Organum
Das Organum (griech. Organon, Instrument) ist die erste Mehrstimmigkeit im 9.–11. Jahrhundert und wurde im frühen Mittelalter in der Praxis der Gregorianik aus der Musizierpraxis der Antike übernommen. Erste Quelle aus Nordfrankreich: Musica Enchiriadis, 9. Jahrhundert). Einer Hauptstimme (Vox Prinzipalis oder Cantus) werden in starrer Parallelbewegung die Quint und die Octav hinzugefügt. Der so geartete, improvisierte mehrstimmige Gesang, bei welchem auch besonders die Orgel in gleichen Parallelen begleitete, ist aus dem Mittelalter in Sängerschulen einiger Klöster und Kathedralen überliefert. Dies bildet gleichsam die Geburt der Mehrstimmigkeit:
Table of contents |
2 Quartorganum 3 Schweifendes Organum 4 die Trouvères ... 5 ... und die "St. Martial-Epoche" im 11.-12.Jahrhundert 6 Entwicklung der Mehrstimmigkeit |
Aus den 3 parallel geführten Stimmen entstand im Mittelalter der Bordun, d.h. unter der Hauptstimme verweilt eine tiefe Stimme als Orgelpunkt wodurch sich verschiedene Zusammenklänge (Intervalle) ergeben.
Siehe auch: Quintorganum).
Um den bei starrer Parallelbewegung zeitweilig zwangsläufig auftretenden Tritonus zu entgehen, werden nicht nur Quarten verwendet sondern auch kleinere Intervalle. Die Instrumentalstimme (Orgel) wird selbstständiger: Neben kleinen improvisierten Melismen zu Beginn und (besonders) zum Ende der Zeile hebt sich die Vox Organalis aus der Parallelbewegung ab und bildet mit dem Cantus einen Einklang (perfekte Konsonanz). (etwa 11. Jahrhundert)
Siehe auch: Quartorganum
Das so genannten "schweifenden Organum" führt als Weiterentwicklung aus der starren Parallelbewegung in eine improvisatorische (siehe: Improvisation) Eigenständigkeit der Zweitstimme nach den Regeln des Kontrapunktes in vollkommenen Konsonanzen.
Die Troubardours ausgehend im 11. Jahrhundert von Südfrankreich (Aquitanien)und die Trouvères des 12. Jahrhundertes in Nordfrankreich sowie die Minnesänger im deutschsprachigen Raum, verwenden für ihre geistliche und weltliche Lyrik zum Teil gleiche Melodien bis sich schließlich erste schriftliche Aufzeichnungen der Organa als Partituren in Neumen- Notation im Wallfahrtsort St. Jacob in Santiago de Compostela in Nordspanien finden.
Im 12. Jahrhundert mit Hauptanteil des Klosters St. Martial in Limoges bilden sich neue Formen aus (Vgl. Tropus und Sequenz) und es beginnt die schriftliche Aufzeichnung der Mehrstimmigkeit.
Siehe auch: Notre-Dame-Epoche
Mit Entwicklung und Verfeinerung der kontrapunktischen Regeln (siehe: Kontrapunkt in Bezug auf die Dissonanzbehandlung im 15. Jahrhundert entwickelt sich schließlich aus den Organi die klassische Polyphonie (siehe auch: Madrigal, Motette) die ihren ersten Höhepunkt in der niederländischen Vocalpolyphonie hatte.Bordun
Quartorganum
Schweifendes Organum
die Trouvères ...
... und die "St. Martial-Epoche" im 11.-12.Jahrhundert
Entwicklung der Mehrstimmigkeit