Parecon
Parecon steht für Participatory Economics, was man mit partizipatorisches Volkswirtschaftssystem übersetzen könnte. Parecon ist ein Vorschlag für ein ökonomisches System, welches auf dem Grundsatz aufzubauen versucht, dass jeder Mensch in jenem Ausmaß Entscheidungen mitbestimmen können soll, wie er oder sie von diesen betroffen ist. Die Wertebasis auf der Parecon ruht entstammt der Tradition des Anarchismus und des Sozialismus. Es basiert auf zu Beginn der 1980er und 1990er entstandenen Arbeiten des Mitbegründers des Z-Magazine Michael Albert und des Wirtschaftswissenschaftlers Robin Hahnel.
In diesem Modell gibt es keinen Bedarf an geheimen Entscheidungen, da der Wettbewerb in der gleichen Weise vor sich geht, wie Linux- Programmierer in einem "Wettbewerb" stehen - es ist eher ein gegenseitiges Unterstützen und eine freundliche Kooperation.
Es besteht kein Bedürfnis nach geheimen Absprachen oder nicht freien Dokumenten oder Software.
Parecons Ablehnung des Kapitalismus
Die Ablehnung von Märkten
Da der Kauf und Verkauf von Waren und Leistungen in Märkten ohne Mitspracherecht
jener abläuft, welche zwar nicht im Verkaufsprozess beteiligt sind, aber trotzdem
durch diesen stark betroffen sein können, lehnt Parecon diese ab. Ein einfaches
Beispiel ist der Verkauf von Waffen, welcher zwar im Interesse von Käufer und
Verkäufer ist, aber selten im Interesse der Gesellschaft ist. Genauso verhält es sich
bei Suchtmittel wie Alkohol und Nikotin; diese Fälle können in einem gewissen Ausmaß reguliert
werden, aber die Logik von Märkten
zieht momentanes individuelles Interesse stets vor langfristig gesehenes und allgemeines Interesse.
Man könnte gut argumentieren, dass die Produktion und der Kauf (bzw. Verkauf)
von Autos für die Verwendung in dicht besiedelten Gebieten sowohl ökonomisch, ökologisch als auch praktisch betrachtet, weitaus weniger im Interesse der heutigen und zukünftigen Bevölkerung eines Landes liegt, als ein stark ausgebautes Massentransportsystem. Aber diese Frage kommt nicht auf, wenn immer nur Käufer und Verkäufer miteinander in Verhandlung treten.Die Ablehnung des Privateigentums an Produktionsmitteln
Die Vertreter von Parecon lehnen die Auffassung des Besitzes von Produktionsmitteln ab,
da sie dem Besitzer oder der Besitzerin übermäßigen Einfluß auf ökonomische Entscheidungen geben.
Zum Beispiel agieren große Unternehmen mit äußerst großer Freiheit im Interesse der Macht ihrer BesitzerInnen und, oder, ManagerInnen,
ohne Außenstehenden ein Mitspracherecht für Entscheidungen zu geben, welche sie betreffen.
Diese Entscheidungen sind von nicht zu vernachlässigender Wichtigkeit: Die Fragen "Was soll
produziert werden?", "Wer soll produzieren?", "Wie soll produziert werden?",
"Woran wird geforscht?", "Worin wird investiert?", betreffen alle Mitglieder einer Gesellschaft; aber nur ein Bruchteil jener, nämlich ein Klasse von KoordinatorInnen und KapitalistInnen entscheiden sie. Tatsächlich schließt die Logik eines Privatbesitzes von Produktionsmitteln die Mitbestimmung der Bevölkerung bei den grundlegendsten wirtschaftlichen Entscheidungen aus. Die politischen Prozeduren eines Parlamentarismus befassen sich
dann nur noch mit Verwaltungsfragen dieser Entscheidungen. Das meinte der amerikanische Sozialphilosoph John Dewey,
als er schrieb, dass "die Regierung der Schatten der Konzerne ist, welche sie über die Gesellschaft werfen" ("Government is the shadow cast by big business over society").Der institutionenelle Rahmen eines Parecon
Die Autoren stellen sich als Gerüst für die wirtschaftlichen Abläufe welche eine klassenlose, Selbstbestimmung-bewahrende und wirtschaftlich gerechte Gesellschaft untermauern sollen, die folgenden Prinzipien und Institutionen vor:
Versammlungen
Alle Produzenten und Konsumenten - und nicht nur ihre Führer - können demokratisch an Produzenten- und Konsumentenversammlungen teilnehmen (auf englischcouncils). Diese könnten nach Größte und Geographie gegliedert sein. Entscheidungen sollen in der passenden Ebene getroffen werden; so betrifft z.B. der Bau eines landesweiten Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes die gesamte Bevölkerung, und würde so letztlich in einer nationalen Versammlung entschieden werden; aber die Anlegung einer Gemeinschaftsbibliothek in einer Wohngemeinschaft ginge sicher nur jene etwas an.
Planungsprozesse
Alljährlich soll unter beteiligung aller Mitglieder der Gesellschaft ein Plan zur Verwendung der bestehenden
Produktionsmittel, zur Verteilung der produzierten Güter und Dienstleistungen und zur Festlegung der
zu tätigenden Investitionen entwickelt werden. Die Entscheidungsfindung basiert auf den Versammlungen und
erlaubt auch, dass die jeweils lokaleren Versammlungen RepräsentantInnen wählen, welche dann zu den Versammlungen welche eine größere Zahl von Menschen betreffen, gesandt werden.
Die Vermittlung zwischen den Produzenten- und Konsumentenvereinigungen sollte durch eine Gruppe geschehen, die auch ein Vorschlagsrecht haben soll, wenn die Wünsche und Angebote auseinander gehen.
Ausgeglichenes Arbeitsfeld
Jeder soll sowohl interessante, als auch langweilige Arbeit machen müssen. Die Arbeiten sind demnach in "ausgeglichene Arbeitsfelder" getielt. Zum Beispiel müsste eine Person nach einem Jahr Arbeit bei einer bürokratischen Struktur mit großer Macht und Verantwortung ein Jahr in einem Stahlwerk arbeiten. Die Belegung von Posten in denen verhältnismäßig mehr Menschen betreffende Entscheidungen getroffen werden müsste ein- und aus-rotiert werden. Die Arbeitsplätze sollen im Durchschnitt in ihrer Attraktivität vergleichbar sein; dies soll verhindern, dass sich eine Klasse von KoordinatorInnen bildet, welche die bürokratischen Aparate in ihrer Hand haben. Dadurch hat ein jeder die Motivation seine Aufgabe so zu erfüllen, dass sie dem allgemeinen Interesse dient, denn man selbst erträgt, wenn Parecon funktioniert, ebenfalls die durchschnittliche Anstrengung und hat nicht mehr
Komfort als andere.Entlohnung nach Anstrengung
Es wird nach Anstrengung belohnt, und weniger attraktive Arbeit soll höher belohnt werden. So sollte das Straßenkehren, wenn es weniger attraktiv erscheint als Computerprogrammieren, höher entlohnt werden. Der moralische
Grund dahinter ist, dass letzteres eine kreative und für den Menschen spannende Arbeit sein kann..Zusammenfassung
Diese vier Prinzipien sollten mit einem Minimum an Hierarchie und größtmöglicher Offenheit in Diskussionen und Entscheidungsprozessen angewendet werden, etwa mit Hilfe eines Wiki, um schrittweise zu einer Entscheidung zu kommen.Kritik
Es ist eine Utopie, ein Entwurf einer Gesellschaft, und es bleibt ungeklärt, warum sich die Gesellschaft ausgerechnet in diese Richtung entwickeln sollte.
Einige AnarchistInnen werfen Parecon vor, dass die so vorgestellte Gesellschaft zu straff
organisiert sei, zu feste Institutionen hat, und damit im Widerspruch zu libertären Werten steht.Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Kommunismus
Bei der Ablehnung von Privatbesitz an Produktionsgütern und bei der Anstrebung einer klassenlosen Gesellschaft erkennt man Ähnlichkeiten der Kritik mit jener des Kommunismus; während letzterer jedoch die Probleme
durch einen zentralistisch und autoritären Staat überwinden will, versucht Parecon die Selbstbestimmung der
Menschen sicherzustellen, und verhindert durch die ausgeglichenen Arbeitsfelder, dass eine Klasse
von BürokratInnen entsteht, welche in Komfort und Macht über der restlichen Bevöklerung steht.Beispiele
Einige Betriebe, die nach Parecon-Prinzipien geführt werden:Bücher
Weblinks