Naturalismus
Der Naturalismus (ca. 1880 bis 1900) ist eine philosophische wie auch eine künstlerische Strömung. Naturalismus bezeichnet die Auffassung, dass es neben und außer der Natur keinerlei Gesetze gibt und alles der Natur unterworfen ist. Daraus ergibt sich, dass der zentrale Begriff für das Menschenbild des Naturalismus "Determinismus" ist. Der Mensch wird durch seine Umwelt (Vererbung, Milieu etc.) als determiniert wahrgenommen. Insbesondere impliziert diese Annahme die Absage an jeglichen Supranaturalismus und somit die Absage an Gottheiten aller Art, lediglich dem in der Natur enthaltenen wird eine Existenz zugesprochen.
Naturalistische Künstler versuchen also eine möglichst genaue Darstellung der Wirklichkeit. Dabei wird versucht mit exakten naturwissenschaftlichen Methoden zu arbeiten, um so zu einer umfassenden Erkenntnis zu gelangen. In der Literatur zeichnet sich die Richtung durch den Sekundenstil aus.
Führende Vertreter dieser literarischen Strömung waren in Deutschland Gerhart Hauptmann mit Die Weber und in Frankreich Émile Zola mit seinem Romanzyklus Les Rougon Marquart.
Der Naturalismus ist mit dem Impressionismus verwandt und läßt sich philosophisch im Gegensatz zum Existenzialismus betrachten.
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Ende des 19. Jahrhunderts prägten große gesellschaftliche Veränderungen Deutschland: Die Industrialisierung, der Imperialismus, die Verstädterung und das damit verbundene Elend. Auf diesem Boden entstand der Naturalismus.
Der Naturalismus ist dem Realismus verwandt, beide haben dieselben geistigen und sozialen Wurzeln. Die Naturalisten versuchten aber, die Grundideen des Realismus konsequent zu Ende zu denken, sie empfanden sich als radikaler.
Diejenige Wissenschaft, von der man im 19. Jh. annahm, dass sie als Einzige die Realität richtig erfasse, war die Naturwissenschaft. Also musste sie nach Meinung der Naturalisten auch zur Grundlage der Kunst werden. Der Literaturtheoretiker Wilhelm Bölsche drückte folgendermaßen aus:
"Der Dichter ist in seiner Weise ein Experimentator, wie ein Chemiker. Zwar hat der Dichter Menschen vor sich, keine Chemikalien. Aber auch diese Menschen fallen ins Gebiet der Naturwissenschaften. Ihre Leidenschaften, ihr Reagieren gegen äußere Umstände, das ganze Spiel ihrer Gedanken folgen gewissen Gesetzen, die der Forscher ergründet hat und die der Dichter bei dem freien Experimente so gut zu beachten hat, wie ein Chemiker. Ziel sei es, "zu einer wahren mathematischen Durchdringung der ganzen Handlungsweise eines Menschen zu gelangen und Gestalten vor unserm Auge aufwachsen zu lassen, die logisch sind, wie die Natur."
Der wichtigste Theoretiker des Naturalismus, Arno Holz, fasste das Problem in eine Formel: "Kunst=Natur-x". Das "x" sei das Material der Kunst, ihre "Reproduktionsbedingungen", im Falle der Dichtung also die Sprache und die dichterischen Formen. Das "x" müsse möglichst nach Null tendieren, die Literatur also die Wirklichkeit möglichst exakt abbilden. Sie forderten Wahrheit, das heißt eine vertiefende Darstellung der Wirklichkeit. Die Naturalisten dachten diese Wahrheit ließe sich am eindruckvollsten im moralischen Elend der Großstadt ausdrücken.
Ein weiterer Verfechter des Naturalismus, Michael Georg Conrad, forderte 1885 von der Literatur: "Treue Wiedergabe des Lebens unter strengem Ausschluss des romantischen, die Wahrscheinlichkeit der Erscheinung beeinträchtigenden Elementes; die Komposition hat ihren Schwerpunkt nicht mehr in der Erfindung und Führung einer mehr oder weniger spannenden, den blöden Leser in Atem haltenden Intrige, sondern in der Auswahl und logischen Folge der dem wirklichen Leben entnommenen Szenen..."
Dementsprechend bevorzugten die Naturalisten die Echtheit vor der Idealisierung und die darwinistische Naturwissenschaft vor der Metaphysik. Als "Natur", "Wahrheit", "Leben" bezeichneten die Naturalisten die Realität, so wie sie sie sahen. Sie folgten in ihrer Sicht der Milieutheorie des französischen Historikers und Philosophen Taine . Er verstand den Menschen als gesetzmäßig bestimmt, als 'determiniert', von Vererbung, Erziehung, Milieu, sozialer Klasse und historischer Situation. Demnach bleibt dem Menschen kaum noch eigene Willensfreiheit zugestanden.
Die Naturalisten interessierten sich demnach für diejenigen Bereiche, in denen die Determiniertheit ihrer Meinung nach am besten zum Ausdruck kam und die in der bürgerlichen Doppelmoral und Gleichgültigkeit verdrängt wurden: die soziale Frage, die Zerrüttung von Familie und Ehe, die Exzesse der Großstadt Alkoholismus, Geisteskrankheit, Kriminalität, Prostitution. Sie schauten auch dem „Volk aufs Maul“ und verwendeten den sonst verpönten Dialekt und seine Ausdrücke.
Die Naturalisten protestierten dabei gegen soziale Missstände, gegen den deutschen Obrigkeitsstaat unter Bismarck. Sie verstanden sich trotz aller Nähe zu sozialen Themen, trotz aller Sympathie für die Sozialdemokratie nicht als politische Bewegung mit Programm, konkreten Zielen und mit Strategien. Der Naturalismus war in erster Linie eine intellektuelle, literarische Protestbewegung, welche oft versuchte Mitleid für das Leiden der Unterschichten zu erwecken.
Ab der Jahrhundertwende verlor der Naturalismus an Stärke, aber seine neuen sozialen Themen, die Präzisierung der beschreibenden Darstellungsmittel und die Verwendung der Umgangssprache, prägten danach die gesamte Entwicklung der Literatur.
Literarische Feinde und Vorbilder
Die Naturalisten verurteilten den trivialen Zeitgeist, der sich an französischen Komödiendichtern und an den Nachahmern der deutschen Klassik und Romantik (Heyse, Geibel) orientierte. Sie knüpften bewusst an den Sturm und Drang , an Dichter wie Heine und Büchner an. Das Idol ist Émile Zola, der in Frankreich den naturalistischen Roman begründet und als Erster den Dichter als Experimentator bezeichnet hatte.
Formen
Die Ideen des Naturalismus wurden hauptsächlich in Zeitschriften, die vor allem in den Zentren des Naturalismus erschienen, verbreitet. In Berlin, gaben die Brüder Heinrich und Julius Hart die "Kritischen Waffengänge" heraus, in München, dem zweiten Brennpunkt des Naturalismus, publizierte Michael Georg Conrad die Zeitschrift "Die Gesellschaft".
Die bedeutendsten Leistungen hat das Drama des Naturalismus aufzuweisen. Mit ihren Theaterstücken und eigens gegründeten Theatern (z.B. 1890 Freie Bühne in Berlin) erzielten die naturalistischen Dichter schon zu ihren Lebzeiten eine große Wirkung. Typische Merkmale des naturalistischen Dramas sind:
- Aufnahme neuer, bisher tabuisierter Themen
- entsprechend die Thematik vieler Stücke: Bevorzugung des Dialekts und von derben Ausdrücken, entsprechend der Forderung nach Wirklichkeitsnähe: Wegfall des Monologs, entsprechend des Determinismus: ausführliche Regieanweisungen;
- häufiges Vorkommen analytischer Dramen, da ein in der Vergangenheit angelegtes Verhängnis (z.B. infolge Vererbung) sich im Verlauf des Dramas entfaltet (zum Beweis der Determiniertheit).
Die Sprache im Naturalismus ist ein direktes Abbild der realen Dialekte und Mundarten. Durch sie werden Personen charakterisiert und ihre Stellung in der Gesellschaft verdeutlicht. Im Gegensatz zu den klassischen Textformen, in denen der Pferdeknecht genau so sprach wie der Adlige, werden die gesellschaftlichen Abstufungen hier durch den unterschiedlichen Sprachgebrauch hervorgehoben oder erst sichtbar.
Die Beschreibung von Räumlichkeiten im Naturalismus ist, dem Gesammtkonzept folgend, wissenschaftlich exakt und ausführlich. Hier werden die natürlichen Lebensräume der jeweiligen Gesellschaftsschicht beschrieben und häufig sogar tiefere Einblicke in die Psyche der dort wohnenden Charaktere erlaubt als dies im Rest des Textes möglich ist.