Pierre Joseph Proudhon
Pierre Joseph Proudhon (* 15. Januar 1809 in Besançon, Frankreich; † 19. Januar 1865 in Passy bei Paris) war ein französischer Ökonom, Soziologe und Anarchist.
Table of contents |
2 Werk 3 Weblinks |
Proudhon wurde in der Region Franche Comté geboren. Wie das Schweizer Jura jenseits der Berge, war sie eine Hochburg des libertären Sozialismus. Victor Hugo, Charles Fourier und Gustave Courbet wurden hier geboren, Peter Kropotkin und Michail Bakunin besuchten sie regelmäßig.
Der Sohn eines Küfers und einer Küchenmagd arbeitete bis zu seinem zwölften Geburtstag als Ochsenhirt. Durch ein Stipendium wurde ihm der Schulbesuch ermöglicht, er musste diesen aufgrund Geldmangels aber trotzdem frühzeitig beenden. Er erlernte den Beruf des Schriftsetzers und bildete sich als Autodidakt weiter. Als er nach Paris ging, wurde er zum soziologischen und politischen Denker und Autor.
Er stellte seine eigene Unabhängigkeit und seine moralischen Grundsätze vor andere Erwägungen. Obwohl den größten Teil seines Lebens in Armut verbringend, lehnte er mehrfach Angebote für gutbezahlte Stellen als Publizist ab, um seine geistige Unabhängigkeit nicht zu gefährden.
In der Februarrevolution von 1848 trifft er Michail Bakunin und er entwickelt als Abgeordneter der französischen Nationalversammlung ein Arbeitsprogramm. Er erstrebt eine Entwicklung zum Sozialismus ohne Gewalt, getragen von der freien Entscheidung der Arbeiter. Proudhon lehnt jede staatliche Gewalt ab und prägt die Überzeugung der Anarchisten, wonach die unbegrenzte Freiheit der Menschen die Grundvoraussetzung für eine sozialistische Ordnung ist. Proudhon sah in der Revolution eine starke Tendenz zu staatssozialistischen Vorstellungen, die er insbesondere in der Person des "regierungswütigen Louis Blancs" bekämpfte.
1849 will Proudhon mit der Gründung einer "Volksbank", die kostenlose Kredite vergibt, seine gesellschaftlichen Vorstellungen in die Praxis umsetzen. Nach einem halben Jahr muss Proudhon diese Volksbank jedoch wieder schließen, da er verhaftet und wegen seiner Beteiligung an der Revolution für drei Jahre inhaftiert wird.
Aufgrund dessen, dass der rhetorisch wesentlich gewandetere Louis Blanc in der Bevölkerung bald mehr Anhänger genoß, griff Proudhon auch zu für einen Sozialisten ungewöhnlichen Methoden. Er versuchte Napoleon III zur Unterstüzung seiner Pläne zu gewinnen, dieser brachte ihm jedoch vor allem Misstrauen entgegen. Proudhon hoffte, dass Napoleon III. ein "Repräsentant der Revolution wider Willen" würde.
Pierre Joseph Proudhon stirbt am 19. Januar 1865 in Passy bei Paris.
Proudhon war einer der ersten, der den Begriff Anarchie positiv fasste. Für ihn bedeute sie nicht Unordnung, sondern Ordnung in Freiheit.
Proudhon fasste die Wissenschaft der Politik stets als die Wissenschaft der Freiheit auf. Er schrieb: Die Politik ist die Wissenschaft von der Freiheit: die Beherrschung des Menschen durch den Menschen, gleichviel hinter welchem Namen sie sich verbergen mag, ist Unterdrückung, die höchste Vollkommenheit der Gesellschaft findet sich in der Vereinigung von Ordnung und Anarchie.
In seiner 1840 veröffentlichten Schrift "Qu'est-ce que la propriété?" kommt er zu dem Schluss: Eigentum ist Diebstahl. (Gemeint ist Privateigentum.) Man dürfe außer den persönlichen Arbeitsmitteln lediglich diejenigen Güter besitzen, die man durch eigene oder kollektive Arbeit hergestellt oder im Tausch dagegen erworben hat. Erbschaft oder Ausbeutung der Arbeitskraft anderer gehöre unterbunden, um die Kapitalanhäufung und die daraus resultierende Machtkonzentration zu verhindern. Die Gesellschaft soll sich auf dem freiwilligen Zusammenschluss dezentral organsierter, überschaubarer Einheiten ("fédéralisme"), also einem herrschaftsfreien System ("Anarchie") ohne Staat und großen Institutionen wie beispielsweise der Kirche, gründen.
Proudhons Schriften beeinflussten zahlreiche Intellektuelle der Zeit, vor allem aber die entstehende Gewerkschaftsbewegung in Frankreich, die lange anarchistisch orientiert blieb. Ökonomische Denker verurteilten Proudhon oft wegen der Unzulänglichkeit seiner Werke, eher politisch Interessierte schätzten ihn oft als normativen Denker.
Karl Marx schätzt zunächst den Menschen Proudhon, den er 1844/45 mehrfach in Paris trifft. Er lobt das "scharfsinnige Werk Proudhons" (Der Kommunismus und die Augsburger Allgemeine Zeitung) und in der Heiligen Familie dessen Angriffe auf das Eigentum (Qu'est-ce que la propriété) als einen die Nationalökonomie umwälzenden Fortschritt. In der Zeit des Kommunistischen Korrespondenzbüros bittet Marx Proudhon gar um Mitarbeit (Brief vom 5. Mai 1846), dieser lehnt jedoch in seinem Antwortschreiben vom 17. Mai ab. Einerseits wendet sich Proudhon gegen den möglichen Einsatz revolutionärer Gewalt, andererseits warnt er auch vor sich abzeichnenden autoritären Tendenzen beim jungen Marx:
Der Bruch zwischen Marx und Proudhon markiert die Spaltung der Arbeiterbewegung so in zweifacher Weise: Einerseits scheiden die Anhänger der direkten Aktion, des revolutionären Streiks (also neben Anhängern Blanquis und Marx' auch viele Anarchisten) von den Anhängern einer allmählichen Erneuerung der Gesellschaft durch die Selbstorganisation des Proletariats und eine Kollektivbewegung; andererseits in Anarchisten und (vermeintliche) Etatisten.Leben
Werk
Die Auseinandersetzung mit Karl Marx
Seit dieser Absage wendet sich Marx entschieden gegen Proudhon. Er kritisiert als Studierter die philosophische Unzulänglichkeit des Autodidakten, zum anderen ist ihm der starke moralische Impetus von Proudhons Werken zuwider. Auf dessen im Oktober 1846 erschienene Contradictions économiques (Untertitel: Philosophie des Elends')' antwortet Marx 1847 mit dem Elend der Philosophie'', in dem er Proudhon als kleinbürgerlichen Ideologen brandmarkt. Zugleich fungiert diese zunächst nur auf französisch erschienene Schrift sowohl als Analyse der kapitalistischen Gesellschaft wie als Programm einer Partei, deren Chef Marx ist (so Engels in einem Brief an Marx).