Neigetechnik
Unter Neigetechnik (kurz auch Neitech genannt, GST oder gleisbogenabhängige Wagenkastensteuerung) versteht man eine Technik im Bereich des Eisenbahnwesens, bei der die Wagenkästen gegenüber der Senkrechten zum Gleis geneigt werden. Hierdurch können Kurven schneller ("bogenschnell") durchfahren werden.
Table of contents |
2 Beispiele 3 Auswirkungen 4 Nebenwirkungen 5 Geschichte 6 Weblinks |
Die Neigetechnik im Eisenbahnverkehr wirft viele technische Probleme auf, so dass einige Baureihen eingestellt und einige der Strecken wieder auf Normalzugverkehr umgestellt wurden.
Die Technik
Man unterscheidet grundsätzlich zwischen passiver und aktiver Neigetechnik:
Es gibt Mischformen, z.B. passive Neigesysteme, bei denen die Neigung aktiv ein- und ausgeleitet wird.Beispiele
Auswirkungen
Die Neigetechnik ermöglicht es Zügen, sich wie ein Motorradfahrer mit bis zu 8° Neigung in die Kurve zu legen. Dadurch wirkt der Zug den Fliehkräften entgegen und kann mit bis zu 30% höherer Geschwindigkeit durch Kurven fahren. Ziel ist es, den Komfort für die Fahrgäste zu erhöhen. Die Fahrwerksphysik bleibt jedoch gleich, an sicherheitsbedingten Geschwindigkeitsbeschränkungen ändert die Technik nichts. Durch die Neigetechnik werden auf kurvenreichen Strecken die Reisezeiten erheblich verkürzt. Beispielsweise führt der Einsatz von Neitech-Zügen der Baureihe 612 auf der Strecke Chemnitz Hbf - Leipzig Hbf zu einer Reduzierung der Reisezeit von 85 Minuten auf 50 Minuten.Nebenwirkungen
Ein europäisches Forschungsteam im Fachmagazin 'Current Biology' (Ausg. 11) weist darauf hin, dass während einer Studie bis zu 30% der Passagiere Anzeichen von Seekrankheit aufwiesen. Dies erklärt man sich durch die Bewegung des Horizonts (aus der Sicht des Passagiers) während der Kurvenfahrt.Geschichte
Die Idee neigefähiger Züge ist bereits in den 1940er Jahren entstanden.
Bereits in den 1970er Jahren wurden die ersten Versuche auf rein mechanischer Basis mit dem Talgo Pendular gemacht.
Ursprünglich eine deutsche Entwicklung, wurde die Neigetechnik in Italien kultiviert, während die Deutsche Bundesbahn und die von ihr maßgeblich bestimmte deutsche Bahntechnikindustrie kein Interesse mehr zeigte, nachdem verschiedene Triebwagenbaureihen (darunter der erste elektrische Schnelltriebzug Baureihe 403) mit Neigetechnik sich als Fiasko erwiesen hatten. In Italien waren die Pendolino-Züge dagegen rasch erfolgreich, so dass auch in Deutschland das Interesse an dieser Technik erwachte. Der erste deutsche Neitech-Zug Baureihe 610 verkehrte 1992 zwischen Nürnberg und Hof.Weblinks