Mufti
Ein Mufti (arabisch: Entscheider) ist ein islamischer Rechtsgelehrter der Sunniten, der ein Gutachten (Fatwa oder Fetwa) darüber abgibt, wie eine Sache mittels "Fiqh" in Hinblick auf die Scharia zu entscheiden ist. Diese Fetwas können von Privatpersonen oder von Richtern erbeten werden. In Heirats-, Scheidungs- und Erbangelegenheiten sind sie bindend, ansonsten können sie auch außer Acht gelassen werden.Im Osmanischen Reich setzte die Regierung für jede Provinz einen Mufti ein. In den meisten arabischen Staaten ist das auch heute noch so, auch wenn im Prinzip jeder gebildete und angesehene Mann eine Fetwa verfassen kann. Die Tatsache, dass die Muftis dadurch natürlich oft ihre Unabhänigkeit verlieren, trägt nicht unbedingt zu ihren Ansehen bei. Dies nützen heute Personen aus, denen man aufgrund ihres Einsatzes mit Leib, Leben und Vermögen für den Islam oft eine höhere Autorität zubilligt als den "Marionetten" einiger Regierungen, z.B. den eigentlich traditionell hoch angesehenen Gelehrten der Al-Azhar-Universität in Kairo. Deshalb kann ein Osama bin Laden eine relativ hohe Autorität außerhalb jeder Insitution (und auch ohne Nachweis irgendwelcher tieferen Kenntnisse des Islam) gewinnen.
Welch eine Ansehen viele Muftis auch unter Muslimen hatten und haben, kann man an der im Französischen, aber auch im Deutschen und Niederländischen vorkommenden Redewendung "par ordre du Mufti" erkennen. Sie meint eine undurchsichtige von oben herab erlassene Verordnung. (Man gebe einmal "par ordre du Mufti" bei "Google" ein und schaue sich die Ergebnisse an.)
Bei den Schiiten werden Muftis als Mullahs bezeichnet; ihre religiöse und praktische Autorität ist höher als bei den Sunniten. Der dem Mullah übergeordnete Rang heißt Ayatollah (persisch für "Zeichen Gottes"), der Ehrentitel für herausragende Religionsgelehrte. Ein Ayatollah ist zur selbstständigen Rechtsfindung befugt.