschilderten Symptomatik, die oft als produktive oder positive Symptomatik bezeichnet wird, werden Negativsymptome unterschieden, die sich in Antrieb- und Kommunikationsarmut und teilweise kognitiven Defiziten äußern. Negativsymptome schließen sich häufig an eine akute psychotische Phase an und sind schlechter behandelbar als produktive Symptome.
Häufigkeit: Weltweit erleidet rund 1 % irgendwann eine Psychose. Wobei diesbezüglich kein evidenter Unterschied zwischen verschiedenen Populationen oder Kulturen ausgemacht werden kann. Schizophrene (und möglicherweise auch andere psychische) Störungen in der Familie steigern die Wahrscheinlichkeit, selber eine schizophrene Psychose zu erleiden bis hin zu einer Wahrscheinlichkeit von ca. 50 Prozent, wenn beide Eltern betroffen sind.
Verlauf: In rund 25 % bleibt es bei einer einmaligen psychotischen Episode. In allen anderen Fällen tendieren Psychosen ohne Behandlung zu einem phasischen Verlauf mit ständig wiederkehrenden erneuten Ausbrüchen oder zu einer dauerhaften Störung.
Behandlung: Medikamentös stehen Neuroleptika zur Verfügung (zum Beispiel Haloperidol, Clozapin, Olanzapin), zur Behandlung von akuten Ängsten eventuell auch Benzodiazepine, deren Anwendung wegen der Suchtgefahr jedoch auf kurze Zeit, möglichst unter stationären Behandlungsbedingungen beschränkt sein sollte. Außerhalb akuter Phasen können dauerhaft gegebene Neuroleptika erneute Phasen verhindern.
Die moderne Psychiatrie geht davon aus, dass neben der medikamentösen Behandlung soziotherapeutische Maßnahmen (Erhaltung des Arbeitsplatzes, beschützter Arbeitsplatz, betreutes Wohen usw.) und Psychotherapie erforderlich sind. Häufig wird dabei strukturgebenden psychotherapeutischen Verfahren der Vorzug gegeben. Bei falsch angewandten psychodynamischen Vorgehensweisen ist dagegen eine Labilisierung nicht auszuschließen.
Hier geht es um Störungen der Stimmung und zwar entweder in Form einer Hochstimmung (Manie) oder in Form einer Depression oder aber in Form eines ständigen Wechsels zwischen beiden (bipolare Störung). Bei den Depressionen zählen nur die schweren Depressionen zu den psychotischen Störungen. Dies entspricht und hat seinen Grund in dem heute weitgehend verlassenen Begriff der endogenen Depression (in Abgrenzung zu leichter verlaufenen, lebensgeschichtlich begründbaren, neurotischen Depressionen und zu reaktiven, auf aktuelle Ereignisse folgenden Depressionen). Im angelsächsischen Raum wird von „major depression“ gesprochen. Dieser Begriff ignoriert die dem Begriff „endogen“ zugrunde liegende Annahme einer organischen Ursache und beschränkt sich auf die Beschreibung des Schweregrades. Beide Bezeichnungen werden, wie auch die Trennung in psychotische und neurotische Depressionen dem Umstand nicht gerecht, dass sich in der Praxis ein fließender Übergang von leichten zu schweren Depressionen beobachten lässt.
Eine klarere Abgrenzung gelingt bei Manien und beim Wechsel zwischen Manien und Depressionen.
Symptome einer Depression sind die Unfähigkeit, Gefühle wahrzunehmen (nicht nur Freude, auch Traurigkeit oder Wut werden nicht mehr empfunden), Antriebsarmut bis hin zu völligen Lähmung jeglicher Aktivitäten und bei den hier beschriebenen schweren Depressionen auch Wahngedanken (zum Beispiel Verarmungswahn).
Bei Manien zeigen sich dagegen Größenideen, die bis ins Wahnhafte reichen, völlige Überschätzung der eigenen Möglichkeiten, zum Beispiel Kaufrausch, der gelegentlich massive Schulden hinterlassen kann usw.
Behandlung: Akute Manien werden medikamentös mit Neuroleptika (s,o.) behandelt. Eine Phasenprophylaxe lässt sich mit Lithium und bestimmten Antiepileptika erreichen, eventuell auch mit manchen neueren atypischen Neuroleptika. Gegen Depressionen können Antidepressiva (herkömmlich zum Beispiel Amitryptilin, moderner zum Beispiel Citalopram) eingesetzt werden. Daneben sollte aber in jedem Falle eine Psychotherapie stattfinden (zum Beispiel tiefenpsychologisch oder verhaltenstherapeutisch). Gegebenenfalls sind bei Manien und schweren Depressionen die gleichen soziotherapeutischen Maßnahmen angebracht, wie bei schizophrenen Psychosen. Kontrovers diskutiert und neuerdings wieder vermehrt angewandt wird die Elektrokrampftherapie bei schweren Depressionen.
Abzugrenzen sind Psychosen einerseits von geistigen Behinderungen: Psychosen sind psychische (seelische) Störungen und bedeuten keine Intelligenzminderung. Andererseits sind von den Psychosen zu unterscheiden: Neurosen (Zwanghafte Störungen, Angststörungen, leichtere Depressionen), Persönlichkeitsstörungen, Borderlinestörungen und Suchterkrankungen.
Organische Psychosen
Schizophrene Psychosen
Affektive Psychosen
Siehe auch
psychische Störung, UmtriebigkeitLiteratur
Weblinks
Psychose-Netzwerk