Peer (Adel)
Peer (vom lat par "gleich, ebenbürtig"; frz. Pair) ist die Bezeichnung für einen Angehörigen des britischen Adels. Der als peerage bezeichnete Adelsstand ist ein System von Adelstiteln, das es nur in Großbritannien gibt. Die peerage ist ein Teil des gesamten britischen Auszeichnungswesens. Historisch bezeichnete man die Adeligen, die das Recht auf einen Sitz im britischen Oberhaus (House of Lords) hatten, als peers. Ihre Familienangehörigen sind keine Adeligen, obwohl die Ehefrauen der Peers traditionell peeress genannt werden. Das ist ein grundlegender Unterschied zum Adel auf dem europäischen Festland, wo die Titel eher ganzen Familien als Einzelpersonen verliehen werden und wo es durchaus möglich ist, dass mehrere Familienmitglieder gleichzeitig den selben Titel führen.
Table of contents |
2 Höflichkeitstitel (courtesy titles) 3 Die Peerswürde heute 4 Der Verlust der Pairswürde |
Die verschiedenen Titel und ihre Rangfolge
Die Titel im englischen Peer-System sind in aufsteigender Rangfolge: baron (baroness für Frauen), viscount (vicountess), earl (countess), marquess (marquioness) und duke (duchess) [zu deutsch etwa: Baron, Vizegraf, Graf, Markgraf, Herzog]. Die jeweiligen Titel werden nach dem Muster "Rang Name", wenn der Name ein Personenname ist, (z.B. Vicount Beresford), oder "Rang von Name", wenn er ein Ortsname ist, was z.B. bei allen Herzögen der Fall ist, (z.B. Duke of Marlborough), gebildet. Dass die Peers gleichzeitig auch Herren der ihrem Titel zugehörigen Ländereien sind, ist schon seit dem Mittelalter nicht mehr der Fall. Oft gehören diese Ländereien nicht einmal mehr zum Vereinigten Königreich. So ist zum Beispiel der Herzog von Cornwall der einzige seines Standes, der noch zugehörige Ländereien auf den britischen Inseln hat. Die Art der Weitergabe eines Adelstitels, abgesehen von den Life Peers (Peers auf Lebenszeit) ist verschieden. Sie hängt von der Art seiner ursprünglichen Einsetzung ab. Meistens werden sie in der männlichen Linie vererbt, aber in manchen Fällen, vor allem bei vielen schottischen Titeln, können sie auch über die Töchter weitergegeben werden. Ein Peer kann mehrere Titel zugleich innehaben; er wird dann mit dem ranghöchsten Titel angesprochen.
Es gibt mehrere Gruppen von Adelstiteln in Britannien: Zum englischen Adel (peerage of England) gehören alle Titel, die von den englischen Königen und Königinnen vor dem Act of Union im Jahre 1707 eingerichtet wurden. Analog dazu gehören zum schottischen Adel (peerage of scotland) alle Titel, die vor diesem Datum von den schottischen Monarchen verliehen wurden. Der irische Adel (peerage of Ireland) vereint alle Titel des Königreichs Irland vor 1801 und zum groß-britannischen Adel (peerage of Great-Britain) gehören die Titel, die zwischen 1707 und 1801 verliehen wurden. Alle Adelstitel, die nach 1801 vergeben wurden, bilden den Adel des Vereinigten Königreichs.
In der Rangfolge kommt der Herzog vor dem Marquis, der Marquis vor dem Earl und so weiter. Innerhalb der Adelsränge bestimmt sich der Vorrang folgendermaßen: englischer Adel, schottischer Adel, großbritannischer Adel, irischer Adel, Adel des Vereinigten Königreichs; jede Gruppe in sich wiederum abgestuft nach dem Alter des Titels. Alle Inhaber dieser Titel waren Mitglieder des Oberhauses (House of Lords), mit Ausnahme der irischen Peers, die bis 1922 aus ihren Reihen eine Abordnung gewählt haben.
Höflichkeitstitel (courtesy titles)
Wie oben schon gesagt, sind die Familienmitglieder englischer Adeliger keine Adeligen. Ihre Kinder erhalten zwar Höflichkeitstitel (courtesy titles) bleiben aber solange Bürgerliche bis sie selbst einen substantiellen Adelstitel (z.B. durch Erbschaft) erhalten. Hat ein Herzog, Marquis oder Earl (Söhne von Viscounts und Baronen haben dieses Vorrecht nicht) einen ältesten Sohn, erhält der Sohn den nächstniedrigeren Titel des Vaters. Hat der Sohn wiederum einen ältesten Sohn, erhält dieser Enkel den zweitniedrigeren Titel des Großvaters und immer so weiter bis alle Titel aufgebraucht sind. Sind mehrere nächstniedrigere gleichrangige Titel vorhanden, bestimmt die Familientradition welcher vom Sohn geführt wird. Höflichkeitstitel sind aber keine substantiellen Adelstitel (peer on his/her own right), sondern nur Anreden.
Hat zum Beispiel der Herzog von Wellington einen ältesten Sohn, führt dieser den Titel Marquess of Douro. Hat dieser wieder einen ältesten Sohn, erhält dieser den Höflichkeitstitel Earl of Mornington. Aber auch die anderen Kinder der Peers erhalten Höflichkeitstitel. Die jüngeren Söhne der Herzöge und Marquis (einschl. der Höflichkeits-Marquis) erhalten den Titel "Lord Vorname Nachname" und die Töchter der Herzöge, Marquis und Earls (oder Höflichkeits-Marquis resp. -Earls) in gleicher Weise den Titel "Lady". Jüngere Söhne der Earls und alle Söhne der Viscounts und Barone tragen die Bezeichnung "Der Ehrenwerte" (The Honourable) vor ihrem Namen.
Im Gespräch werden die Herzöge und Herzoginnen als "Herzog von N." bzw. "Herzogin von N." bezeichnet, während die Inhaber anderer Titel unterschiedlos als "Lord bzw. Lady N." angesprochen werden.
Die Peerswürde heute
Im Jahre 1963 wurde ein Gesetz verabschiedet (Peerage Act), die es Trägern erblicher Adelstitel erlaubt auf ihren Titel zu verzichten. Von dieser Möglichkeit wurde Gebrauch gemacht, wenn die Inhaber einen Sitz im britischen Parlament (House of Commons) anstrebten: prominente Beispiele sind der Viscount Stansgate (Tony Benn), der Earl of Home (Sir Alec Douglas-Home) und der Viscount Hailsham (Quintin Hogg). Die beiden letztgenannten zogen allerdings wieder ins Oberhaus ein, weil sie zu Peers auf Lebenszeit ernannt wurden. Die Nachkommen der Peers, die auf ihren Titel verzichtet haben, erhalten die Pairswürde nach dem Tode des ursprünglichen Inhabers zurück. Da Irland seit 1922 nicht mehr Mitglied des Vereinigten Königreichs ist, können die Mitglieder des irischen Adels von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen; das Gesetz gilt nicht für sie.
In den letzten Jahren wurden von der Krone nur noch "Peers auf Lebenszeit" (Life Peers, ausschließlich Barone und Baronessen) ernannt. Diese Peers sind den herkömmlichen Peers gleichgestellt, können aber ihren Titel nicht vererben. Im Jahre 1999 wurde das House of Lords reformiert und die meisten (750) der erblichen Sitze wurden abgeschafft. Seither setzt sich das Oberhaus zusammen aus den Life peers, den Inhabern bestimmter erblicher Staatsämter (Earl Marshal und Lord Great Chamberlain) und ungefähr 90 Erb-Peers, die von ihren Standesgenossen auf Zeit gewählt wurden.
Nicht alle britischen (Adels-)Titel sind mit der Pairswürde verbunden: Ritter (Knights) und Baronets sind keine Peers aufgrund dieses Titels. Auch Prinzen und Prinzessinen sind keine Peers; es sei denn ihnen wurde zusätzlich noch ein Peerstitel verliehen, was bei königlichen Prinzen regelmäßig der Fall ist.
Der Verlust der Pairswürde
Ein britischer Adelstitel erlischt (becomes extinct), wenn alle Nachkommen des ersten Inhabers ausgestorben sind. Ein Titel ruht (becomes dormant), solange nicht klar ist, wer der neue Inhaber sein soll. Der Titel bleibt in der Schwebe (comes into abeyance), wenn es mehrere gleichberechtigte Erben gibt. Das kommt z.B. bei bestimmten Titeln des älteren englischen Adels vor, wo die Töchter gleichberechtigt sind, wenn es keinen männlichen Erben gibt. Die Herzogtümer Cumberland und Albany sind seit 1919 ausgesetzt (suspended), weil ihre damaligen Inhaber während des ersten Weltkriegs auf deutscher Seite kämpften. In der Geschichte kam es auch vor, dass Titelinhaber ihre Würde durch Verrat verwirkt (forfeit) haben.
Wird ein Titelinhaber König, verschmilzt der Titel mit der Krone (merge in the crown), er hört auf zu existieren bis er erneut vergeben wird; da die Pairswürde Gleichrangigkeit und nicht einen dem Monarchen zukommenden höheren Rang impliziert, kann ein König oder eine Königin nicht Peer sein.
Ein Sonderfall ist das Herzogtum Cornwall. Der Titel gilt, wenn er nicht in Gebrauch ist, als an die Krone verfallen (lapse to the crown). Das bedeutet, dass er zwar existiert, aber von niemandem getragen wird. Er wird auch nicht direkt vererbt. Er steht dem ältesten Sohn des Monarchen als designiertem Nachfolger zu und wird von ihm solange getragen bis er bei seiner Volljährigkeit zum Prince of Wales ernannt wird.
siehe pair