Peter Paul Rubens
Peter Paul Rubens (* 28 oder 29. Juni 1577 in Siegen; † 30. Mai 1640 in Antwerpen) war ein flämischer Maler und wohl auch der bekannteste Maler des Barocks.
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Peter Paul Rubens wurde 1577 als Sohn des protestantischen Rechtsanwalts Jan Rubens in Siegen in Westfalen geboren. Sein Vater wurde u.a. im Gefängnis von Schloss Liebenscheid wegen Ehebruchs mit der Gemahlin des Prinzen Wilhelm von Oranien, Anna von Sachsen, gefangen gehalten.
Nach dem Tod des Vaters 1587 zog seine Mutter mit den Kindern nach Antwerpen. Peter Paul Rubens fungierte dort einige Zeit als Page. In Antwerpen ließ sich Rubens auch katholisch taufen. Der katholische Glaube beeinflusste später einen Großteil seines künstlerischen Schaffens.
Seit 1592 widmete er sich der Kunst und hatte nacheinander die Maler Tobias Verhaecht (auch T. Verhaegt), Adam van Noort und Otto van Veen als Lehrer. 1598 wurde er in die Malergilde zu Antwerpen aufgenommen.
Im Mai 1600 ging er nach Italien, um dort Tizian, Veronese u. a. zu studieren. Hier wurde der Herzog Vincenzo Gonzaga von Mantua auf ihn aufmerksam gemacht, der ihn als Hofmaler nach Mantua berief.
Die Kunstschätze des Herzogs, die Fresken Giulio Romanos, die Arbeiten Mantegnass in Mantua boten ihm die reichste Anregung. Nach längerem Aufenthalt in Rom begab sich Rubens 1603 als Überbringer kostbarer Geschenke des Herzogs an den spanischen Hof nach Madrid. 1604 zurückgekehrt, malte er ein Triptychon mit der heiligen Dreifaltigkeit für die Jesuitenkirche in Mantua. 1605 ging er nach Rom, wo er ein Altarbild für Santa Maria in Vallicella (Madonna mit sechs Heiligen) zu malen begann (1608 vollendet). 1607 besuchte er mit dem Herzog Genua, wo er die Marchesa Spinola malte, und Mailand.
Die Nachricht von der Krankheit seiner Mutter rief ihn im Herbst 1608 nach Antwerpen zurück; und die Trauer über ihren Tod sowie die Versprechungen der Statthalter der spanischen Niederlande, Erzherzog Albrecht und Isabella, die ihn zum Hofmaler ernannten, hielten ihn dort fest. 1609 vermählte er sich mit Isabella Brant (* 1591 † 1626), und 1611 gründete er sich ein eignes prächtiges Heim, in dem er seine reichen Sammlungen unterbrachte.
Sein Atelier füllte sich bald mit Schülern. Die ersten Bilder dieser Periode sind: die Anbetung der Könige (1610, Museum zu Madrid), der Altar des heil. Ildefonso (Wien), ein Werk von wunderbarer Feinheit der Ausführung und zartem Dufte der Farbe (damals begonnen, aber erst nach 1630 vollendet) und das berühmte Bild in der Pinakothek zu München, welches ihn und seine Frau vorstellt, in einer Laube sitzend.
Welche Meisterschaft Rubens damals schon in dramatisch bewegten Darstellungen entfalten konnte, zeigen die Kreuzaufrichtung von 1610 und die Kreuzabnahme von 1611 (beide in der Kathedrale zu Antwerpen), in welchen noch am meisten die Erinnerungen an Michelangelo und Caravaggio nachklingen. Von Jahr zu Jahr mehrte sich der Ruhm Rubens' wie sein Reichtum, seine Ehren und die Zahl seiner Schüler.
1622 rief ihn Maria de' Medici nach Paris, um ihren dort erbauten Luxembourgpalast mit Darstellungen der merkwürdigsten Begebenheiten ihres eignen Lebens zu schmücken. Rubens entwarf die Skizzen (Münchener Pinakothek) und ließ danach von seinen Schülern die Gemälde ausführen, die er überging und 1625 selbst nach Paris brachte (jetzt im Louvre).
Nachdem Rubens schon seit 1623 als diplomatischer Agent in den Diensten der Erzherzogin Isabella zum Zweck von Friedensunterhandlungen tätig gewesen war, sandte ihn 1628 die Erzherzogin in gleicher Absicht nach Spanien.
Rubens gewann das Vertrauen des Königs, wurde Sekretär des Geheimen Rats und führte während seines Aufenthalts in Madrid mehrere Werke aus. Von Madrid wurde er unmittelbar 1629 nach London gesandt, um mit dem König über einen Frieden zwischen Spanien und England zu verhandeln.
Diesen Vorbesprechungen wurde es verdankt, dass 1630 der Friedensvertrag unterzeichnet wurde. König Karl I. von England schlug ihn deshalb zum Ritter. Auch in London war er als Maler tätig. In der Folge ward er noch zu mehreren Staatsgeschäften gebraucht, die ihm jedoch geringere Ehren einbrachten.
Nach dem Tod seiner ersten Gattin vermählte er sich 1630 mit der schönen Helene Fourment, welche ihm häufig als Modell diente. In den späteren Jahren seines Wirkens entwarf er, da sich die Aufträge zu sehr häuften, fast nur noch die Skizzen selbst; die Ausführung musste er seinen Schülern überlassen, und nur einzelnes, besonders die Hauptteile, überging er bisweilen.
Bei Übernahme von Arbeiten wurde häufig ausgemacht, von welchen Schülern er sich helfen lassen dürfe. Rubens lebte jetzt bald in der Stadt, bald auf seinem Landsitz Steen bei Mecheln. Seit 1635 malte er meist Staffeleibilder von feinerer Ausführung.
Er starb nach längerem Leiden an der Gicht mit 62 Jahren am 30. Mai 1640 in Antwerpen. Die Stelle, wo seine Gebeine in der St. Jakobskirche zu Antwerpen ruhen, bezeichnet ein vortreffliches Werk seiner Hand, die Madonna mit dem Kind und mehreren Heiligen darstellend.
Der Erlös aus dem Verkauf seines Nachlasses belief sich auf 1.010.000 Gulden. 1840 wurde Rubens zu Antwerpen eine von Geefs modellierte Bronzestatue gesetzt und 1877 sein 300jähriger Geburtstag in Antwerpen und Siegen feierlich begangen.
Rubens Hauptstreben ging auf höchste Lebendigkeit der Darstellung und auf das höchste Maß von koloristischer Wirkung. Die erloschene religiöse Begeisterung suchte Rubens, ohne sich jedoch in den Dienst einer fanatischen kirchlichen Richtung zu stellen, dadurch wieder anzufachen, dass er selbst Gegenstände, deren Natur eine ruhige Darstellung erforderte, in lebhaft bewegter Weise auffasste.
Seine Werke tragen mehr als die jedes anderen Malers das Gepräge des ursprünglichen, frischesten, lebendigsten Ergusses der Phantasie. Wie Rembrandt der Maler des Helldunkels, so ist Rubens der Maler des Lichts und der Farbenglut.
Seine Kunst umfasste den gesamten Kreis des Darstellbaren. Hinsichtlich des Reichtums seiner Erfindungen sind ihm von den größten Malern unter den neueren nur Raffael und Albrecht Dürer zu vergleichen.
Seine Gestalten, besonders die weiblichen, leiden bisweilen unter einem Übermaß von Fleischesfülle und Muskelreichtum; aber dieser üppige Reichtum bildet einen Bestandteil seiner über menschliches Maß hinaus gesteigerter mit Michelangelo verwandten Formensprache.
Seine Freude an der sinnlichen Erscheinung bildet einen scharfen Gegensatz zu der weltentrückten Frömmigkeit der Andachtsbilder der älteren Schule; aber die sinnliche Glut seiner Farbe und das berauschende Fortissimo seiner religiösen Kompositionen kamen den katholischen Reformbestrebungen, die in erster Linie durch die Jesuiten vertreten wurden, sehr entgegen, weshalb ihn auch die Jesuiten 1620 mit der Ausschmückung ihrer Kirche in Antwerpen betrauten und er bis an sein Lebensende der bevorzugte Kirchenmaler der katholischen Welt blieb.
Die gleiche Kraft leidenschaftlicher Darstellung widmete er aber auch mythologischen Gegenständen. In der Darstellung des Nackten, in der wunderbaren Leuchtkraft der Fleischfarbe ist er unübertroffen. Er war der erste, der nicht nur ausgekleidete Modelle nachbildete, sondern Gestalten schuf, welche, wie die der Griechen und Römer, an Nacktheit gewöhnt waren.
Rubens hat etwa 1500 Bilder hinterlassen, von denen freilich ein großer Teil von Schülerhänden ausgeführt und nur von ihm übergangen worden ist. Neben den bereits genannten religiösen Bildern ist das jetzt im Belvedere zu Wien befindliche Bild des heil. Ignaz von Loyola, der den Teufel austreibt, als eins derjenigen Werke auszuzeichnen, woraus die eigentümliche Größe von Rubens besonders hervorleuchtet.
Am herrlichsten kommt diese letztere aber zur Entfaltung in solchen Bildern, die eine dramatische Behandlung erfordern, wie die Bilder: der Sturz der rebellischen Engel, der Sturz der Verdammten, das große und kleine Jüngste Gericht, das apokalyptische Weib, die Niederlage Sanheribs und der bethlehemitische Kindermord (sämtlich in der Münchener Pinakothek). Von anderen biblischen Darstellungen sind zu nennen: das Urteil Salomos, Simson und Delila, Christus und die bußfertigen Sünder, Lot mit Frau und Töchtern von zwei Engeln aus Sodom geleitet (bei Mr.
Butler zu London), zahlreiche Darstellungen der Anbetung der Könige und der Himmelfahrt Mariä (letztere zu Antwerpen, Brüssel, Düsseldorf, Wien), die Kreuzigung Petri (Peterskirche zu Köln), die Kreuzigung Christi (coup de lance, Antwerpen), die Kreuztragung Christi (Brüssel) und die heil. Cäcilia (Berlin).
Ganz frei und eigentümlich erscheint der Künstler in der Behandlung des klassischen Altertums, dem er eine große Zahl von Bildern entnahm, zum Teil aus der Göttergeschichte, besonders aus dem bacchischen Kreis (zahlreiche Bacchanalien), zum Teil aus der Heroengeschichte (Decius Mus in Wien). Hervorzuheben sind: der Raub der Töchter des Leukippos, die Amazonenschlacht und der sterbende Seneca (München), das Venusfest und Boreas und Oreithyia (Wien), Jupiter und Kallisto (Kassel), Neptun und Amphitrite, die gefesselte Andromeda und Bacchanal (Berlin), das Urteil des Paris (Madrid) und Neptun auf dem Meer (Dresden, ein Teil der unter Rubens' Leitung ausgeführten Dekorationen zum Einzug des Kardinal-Infanten Ferdinand zu Antwerpen, 1635).
Mit gleicher Wärme und Liebe umfasste Rubens die Darstellung des Naturlebens und des fröhlichen Treibens der Kinder. Das vortrefflichste Bild letzterer Art sind die sieben Kinder in der Pinakothek zu München, welche einen mächtigen Fruchtkranz tragen.
In seinen Tierbildern, die zum Teil in Gemeinschaft mit Frans Snyders entstanden sind, entfaltet Rubens ebenfalls das höchste Maß von Lebendigkeit und dramatischer Kraft. Es sind zumeist Jagden, unter denen die Löwenjagd in München, die Wolfsjagd bei Lord Ashburton, die Wildschweinsjagd in Dresden und die Hirschjagd der Diana in Berlin in erster Reihe stehen.
Auch für die Landschaftsmalerei war Rubens bahnbrechend, weil er Größe der Auffassung mit Tiefe und Kraft der Stimmung verband. Es gibt sowohl solche Landschaften von ihm, welche, mit Zuziehung einiger Motive aus der Natur aus freier Phantasie hervorgegangen, die Elemente in ihrem Aufruhr zeigen (Odysseus an der Küste der Phäaken in Florenz, Überschwemmung mit Philemon und Baucis in Wien), als solche, die den idyllischen Charakter von Rubens' reich gesegnetem Heimatsland darstellen (Landschaft mit dem Regenbogen in München, Abendlandschaft in Petersburg).
Seine wenigen Genrebilder zeichnen sich durch eine geistreiche Auffassung und eine freie Behandlung aus (Bauernkirmes und Turnier im Louvre, Bauerntanz in Madrid). Von den Konversations- und Schäferstücken existiert der Liebesgarten in vielen Exemplaren, von denen aber das Bild in Madrid, nicht das in Dresden, als das Original zu betrachten ist. Ein andres Konversationsstück befindet sich unter dem Namen "der Schlosspark" im Belvedere zu Wien.
Unter seinen zahlreichen Bildnissen gehört das Bild im Palazzo Pitti zu Florenz, bekannt unter dem Namen der vier Philosophen, welches Justus Lipsius, Hugo Grotius, Philipp Rubens und den Künstler selbst vorstellt, seiner frühsten Zeit an.
Ausgezeichnet sind auch die Bildnisse von Rubens und seiner Frau im Schloss zu Windsor, bedeutender aber noch sind dessen Familienporträt in der Nationalgalerie zu London, das Bild seiner Frau mit Kind in München und das Doppelbildnis seiner Söhne in der Galerie Liechtenstein zu Wien.
Eins seiner vollendetsten Bildnisse ist das des Doktors van Tulden in der Pinakothek zu München; ausgezeichnet durch sein magisches Helldunkel ist das unter dem Namen des Strohhuts bekannte Bildnis eines Mädchens in der Nationalgalerie zu London und meisterhaft in der Modellierung des Fleisches das Bildnis der nur mit einem Pelz bekleideten Helene Fourment in Wien.
Wenige Künstler haben auf ihre Zeit einen so mächtigen, unwiderstehlichen Einfluss geübt wie Rubens; es gibt keinen Zweig der niederländischen Malerei, auf den er nicht bestimmend eingewirkt hätte. Die Zahl seiner Schüler war außerordentlich groß.
Die bedeutendsten sind: van Dyck, Soutman, Th. van Tulden, M. Pepyn, A. Diepenbeek, C. Schut, E. Quellinus, Justus van Egmont, I. van Hoeck, etc. Außerdem aber hat er auch eine Schule von ausgezeichneten Kupferstechernn herangezogen, wie Vorsterman, S. a Bolswert, Pontius etc., die seine Werke auf seine Kosten für den Verkauf in Kupfer stachen, während Chr.
Jegher sie in Holz schnitt. Auch war er selbst der Radierkunst mächtig, und überdies hat er eine große Zahl von Zeichnungen für Büchertitel, Bücherverzierungen u. dgl. angefertigt. Er hat zahlreiche Handzeichnungen hinterlassen (in London, Paris und Wien).
Rubens war ein Mann von universeller gelehrter Bildung, welcher mit zahlreichen Zeitgenossen in Briefwechsel stand.
Einer seiner Meisterschüler war Anton van Dyck, dessen Büste in der Walhalla steht.
(Titel (ungefähres Entstehungsdatum, heutiger Aufbewahrungsort))
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[Dieser Artikel basiert auf dem Artikel aus Meyers Konversationslexikon von 1888-90.]Weblinks