Physiologus
Der Physiologus (lat Naturforscher, Naturkundiger ) ist der Titel einer zwischen dem 2. Jahrhundert und 4. Jahrhundert nach Christus wahrscheinlich in Alexandria entstandenen griechischen Abhandlung, auch Bestiarium genannt, eines unbekannten Verfassers, die in 5 besinnlich-erbaulichen Kapiteln Beschreibungen von Tieren und Fabelwesen (Einhorn, Pelikan, Phönix, Panther u.a.), aber auch Pflanzen und Steinen und ihre christlich-symbolisierende Deutung enthält. Er ist also zu einem Zeitpunkt entstanden, als der Kanon der neutestamentarischen Schriften bereits weitgehend gefestigt war.Der Physiologus war als Hauptwerk christlicher Natursymbolik im Mittelalter in verschiedenen Fassungen und Übersetzungen (vielen europäischen; besonders auch lateinischen und orientalischen) weit verbreitet.
Er wurde im 11. Jahrhundert und 12. Jahrhundert mehrfach ins Deutsche übersetzt bzw. frei bearbeitet (älteste Fassung in alemannischer Prosa, 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts; eine gereimte Fassung in einer Milstätter Handschrift, zwischen 1130 und 1150) und im Laufe des ganzen folgenden Jahrtausends dem Strom des christlichen Gedankenguts ständig wieder angeglichen.
In einfacher Sprache wurden in den Kapiteln Tiere nach ihren besonderen Eigenschaften und Verhaltensweisen beschrieben, die dann die Grundlage bildeten für die in naiver Allegorik vorgenommene Gleichsetzung von Eigenschaften und Verhaltensweisen mit beispielhafter christlicher Lebensführung oder mit Christus selber.
Die durch den Physiologus popularisierte Tiersymbolik beeinflußte die gesamte Dichtung des Mittelalters und findet sich auch in der bildenden Kunst (z.B. der Tierornamentik in gotischen Kirchen) wieder. Deswegen wurde der Physiologus eines der frühesten exegetischen Nachschlagewerke der christlichen Ikonographie.