Orakel von Delphi
Orakel von Delphi war eine berühmte griechische Pilger- und Weissagungsstätte des antiken Griechenlands.Es war die wichtigste Kultstelle der hellenistischen Welt. Sie galt lange Zeit sogar als Mittelpunkt der Welt. Der genaue Ort wurde durch den Omphalos angezeigt. Dem Mythos zufolge hatte Zeus zwei Adler von je einem Ende der Welt fliegen lassen und sie trafen sich in Delphi.
Der Kult in Delphi, das bis zum 5. Jahrhundert v. Chr Pytho hieß, war dem Apollon geweiht, wobei ursprünglich allerdings die Erdgöttin Gaia verehrt worden war. Zur Übernahme des Kultes durch Apollon gibt es verschiedene Versionen
- Apollon befreit die Gegend von einem weiblichen Drachen, der Delphyne, und errichtet mit kretischen Priestern das Orakel - in einer anderen Erzählung bewacht der männliche Drache Typhon das Heiligtum der Gaia.
- Apollon übernimmt das Heiligtum von Poseidon
- Gaia übergibt das Heiligtum ihrer Tochter Themis, die es wiederum Apollon übereignet.
Auf die alte kultische Verehrung der Gaia ist es zurückzuführen, dass Apollon nicht durch einen Priester, sondern durch die Pythia sprach.
Diese saß auf einem Dreifuß über einer Erdspalte. Dem Mythos nach stiegen aus dieser Erdspalte Dämpfe, die die Pythia in einen Trancezustand versetzten. Frühe geologischen Untersuchungen ließen es zunächst zweifelhaft erschienen, dass in Delphi echte Gase aus der Erde austraten. Es wurde daher angenommen, dass der Mythos aus einem spirituellen Hauch physikalische Gase gemacht hat.
Neue Forschungen des amerikanischen Geologen Jelle de Boer konnten nach umfangreichen Laboranalysen belegen, dass in Delphi das Kohlenstoffgas Ethylen (auch Äthylen) die Trance der Priesterin bewirkte. De Boer ging dabei den Angaben des Apollonpriesters und Gelehrten Plutarch nach, der ebenfalls in seinen Schriften die Existenz des Gases als Augenzeuge beschreibt. Ethylen wurde noch bis ins 20. Jahrhundert hinein als Narkosemittel in der Medizin verwendet. In Delphi wurde es durch Erderwärmung bei Beben und tektonischen Prozessen aus Bitumen in den Schichten unter der Tempelanlage freigesetzt und stieg zusammen mit Quellwasser im Allerheiligsten auf. Die Spalte, über der der Dreifuß stand, schloss sich durch spätere Erdbeben - auch das langsame Versiegen des Gases hat Plutarch beschrieben.
Neben dem Dreifuß gehörten noch Lorbeer und Wasser aus dem Kastaliabrunnen zu den Attributen der Pythia.
Orakel wurden nicht nur durch die Pythia gegeben, auch Lose, Träume und Opferfeuer gehörten zu den Orakeltechniken.
Arkadios, Sohn des Kaisers Theodosius, veranlasste den Abriss des Orakels von Delphi. Im so genannten letzten Orakel wird einem Boten des Kaisers Julian II ausgerichtet:
- Sage dem Kaiser, gestürzt ist die prunkvolle Halle.
- Phoibos hat nicht mehr sein Haus,
- auch nicht den inspirierenden Lorbeer
- noch die weissagende Quelle.
- Ihr Wasser ist verstummt.
Der Überlieferung zufolge sollen am Eingang des Tempels von Delphi die Inschriften "Erkenne dich selbst" (gnôthi sautón) und "nichts im Übermaß" (medèn ágan), angebracht gewesen sein. Insbesondere die erste, bekanntere Aufforderung deutet die eigentliche Absicht des Kultes, bzw. der verehrten Gottheit an, nämlich die Auflösung individueller Probleme und Fragestellungen durch die Auseinandersetzung mit der eigenen inneren Persönlichkeit. Die Erkenntnis der "Innenwelt" diente damit als Zugang zur Problemlösung in der "Außenwelt".
Die Selbstschau, zu der der Satz "Erkenne dich selbst" auffordert, ist in vielen Religionen und philosophischen Schulen zu finden.