Novenrecht
Das Novenrecht (von lat novum, neu, dt. etwa „Neuerungsrecht“) regelt zum einen die Möglichkeit einer Partei in der Berufung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, also neue Tatsachen, Beweismittel und Einreden vorzubringen. Zum anderen regelt das Novenrecht unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, den Gegenstand des Rechtsstreites durch Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage in der Berufungsinstanz zu verändern oder zu erweitern.Die seit dem 1. Januar 2002 geltende Zivilprozessreform hat das Novenrecht der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) neu geregelt. Die Feststellung des Sachverhaltes liegt nun weitgehend allein bei dem Gericht der ersten Instanz. Grundsätzlich stellt dieses den Sachverhalt abschließend und für die Berufungsinstanz bindend fest (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 HS 1 ZPO). Die Bindung kann allerdings ausnahmsweise entfallen, wenn das Berufungsgericht Richtigkeit oder Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen ernsthaft bezeifelt (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 1 HS 2 ZPO) oder wenn eine Partei in der zweiten Instanz noch neue Tatsachen vortragen darf (vgl. § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Ob und inwieweit sie das darf, richtet sich nach §§ 530 bis 532 ZPO. Danach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel unzulässig, wenn sie bereits in erster Instanz zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurden (§ 531 Abs. 1 i.V.m. § 296 ZPO). Sie können aber noch zugelassen werden, wenn sie einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten wurde (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden (§ 531 Abs. 2 Nr. 2) oder im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf Nachlässigkeit einer Partei beruht. Soweit neue Tatsachen vom Prozessgegner unstreitig gestellt werden, sind diese nach überwiegender Auffassung, unabhängig von diesen Voraussetzungen der Entscheidung des Berufungsgerichts zu Grunde zu legen.
Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage sind in der Berufungsinstanz nach Maßgabe des § 533 ZPO nur sehr eingeschränkt zulässig. Erstens muß entweder der Prozessgegner einwilligen oder das Gericht die Zulassung für sachdienlich halten. Zweitens ist eine Einführung neuer Streitgegenstände durch Klageänderung, Aufrechnung oder Widerklage nur zulässig, wenn diese Erweiterung des Streitstoffs auf Tatsachen gestützt wird, die nach § 529 ZPO ohnehin vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde zu legen sind. Es dürfen also nicht neue Sachverhalte zum Gegenstand des Prozesses gemacht werden.
Rechtshinweis