Plasmaätzen
Plasmaätzen (auch Trockenätzen) ist ein in der Halbleiter- und Mikrotechnik verwendetes gaschemisches Verfahren zur Feinstrukturierung von Festkörperoberflächen. Im Gegensatz zum ebenfalls gebräuchlichen naßchemischen Ätzen kann beim Plasmaätzen auf die prozeßtechnisch oft umständliche Handhabung flüssiger Medien völlig verzichtet werden. Ein weiterer Vorteil ist die sehr gute Realisierbarkeit anisotroperr (richtungsabhängiger) Ätzprozesse.
Table of contents |
2 Erklärung der Wirkungsweise 3 Probleme des Verfahrens 4 Lösungsansätze 5 Später auftretende Probleme |
In der Praxis erfolgt die Aktivierung entweder in der Ätzkammer selbst oder bereits in der Ätzgaszuleitung ("Remote Plasma"). Letztere Verfahrensweise wird besonders dann gewählt, wenn, wie beim Reinigungsätzen, auf einen Anisotropie verzichtet werden kann.
Als Ätzgas eignen sich zum Beispiel Tetrafluormethan, Hexafluorethan, Perfluorpropan und andere perfluorierte Kohlenwasserstoffe PFCs, Perfluorbutadien und andere ungesättigte PFCs, perfluorierte Aromaten und Heteroaromaten etc.
Oft werden Ätzgasen einige Prozent Sauerstoff beigemischt, um die Ätzrate zu steigern. Je nach Ätzmedium erreicht hierdurch eine höhere Ausbeute an ätzaktiven Spezies oder steuert die bei C-haltigen Ätzgasen parallel zum Ätzprozess stattfindenden Polymerbildung. Beispiele sind das Zumischen von Sauerstoff zu CF4 oder NF3 (Förderung des Ätzgaszerfalls durch CO,CO2 bzw NOx-Bildung). Neuerdings werden auch Ätzgase verwendet, die Sauerstoff als Molekülanteil enthalten. Da sich im sauerstoffhaltigen Plasma bevorzugt energetisch angeregter Sauerstoff bildet wird der Ätzgaszerfall aber auch durch Energieübertragung vom angeregten Sauerstoff auf das Ätzgas befördert. Andere effiziente Energieüberträger sind z.B. Argon, Xenon und Stickstoff.
Derartige Energieübertragsreagktionen sind in der Atmosphärenchemie bereits seit vielen Jahrzehnten bekannt und recht eingehend untersucht. Im Halbleiterbereich werden Energieübertragungsreaktionen derzeit eher unbewußt genutzt.
Unter den anorganische Ätzgasen sind insbesondere Schwefelhexafluorid, Stickstofftrifluorid, Bortrichlorid, Chlor, Chlor- und Bromwasserstoff und Sauerstoff zu nennen. Auch Gemische aus unterschiedlichen ätzaktiven Gasen sind üblich. So kann man z.B. einem Ätzgas eine Ätzgas zusetzten, das besonders schwere Ionen bildet (z.B. BCl3, Cl2-Gemische). Man erreicht hierdurch eine z.T sehr deutliche Verbesserung in der Anisotropie der Ätzreaktion.
Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl des Ätzgases ist seine Fähigkeit mit dem zu ätzenden Feststoff ein leicht flüchtiges Reaktionsprodukt zu bilden. Grundsätzlich werden daher bei Ätzen von Strukturen, die auf Silicum basieren -Silicium, Siliciumoxid und Siliciumnitrid sind nicht nur Basismaterialien jedes mikroelektronischen Bauteils sondern auch die meistverwendeten Materialien in der Mikrotechnik -, Ätzgase eingesetzt, die Fluor oder Chlor enthalten. Als Reaktionsprodukt der Ätzreaktion entstehen flüchtiges SiCl4 oder SiF4. Wegen des hohen SiF4 Dampfdrucks werden in der der Praxis überwiegend fluorhaltige Gas Zum "Siliciumätzen " eingesetzt.
Zum Ätzen von Aluminium, das als Leiterbahnmaterial eingesetzt wird, verwendet man u.a. Bromwasserstoff (HBr)- AlBr3-Bildung . Wolfram, ein im Mikroprozessorbereich durchgängig anzutreffendes Leiterbahnmaterial, wird mit fluorhaltigen Gasen geätzt. Beim Ätzen bildet sich flüchtiges WF6.
Beim Ätzen von Kupfer, einem sehr modernen Leiterbahnmaterial, greift man im Augenblick, in Ermangelung eines geeigneten gasförmigen Trockenätzmediums, wieder auf naßchemische Verfahren zurück. Die Ätzreaktion stützt sich hier auf der Neigung des Kupfer zur Bildung löslicher Aminkomplexe.
Sollen organische Materialien geätzt werden, verwendet man Sauerstoff. Ätzprodukte sind hier CO oder CO2.
Bei dem zum Ätzen eingesetzte Substanzen handelt es sich durchgängig um im industriellen Maßstab erzeugte Produkte.
So entstammen viele der zum Ätzen eingesetzten PFCs unmittelbar der Kunststoffproduktion. Sie werden hier entweder als Monomere eingesetzt oder fallen als Nebenprodukt bei Monomersythese an.
Bortrichlorid, Chlor, Chlorwasserstoff und Bromwasserstoff sind traditionelle Basischemikalien der chemischen Industrie und werden z.T in sehr großen Maßstab hergestellt.
Anorganische Fluorverbindungen, die als Ätzgas eingesetzt werden, entstehen oft durch direkte Umsetzung der Elemente in einstufiger Reaktion. Typische Beispiele sind Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3). Schwefelhexafluorid findet in auch als Isoliergas verbreitet Anwendnung, ist aber wegen seiner hohen Stabilität und seines extremen Potentials als Treibhausgas problematisch. Stickstofftrifluorid (NF3), ebenfalls ein großtechnisch erzeugtes Produkt mit ausgeprägtem Treibhausgaspotential, wird ausschließlich als Ätzgas verwendet. Bis zu einer Temperatur von ca 600 °C ist NF3 thermisch relativ stabil. Bei nicht zu hohem Druck beginnt NF3 ab ca. 750 °C langsam in Fluor und NF2 zu zerfallen. Bei sehr hoher Temperatur erfolgt schließlich die weitere Aufspaltung des NF2 in Fluoratome und in das sehr stabile NF.
Auch das technisch großer Menge erzeugte Fluor kann als Ätzgas eingesetzt werden. In allen Plasmaätzprozessen, die sich flurohaltiger Ätzmedien bedienen, tritt elementares Fluor zwangsläufig als Produkt von Rekombinationsprozessen auf und nimmt deshalb an praktisch allen Ätzprozess als aktives Komponente teil. Die niedrige F-F Dissoziationsenergie führt dazu, dass Fluor auch plasmafreies thermisches Ätzen erlaubt. Bei einem theoretischen F2-Druck von 0.1 mbar genügt ein Aufheizen der Ätzkammer auf 500 °C, um einen stabilen Gasdissoziationsgrad von ca. 25% zu erreichen. bei höheren Drücken geht zwar der Dissoziationsgrad zurück, die Absolutkonzentration ätzaktiver Spezies nimmt aber weiter zu. Im Prinzip sogar vakuumloses Ätzen durchführbar. Ein besonderer Vorteil des thermischen Ätzens ist auch in der Tatsache zu sehen, dass thermische Ätzprozesse gegenüber Ätzgasverunreinigungen unempfindlich sind. Bei der verwendeten Temperatur verhalten sich alle üblichen Ätzgasverunreinigungen inert. Beim Plasmaätzen ist dagegen stets zu erwarten, dass auch Gasverunreinigungen 'aktiviert' werden. Weitere Vorteile ist die auch reaktionskinetischer Sicht vorteilhafte Temperatur, die für einen sehr schnellen Ätzprozess sorgt. Im Unterschied zu allen anderen Ätzgasen ist Fluor kein Treibhausgas. Auch aus dem Abgasstrom kann Fluor sehr einfach und kostengünstig durch Trockenabsorption entfernt werden. Die bei anderen Ätzgasen erforderlichen teuren zweistufigen Abgasbehandlungssysteme, die oft zur Sekundärbildung neuer umweltrelevanter Stoffe führen, entfällt somit. Als Ätzgas verwendet man entweder unverdünntes Fluor oder Fluor-Edelgasgemische.
Alle oben beschriebenen anorganische Fluorverbindungen werden in der Halbleiter- und Displayindustrie insbesondere auch zum Reinigungätzen verwendet und deshab in z.T. sehr großen Mengen eingesetzt.
SF6 findet außerdem in der Mikrotechnologie im RIE-Prozess (( Reactive Ion Etching)) Anwendung.
Innerhalb der 'Aktivierungszone' des Ätzreaktors wird aus dem Ätzgas, das ohne Aktivierung meist kein Ätzwirkung entfalten würde, ein hochreaktives Plasmaerzeugt. Neben neutralen Gasteilchen treten im Plasma freie Elektronen, Ionen verschiedensten Ionisierungsgrads, Radikale, elektronisch angeregte Moleküle auf. Welche Spezies in welcher Konzentration auftreten, hängt von der chemischen Natur des Ätzgases ab. Als Anhaltspunkt kann hier z.B. die Ioniersierungsenergie des Ätzgases dienen.
Neben des obigen reaktiven Spezies erzeugt die Entladungszone auch kurzwellige UV-Strahlung. Auch hier hängt die emittierte Frequenz von der Natur des Ätzgases ab.
Je nach Verfahrensart ist man beim Plasmaätzen entweder an den durch das Plasma erzeugten Atomen und Radikalen oder an Atomen und Ionen interessiert.
Beim Plasmaätzen verwendet man Ionen in recht profaner Weise als den "Sand eines Sandstrahlgebläses". Durch das permanente "Sandstrahlen" des geerdeten Substrats mit Ionen wird dessen Oberfläche mechanisch "aufgerissen" und dem chemischen Angriff ätzaktiver Spezies zugänglich gemacht. Spezielle Strukturen lassen sich erzeugen, indem man bestimmte Bereiche der Substratoberfläche mit einem Photolack (Photoresist) abdeckt.
Eine weitere Senke für die reaktiven Teilchen sind außerdem die Wände des Plasmareaktors und die Wände von Reaktoreinbauten.
Ein weiteres Problem bei den beschriebenden Vorgehensweise ist jedoch die Prozesssteuerung. Im Plasma laufen alle oben genannten Prozesse gleichzeitig ab. Zum Teil werden die Prozesse auch durch die Tatsache, dass sie in einem gasdurchströmten Reaktor erfolgen, zeitaufgelöst auf den Reaktorinnenraum abgebildet. Die sehr komplexe Dynamik des bereits chemisch-kinetisch äußerordentlich komplexen Ätzprozesses bedingt, dass kleinste Parameteränderungen - zum Beispiel Änderungen bei Gasfluß und Reaktordruck, eine Veränderung der Entladungsstärke oder der Feldstärke im Reaktor, eine Veränderung der Reaktorgeometrie - die Verhältnisse im Reaktor grundlegend verändern können. Das Einfahren eines Plasmaätzprozesses erfordert daher Erfahrung und viel Zeit. Einmal eingestellt und optimiert sollten einzelne
Prozessparameter möglicht nicht mehr verändert werden.
Übrigens führt das einfache Erhöhen der Entladungsstärke meist deshalb nicht zu erwünschten Steigerung der Ätzrate, weil beim Erhöhen der Entladungstärke auch die Verlustreaktionen drastisch zunehmen. Zusäzlich erzeugte ätzaktive Spezies gehen also gleich wieder verloren.
Im Vergleich zu Ionen haben Atome und auch Radikale unter den Hochvakuumbedingungen des Plasmareaktor eine sehr lange Lebensdauer. Ionen treten dagegen nur in der Plasmazone und deren unmittelbaren Randbereichen auf. "Remote-Plasmasysteme" sind aus diesem Grund nur für isotrope Ätzprozesse geeignet und kommen als Zweitsystem beim Reinigungsätzen zum Einsatz.
Verfahrensbeschreibung
Beim Plasmaätzen in einem Vakuumreaktor (Etch Tool), der bis zu einem Druck von wenigen Millibar mit einem Ätzgas gefüllt ist, eine Hochfrequenz- oder elektrodenlosen Mikrowellenentladung (27.2 MHz bzw 2.45 GHz) gezündet und so ein hochreaktives, ätzaktives Plasma erzeugt. Erklärung der Wirkungsweise
Da sich die Ionen in einem anisotropen Feld bewegen, ist die durch Ionen erzeugte Wirkung ebenfalls anisotrop. Die an sich isotrope Reaktion anderer am Ätzprozess beteiligten Teilchen läßt sich hierdurch ebenfalls in anisotrope Bahnen lenken. Um besonders scharfe Strukturen, zum Beispiel tiefe Gräben mit senkrechten Kanten, zu erhalten, verwendet man Ätzgase, die polymerisierbare Teilchen erzeugen. (Die komplexe Struktur vieler Ätzgase beruht auf der nicht immer berechtigten Annahme, dass bestimmte polymerisierbare Teilchen in besonders hoher Konzentration gebildet werden.)
. Die isotrope Polymerisationsreaktien setzen bevorzugt an den geschützten Kanten und an Grabenflanken ein, die nicht dem Ionenbeschuss ausgesetzt sind. Die Polymerisation erzeugt auf der Oberfläche eine Schutzschicht, welche die chemische Ätzreation noch anistropher macht. Gelegentlich kommen auch sauerstoffhaltige Verbindungen als Ätzgas zur Anwednungen. Man versucht hierdurch u.a. der Polymerisationsreaktion durch Oxidation entgegenzuwirken und diese hierdurch zu steuern. Probleme des Verfahrens
Praktisch alle Teilchen innerhalb der Plasmzone sind in ständiger Wechselwirkung miteinander. Viele der stattfinden Reaktionen (Ionen-Molekül-Reaktionen, Rekombinationen etc.) sind stark exotherm und bewirken, die hohe Temperatur der Plasmazone. Die hohe Temperatur begünstigt wiederum die Teilchenwechselwirkung und bewirkt, dass die Nettoausbeute an reaktiven Teilchen, die schießlich für den Ätzprozess zur Verfügung stehen, stets sehr niedrig bleibt. Lösungsansätze
Durch Absenken des Partialdrucks des ätzaktiven Gases kann man den Partialdruck reaktiver Teilchen und deren 'Lebensdauer' erheblich erhöhen. Die Partialdruckabsenkung kann hierbei entweder durch gezielte Reduktion des Gesamtreaktordrucks oder auch durch Verdünnen des ätzaktiven Gases mit einem Intergas erfolgen. Bei systematischer Vorgehensweise, die natürlich auch berücksichtigt, dass sich bei Reaktordruckänderungen auch die Verweilzeit des Gases im Reaktor verändert, lässen sich Ätzprozesse so so recht einfach optimieren. Später auftretende Probleme
Probleme, die im späteren Routinebetrieb auftreten, sind meist auf Bedienungsfehler und auf unwissentliche Veränderung von Basis-Prozessparametern zurückzuführen. Auch die in der Praxis gelegentlich beobachtenten überraschende Ausbeuteverbesserungen oder -verschlechterungen sind meist auf die unbeabsichtigte oder zufällige Veränderungen wichtiger Prozessparameter zurückzuführen. Da bei den meisten kommerziellen Plasmaanlagen Einrichtungen fehlen, die eine Überwachung der Prozesschemie ermöglichen, werden überhöhte Prozesskosten und hohe Emissionenen, deshalb oft gar nicht oder erst sehr spät festgestellt.