Nationalstaat
Ein Nationalstaat ist ein Staat mit einer staatstragenden Nation (Volk, Ethnie), der die wesentlichen Teile dieses staatstragenden und meist auch namengebenden Volkes in sich vereint. Der Gegensatzbegriff dazu ist Vielvölkerstaat bzw. Nationalitätenstaat. Die politische Bewegung, die einem Volk einen Nationalstaat errichten bzw. erhalten will, heißt Nationalismus.Idealtypisch hat ein Nationalstaat alle Angehörigen dieses Volkes und auch nur Angehörige dieses Volkes als Bürger.
Angehörige des Staatsvolkes, die außerhalb ihres Nationalstaats leben, haben im allgemeinen ein besonders positives Verhältnis zu diesem. Beispiele hierfür sind die Auslandstürken im Verhältnis zur Türkei oder auch die Volksdeutschen im Verhältnis zu Deutschland. Sofern diese außerhalb des Nationalstaates lebenden Angehörigen des staatstragenden Volkes ein geschlossenes Gebiet bewohnen, das nach Meinung dieses Volkes an den Nationalstaat angeschlossen werden sollte, wird hierfür der Begriff Irredenta (italienisch: unerlöst) benutzt.
Bürger eines Nationalstaates, die nicht dem tragenden Staatsvolk angehören, sondern in nennenswerter Anzahl einem anderen Volk, bilden eine nationale Minderheit. Beispiele hierfür sind die Dänen in Schleswig-Holstein sowie die Sorben in Brandenburg und Sachsen. Die beiden Beispiele zeigen zwei Typen von nationalen Minderheiten: Im Falle der Dänen handelt es sich um Angehörige der Nachbarnation. Solche Minderheiten in Grenzgebieten kann es geben, wenn die Grenze nicht natürlich (z. B. durch trennende Gebirge) gebildet wird. Historisch liegt die Ursache oft in einem Staat, der beide Völker beinhaltet. Der dänischen Minderheit in Deutschland (Südschleswig) entsprechend gibt es eine deutsche Minderheit in Dänemark (Nordschleswig). Den anderen Typus einer nationalen Minderheit repräsentieren die Sorben, die zu wenige sind und zu verstreut leben, um einen eigenen Nationalstaat zu bilden. Für einen dritten Typus mögen die Kurden herhalten. Sie leben als nationale Minderheit in mehreren Staaten, darunter der Türkei und dem Irak. Zwar sind sie an sich groß genug, um einen eigenen Nationalstaat zu bilden. Dies ist ihnen aber politisch bisher nicht gelungen.
Konflikte kann es dennoch geben. Das liegt zum einen an regionalen Vermischungen zweier (oder mehrerer) Völker in Grenzgebieten. Daraus können sich Streitigkeiten über die "gerechte" Grenze ergeben. Eine andere Konfliktursache können unterschiedliche Begriffe von Volk bilden. Diese Begriff ist nicht eindeutig. In manchen Völkern ist die Religionszugehörigkeit wesentliches Definitionsmerkmal (z. B. Juden, Irenn, Polen), bei anderen ist die Sprache wesentlich (Deutsche, Ungarn), bei wieder anderen andere Kriterien. Dazu kommen etatistische Vorstellungen, die als Angehörigen der Nation schlicht alle Staatsbürger ohne Rücksicht auf ihre nationale Identität betrachten. Dadurch kann es vorkommen, dass bestimmte Volksgruppen von zwei Nationen (und damit häufig von zwei Nationalstaaten) beansprucht werden. In diesen Fällen kann es zu einem starken Assimilationsdruck gegenüber der Minderheit kommen.
Ein Beispiel hierfür sind die Südtiroler, die sich als Deutsche bzw. Österreicher ansahen, aber vom italienischen Staat lange Zeit als Italiener behandelt wurden. Dieses Beispiel zeigt aber auch, wie sich die nationale Sichtweise ändern kann: Viele deutschsprachige Südtiroler fühlen sich heute durchaus als Italiener. Dies hängt aber auch vom Kontext ab. Im Sport fühlen sich die Südtiroler zwar meist eher zu Italien gehörig, kulturell und von der Mentalität her aber eher als Deutsche (bzw. Tiroler).
Als Separatismus bezeichnet man die Erscheinung, dass sich eine Bevölkerungsgruppe als eigenes Volk betrachtet, damit aber beim sie beherbergenden Staat auf Widerstand trifft. Ein Beispiel hierfür sind die Basken in Spanien und Frankreich. Zwischen den Begriffen Separatismus und Nationalismus besteht häufig nur ein perspektivischer Unterschied. Aus Sicht des zentralen Staates handelt es sich um Bürger, die sich abspalten wollen, also um Separatisten. Aus deren Sicht aber handelt es sich um Nationalismus, weil sie ihrem Volk zu einem eigenen Nationalstaat verhelfen möchten. So wurden die Anhänger der irischen Unabhängigkeitsbewegung vor der Gründung der Republik Irland vom Staat Großbritannien als Separatisten betrachtet und verfolgt.
Konfliktpotentiale
An sich sind saturierte (gesättigte) Nationalstaaten sehr friedliche Staaten. Sie haben keine Ansprüche an andere Länder und im allgemeinen auch kein Sendungsbewusstsein, das zu Eroberungsplänen führen kann.Literatur