Mitteltönige Stimmung
Mit dem Aufkommen der Renaissance änderte sich die Auffassung der großen Terz. Während sie im Mittelalter als Dissonanz wahrgenommen wurde, bildete sie jetzt eine wichtige Konsonanz.In der Folge wurde daher die Tatsache zum Problem, dass vier reine Quinten um ein syntonisches Komma größer sind als zwei Oktaven und eine große Terz; beispielsweise können die vier Quinten C-G-D-A-E nicht zusammen mit der Terz C-E rein sein (Die vier Quinten, die ein Terz und 2 Oktaven ergeben werden im Folgenden Quintenkette der Terz genannt). Bei den mitteltönigen Stimmungen werden als Kompromiss 11 Quinten des Quintenzirkels um ein kleines Intervall kleiner als rein gestimmt, so dass die sich aus vier dieser Quinten ergebenden großen Terzen rein oder annähernd rein sind. Die 12. Quinte des Quintenzirkels ist damit festgelegt. Sie weicht so stark von der reinen Quinte ab, dass sie unbenutzbar ist. Sie wird deswegen Wolfsquinte genannt. Alle großen Terzen, deren Quintenkette die Wolfsquinte enthält, sind ebenfalls so unrein, dass sie nicht benutzt werden können (genaugenommen handelt es sich bei ihnen um verminderte Quarten). Es bleiben daher acht reine große Terzen.
Verkleinert man die 11 Quinten um 1/4 des syntonischen Kommas, so werden die benutzbaren Terzen exakt rein. Die so entstandene Stimmung wird 1/4-Komma-mitteltönige Stimmung genannt. Häufig verwendete andere Stimmungen sind die 1/6-, 1/5-, 2/7-, und 1/3-Komma-mitteltönige Stimmung, bei denen die 11 Quinten um den entsprechenden Bruchteil des syntonischen Kommas verkleinert werden.
Spricht man von mitteltöniger Stimmung im engeren Sinne, so ist meistens die 1/4-Komma-mitteltönige Stimmung gemeint. Nur bei Ihr sind die benutzbaren großen Terzen exakt rein. Das Frequenzverhältnis Frequenzverhältnis eines Ganztones ist exakt das geometrische Mittel zwischen dem natürlichen "großen" (9/8) und "kleinen" Ganzton (10/9). Daher rührt der Name mitteltönig. Erstmals wurde diese Stimmung 1523 beschrieben und war bis Ende des 17. Jahrhunderts das vorherrschende Tonsystem. Historisch ist sie als Beginn der Entwicklung zur gleichstufigen Stimmung aufzufassen. (Die historischen Angaben stammen von http://www.fres.ch/bd/content/music/bach.html.)
Syntonisches Komma: 81/80
Frequenztabelle der 1/4-Komma-mitteltönigen Stimmung
Grundton C, Quintenzirkel bei Es
1/4 Syntonisches Komma:
"mitteltönige Quint":
'Ton-Bezeichnung | Frequenzverh. zum Grundton |
Es | |
B | |
F | |
C | 1 |
G | |
D | |
A | |
E | |
H | |
Fis | |
Cis | |
Gis |
Somit erhalten wir folgende Intervalle:
große Terzen: Es-G, B-D, F-A, C-E, G-H, D-Fis, A-Cis, E-Gis
"mitteltönige Quinten": Es-B, B-F, F-C, C-G, G-D, D-A, A-E, E-H, H-Fis, Fis-Cis, Cis-Gis
zu große Wolfsquinte: Gis-Es mit dem Frequenzverhältnis (737.6 Cent)
zu große Terzen (verminderte Quarten: 25/16): H-Es, Fis-B, Cis-F, Gis-C
Bei der mitteltönigen Stimmung stehen nicht alle erhöhten bzw. erniedrigten Töne zur Verfügung. Im obigen Beispiel nur Es, B, Fis, Cis und Gis, nicht aber deren enharmonische Wechseltöne Dis, Ais, Ges, Des und As. Dasselbe gilt natürlich auch für die enharmonischen Wechseltöne der übrigen Töne; z.B. stehen auch fes und eis nicht zur Verfügung.
In dieser Einschränkung kommt zum Ausdruck, dass drei übereinandergelegte reine große Terzen nicht exakt eine Oktave geben. Der höchste Ton einer solchen Terzenkette ist um eine kleine Diesis tiefer als die reine Oktave des Ausgangstones. Auch bei den Varianten der mitteltönigen Stimmung, bei der die benutzbaren großen Terzen nur annähernd rein sind bleibt ein Unterschied zwischen den enharmonischen Wechseltönen bestehen.
Man kann daher nur in Tonarten spielen, in denen die fehlenden Töne nicht benötigt werden.